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Pharmazierat kontrolliert Beratung

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Berlin -

Als würden Pharmazieräte nicht schon genug Punkte auf ihrer Checkliste haben – seit 2014 nehmen sie auch die Beratung in der Apotheke unter die Lupe. Aus Sicht von Christian Bauer, dem Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft der Pharmazieräte Deutschlands (APD), läuft das gut: Zwar würden die meisten Apotheken versuchen, vernünftig zu beraten – manchen könne man aber noch Tipps geben.

Bei ihrer Jahrestagung 2014 hatten sich die Pharmazieräte unter anderem mit der in der Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) vorgeschriebenen Beratungspflicht beschäftigt. „Eine strukturierte Beratung aller Kunden und Patienten rund um das Arzneimittel und um Gesundheitsfragen ist eine unverzichtbare Aufgabe im Rahmen des Versorgungsauftrags“, hieß es in der verabschiedeten Resolution.

Dazu zählen die Pharmazieräte die Feststellung des Beratungsbedarfes „bei jeder Abgabe von Arzneimitteln“. Die Apotheker müssen bei Bedarf über die patientengerechte Dosierung, Einnahme- und Anwendungshinweise, Neben- und Wechselwirkungen sowie therapiefördernde Maßnahmen informieren. Die Pharmazieräte beschlossen, „im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung der Arzneimittelversorgung“, den Bereich Beratung „verstärkt“ überwachen zu wollen.

Wie das in der Praxis aussieht, entscheidet jeder Pharmazierat selbst. „Ich schaue zum Beispiel, inwieweit die Interaktionschecks in der Software genutzt werden“, sagt Bauer. „Ist die Funktion überhaupt eingeschaltet – oder ausgeschaltet, damit die Abgabe schneller geht.“ In diesem Fall würde er den Mangel erfassen und dem Apotheker die Auflage geben, die Interaktionschecks einzuschalten.

Im Wesentlichen geht es Bauer zufolge darum, Augen und Ohren offen zu halten: „Wenn wir in eine Apotheke kommen und in der Offizin auf den Leiter warten, dann hören wir zu.“ Dabei bekomme man schon einen Eindruck von der Beratung. Und: „'Soll ich es Ihnen einpacken?' sollte nicht die einzige Frage im Beratungsgespräch sein“, so Bauer.

Was er abfragt, ergibt sich manchmal ganz spontan, etwa aus dem Alltag und Situationen, die er in seiner Löwen-Apotheke in Burglengenfeld erlebt. „Sind die Mitarbeiter in der Lage, die Dosierung eines Antibiotikasaftes zu berechnen? Oder wissen sie, wie sie vorgehen müssen, um etwas über die Teilbarkeit einer Tablette sagen zu können? Können sie erklären, wie ein Dosieraerosol oder ein Insulinpen verwendet werden muss?“

Dabei gehe es nicht darum, Fachwissen abzufragen, betont er. „Das ist kein viertes Staatsexamen. Es geht darum, ein Problem lösen zu können – zum Wohle des Patienten.“ Bei seinen Kollegen komme das Nachfragen gut an. „Man hat die Möglichkeit, ihnen Tipps zu geben – sie auf ein besseres Computerprogramm hinweisen oder ihnen empfehlen, sich Demo-Geräte für die Erklärung der Handhabung anzuschaffen.“

Werden bei der Beratung Mängel festgestellt, werden diese im Berichtsbogen aufgeführt und der Apotheker bekommt die Auflage, sie zu beheben – genauso wie bei anderen Punkten der Begehung. Schließlich sei die Pflicht, Patienten über Arzneimittel zu informieren und zu beraten eine Vorgabe der ApBetrO, so Bauer – genau wie die vorgeschriebene Lagertemperatur, der betriebsbereite Abzug oder die Quarantäne für nicht verkehrsfähige Präparate.

Aus Sicht von Bauer sollten die Apotheker ein eigenes Interesse an einer guten Beratung haben. Denn nur der Apotheker, der den Kunden vor sich sehe, könne auch non-verbale Signale deuten. „Die Beratung ist das Kerngeschäft der Apotheken. Sonst könnte man auch einen Automaten hinstellen, der die Arzneimittel ausgibt.“

Bei der APD-Tagung im vergangenen Herbst ging es um die Heimversorgung, die Lagertemperatur und die Dokumentation bei der Zubereitung von Arzneimitteln, die erleichtert werden soll. In Sachen Lagertemperatur haben sich die Pharmazieräte für eine „praxisnahe und pragmatische Interpretation“ ausgesprochen.

Bauer sieht die Zukunft des Apothekers im akademischen Heilberuf. Dass die Apothekerschaft trotz vieler Angebote nur wenig Gehör bei der Politik findet, liegt seiner Meinung nach an der gespaltenen Außenwirkung des Berufsstandes: „Heilberuf oder Shop“. Eine Aufgabe der Pharmazieräte ist es Bauer zufolge daher, die Apotheken zu ermutigen, den heilberuflichen Weg weiter zu gehen. Die Apotheke solle wieder als Apotheke wahrgenommen werden.

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