Umbau auf Föhr

„Die Kollegen heulen alle herum“

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Berlin -

Von Düsseldorf nach Wyk auf Föhr – die Apothekerin Rebekka Lehmann hat diesen Schritt nie bereut. Nach zehn Jahren in der Hafen-Apotheke steht nun eine große Renovierung an. Mit maritimem Ambiente und perfekter Beratung will Lehmann ihr Unternehmen fit für die Zukunft machen und sich gegen die Konkurrenz vor Ort und im Internet wappnen.

Beratung ist wichtig. Das sagen alle. Richtig gut ist man darin vermutlich dann, wenn die Sommergäste im Jahr darauf in der Offizin erscheinen und sich überschwänglich für die Ratschläge vom Vorjahr bedanken. Rund 500.000 Übernachtungen zählt die Nordseeinsel Föhr im Jahr, Tourismus ist im Nordseeheilbad Wyk und dem Rest der Insel die Haupteinnahmequelle.

„Mein Mann und ich wollten unbedingt auf die Insel, wir haben die Apotheke 2007 gekauft“, erzählt die 40-Jährige. Ihr Mann ist Kaufmann und hat die wirtschaftlichen Aspekte der Hafen-Apotheke mit im Blick. Und die Umbaukosten, die bei rund 500.000 Euro liegen. Ein Wagnis, das die Apothekerin gut geplant beschlossen hat.

Die alte Apotheke, eine von dreien auf der Insel, war verwinkelt, zu klein und in die Jahre gekommen. Im Januar zog sie um zehn Meter im selben Haus um und die Umbauarbeiten begannen. Das Haus wurde im Jahr 1896 erbaut und wurde in den vergangenen drei Monaten grundsaniert, mit neuen Wänden, neuer Dämmung und Einbau einer Klimaanlage in den Apothekenräumen. Am Wochenende soll nun die Übergangs-Offizin aufgelöst und ab nächster Woche die neue Apotheke mit neuem Kommissionierer in Betrieb genommen werden.

„Wir wollen eine einmalige Apotheke haben“, sagt Rebekka Lehmann und beauftragte jenen Ladenbauer, der die Offizin vor 25 Jahren eingerichtet hatte. Sein Auftrag lautet: „Wir liegen direkt im Hafen, wollen das Meer-Gefühl in die Apotheke holen“, erklärt Lehmann. „Die Kunden sollen Ruhe, Weite, Strand und Kompetenz spüren.“ Die Offizin

Eine riesige beleuchtete Wand mit einem 7,5 mal zwei Meter großen Strandmotiv ist das Herz der Offizin. Davor Glasregale im maritimen Stil, statt Seitenwänden halten Stricke die Einlegeböden. Es gibt Bullaugen, einen imposanten Fototapeten-Steg, der zur Toilette führt und einen Offizin-Boden, an dessen Details liebevoll getüftelt wurde. Nun symbolisieren schmale Holzplatten Holzstege, sie wurden neben dem „Sandboden“ (heller Teppich) verlegt. Darunter wurde eine Fußbodenheizung installiert.

Statt bisher 120 wird die neue Hafen-Apotheke rund 150 Quadratmeter haben, ein benachbartes kleines Ladengeschäft wurde übernommen. „Wir haben jetzt ein größeres Lager und auch Platz für einen kleinen Beratungsraum mit einer großen Liege, in dem zum Beispiel Kompressionsstrümpfe angepasst werden können. Außerdem haben wir statt vorher nur zwei Bedienkassen jetzt vier und alles ist behindertengerecht gestaltet.“ Eltern werden sich über den Service der Wickeltischecke freuen.

Als der neue Kommissionierer eintraf, hat ein Team aus fünf Mitarbeiten innerhalb von drei Stunden 650 Glasböden geputzt. „Dabei haben wir 43 Swiffertücher verbraucht“, sagt die Apothekerin. Wenn alles fertig ist, sollen Kinder von der Straße aus durch ein Bullaugen-Fenster den Prozessen im Inneren des Kommissionierers zusehen können.

„Die Kollegen heulen alle herum“, sagt Lehmann. Den traurigen Gesängen wollte sie sich nicht anschließen, auch ein Job in der sicheren Pharmazie kam für sie nie in Frage. „Ich wollte immer eine eigene Apotheke haben.“ Angesichts der vielerorts kritischen wirtschaftlichen Lage wollte sie jedoch „nicht den Kopf in den Sand stecken.“

Obwohl viel davon auf der Nordseeinsel fast vor der Haustür liegt. „Service, Qualität und gute Beratung“ hat sie als Erfolgsphilosophie festgelegt. Und konsequente Weiterbildung, denn eine Inselapotheke stellt andere Herausforderungen an das Personal als eine in Innenstadtlage. „Hier muss man noch mal besser beraten, denn die Urlauber gehen nicht gern zum Arzt, sie kommen zuerst in die Apotheke“, hat sie in den vergangenen zehn Jahren gelernt. Und da der Tourismus auf Föhr in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen hat, sieht sie auch hier ein Stück Zukunft. 20.000 Tagestouristen im Sommer sind eine erfreuliche wirtschaftliche Aussicht.

Zu Ostern geht die Saison los, im Sommer dann geht‘s rund. Wobei pünktlich um 18 Uhr geschlossen wird, damit die elf Mitarbeiter ihre wohlverdiente Freizeit genießen können. Eingeweihte wissen natürlich, dass die Apothekerfamilie über der Apotheke wohnt. Wer also in Not ist, läutet an und ist willkommen. Das gehört zum beruflichen Grundverständnis von Rebekka Lehmann, die 122 Notdienste im Jahr absolviert und sich freut, das quasi von „zu Hause“ aus machen zu können. Ein Lächeln auf den Lippen zu haben, ist ein weiterer wichtiger Aspekt der Unternehmensphilosophie. „Auch wenn die Kunden mal anstrengend sind“, sagt sie.

In den Wintermonaten kann man sich dann als Insulaner wieder erholen. „Dann sind wir unter uns, man kann man die Hafen-Apotheke mit einer Landapotheke vergleichen.“ Genau das war es, das sie gesucht hat. „Mir gefällt der Gedanke, dass man eine Familie durchs Leben begleitet. Als ich vor zehn Jahren auf die Insel kam, lernte ich Babys und Kleinkinder kennen, die größer wurden, es ist schön, da dabei zu sein.“ Manchmal nicht so angenehm ist der Umstand, dass eine Apothekerin auf einer Insel „immer unter Beobachtung“ sei. „Wenn man zum Beispiel keinen Sekt trinkt, steht sofort die Frage im Raum, ob man schwanger sei“, erzählt sie lächelnd. „Alles wird registriert, als Apothekerin muss man sich besonders gut benehmen.“

Arbeiten, wo andere Urlaub machen, dem Traumberuf nachgehen, eine Familie gründen – Rebekka Lehmann hat sich ihre Lebensträume erfüllt. „Auf der Insel kann man Beruf und Familie sehr gut verbinden“, sagt sie. Die Wege sind kurz und nachmittags reicht es meistens aus, wenn eine Kollegin losfährt, weil die meisten der Mitarbeiter-Kinder im selben Kindergarten spielen.

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