Diskretion

Die Alternative zum Hinterzimmer

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Berlin -

Gerade bei vermeintlich peinlichen Erkrankungen wünschen sich Patienten in der Apotheke größtmögliche Vertraulichkeit. Doch vor allem in Apotheken mit kleiner Offizin ist nur ein kleiner, mancherorts sogar gar kein separater Beratungsraum möglich. Bei der Diskretion stoßen einige Inhaber also ziemlich schnell an ihre Grenzen. Eine Lösung bietet der Innenarchitekt Michael Höferlin. Sein „Beratungszylinder“, verspricht er, fügt sich optimal in bestehende räumliche Gegebenheiten ein.

„Viele Anliegen von Apothekenkunden, sei es denn Beratung zur 'Pille danach' oder Kompressionsstrümpfen, Blutzucker- oder Blutdruckmessung, brauchen eine hohe Diskretion“, sagt Stefanie Scheibe-Mimus, Inhaberin der Fortuna-Apotheke in Görlitz. „Aber auch beim Kauf von bestimmten Medikamenten ist die Hemmschwelle bei einigen Patienten groß.“

Doch vor allem kleine Apotheken haben oft nicht genug Platz, um ein separates Beratungszimmer einzurichten. Sie behelfen sich daher mit einem abseitigen, sichtgeschützten Eckchen in der Offizin. Doch absolute Diskretion kann hier kaum geboten werden. Wünscht ein Kunde ein Gespräch unter vier Augen, heißt es in vielen Apotheken auch oftmals: „Kommen Sie doch bitte mal mit nach hinten!“ Aber auch das ist keine ideale Lösung für Patienten.

Das kam auch für Scheibe-Mimus nicht in Frage. Als sie ihre Apotheke vor einigen Jahren gekauft hat, stand ein kompletter Umbau an. Für einen großen und hellen Beratungsraum sei allerdings kein Platz gewesen. „Ich wollte aber auch nicht mit Patienten in eine 'Abstellkammer' gehen“, erinnert sie sich. Auf der Suche nach einer Lösung wurde die Apothekerin auf einer Messe fündig. Innenarchitekt Michael Höferlin hat dort seinen Beratungszylinder dem Fachpublikum präsentiert.

Im offenen Zustand ist der Beratungszylinder ein normaler Handverkaufsplatz, der keinen Platz wegnimmt. Schließt man die mattierten Plexiglas-Schiebetüren, steht einem Gespräch unter vier Augen nichts mehr im Weg. Eine Schalldämmung sorgt dafür, dass andere Kunden nicht hören, was gesprochen wird, erklärt der Innenarchitekt, der seit Jahren Apotheker beim Neu- oder Umbau unterstützt. Die Idee zum Beratungszylinder sei im Rahmen des ABDA-Wettbewerbs „Beratung braucht Diskretion“ entwickelt worden und hat prompt den ersten Platz belegt.

Es gibt den Beratungszylinder laut Höferlin in unterschiedlichen Ausführungen. Grundsätzlich werde er mit einem Durchmesser von 2,5 oder 2,8 Metern angeboten. Doch die Innenausstattung könne an die individuellen Bedürfnisse des Apothekers angepasst werden. Einfacher oder höhenverstellbarer HV-Tisch beziehungsweise Beratungstisch, LED-Beleuchtung wahlweise mit Farbwechsel, individuelle Gestaltung der Plexiglastüren beispielsweise mit Apothekenlogo oder Regale für die Sichtwahl: Es stehen eine Menge Optionen zur Auswahl. Der Preis liegt laut Höferlin je nach Ausstattung zwischen 10.000 und deutlich über 15.000 Euro plus Mehrwertsteuer.

„Es ist keine billige Lösung, aber eine sehr gute“, sagt Scheibe-Mimus. Für sie habe sich die Anschaffung des Beratungszylinders gelohnt. „Unsere Patienten kennen das inzwischen sehr gut und fühlen sich in der Beratungskabine ausgesprochen wohl“, so die Apothekerin. Viele würden sie schon gezielt ansteuern, wenn sie in die Apotheke kommen.

Seit der Markteinführung vor rund zehn Jahren haben sich nach Angaben von Höferlin etwa 40 Apotheken für einen Beratungszylinder entschieden. „Es ist überschaubar“, gibt er zu. Das liege einerseits daran, dass sein Unternehmen kaum Werbung dafür macht, sondern im Kundengespräch im Bedarfsfall anbietet.

Andererseits spiele auch der durchaus stolze Preis für den Beratungszylinder eine Rolle. „Es rentiert sich im Prinzip nur für Apotheker, die intensiv beraten wollen, aber nicht für diejenigen, die ihr Geschäft vor allem mit schneller Laufkundschaft machen“, sagt er. „Wenn überhaupt wird dort mal eben schnell in der Offizin beraten.“

Beratungsstarken Apothekern empfiehlt der Innenarchitekt jedoch, den Zylinder bewusst als Marketinginstrument einzusetzen. Er soll als sichtbare Möglichkeit zum vertraulichen Gespräch nicht nur der außergewöhnliche Blickfang in der Offizin sein, sondern Kunden anlocken und binden.

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