Ausschreibung

Barmer: 0-Euro-Gebot für Inko-Versorgung

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Berlin -

Die Barmer GEK hat im Januar ihre Ausschreibung über aufsaugende Inkontinenzhilfen aufgehoben, weil die Gebote der Hersteller zu niedrig waren. Wie wenig die Unternehmen geboten hatte, wollte die Kasse nicht sagen, bloß auf „deutlich unter 10 Euro“ ließ sie sich festlegen. Tatsächlich soll ein Unternehmen der Kasse die Versorgung für 0 Euro angeboten haben, heißt es aus Insiderkreisen.

Die Pauschalen, die Krankenkassen für die Versorgung von Inkontinenzpatienten zahlen, sinken stetig. Die Techniker Krankenkasse (TK) und die Knappschaft wollen derzeit nur noch rund 15 Euro netto im Monat ausgeben. Die Barmer hat Verträge mit Herstellern geschlossen, zuletzt erhielten sechs Unternehmen einen Zuschlag: Unizell Medicare, Attends, Medi-Markt Homecare, Medi-Center, MediClean, Mohage Mommsen und Seresco.

Die Ausschreibung für die Nachfolgeverträge veröffentlichte die Barmer Ende Juli. Das Auftragsvolumen belief sich auf 77 Millionen Euro. Bei der Sichtung der eingegangenen Angebote zeigten sich einem Kassensprecher zufolge „auffällig niedrige Monatspauschalen“.

Ein Unternehmen hatte dem Vernehmen nach beschlossen, der Krankenkasse die Versorgung sogar zu schenken. Da Pauschalen um die zwölf Euro ohnehin nicht kostendeckend seien, könnte man auf diese Weise zumindest die Prozesskosten sparen – etwa das Ausstellen von Rechnungen für die Versicherten und die Kasse, erklärt ein Insider. Das sei wirtschaftlicher als eine Mini-Pauschale. Hätte die Kasse das Angebot nicht akzeptiert, hätte das Unternehmen klagen können.

Bei der Barmer will man die Gebote und deren Höhe nicht weiter kommentieren: „Dabei handelt es sich um Unternehmensinterna, die wir aus wettbewerblichen Gründen nicht in der Öffentlichkeit darlegen können und wollen.“ Fakt ist: Im Januar wurde die Ausschreibung beendet.

„Eine aufzahlungsfreie und qualitativ hochwertige Versorgung unserer Versicherten mit Inkontinenzprodukten erscheint unter diesen Angebotspreisen von deutlich unter 10 Euro Monatspauschale nicht möglich“, erklärte die Barmer damals. Man ging davon aus, dass die Hersteller die niedrigen Preise nur anbieten konnten, weil sie bereits Einnahmen aus dem Verkauf von aufzahlungspflichtigen Produkten in die Kalkulation eingepreist hatten. „Aufzahlungen sind jedoch nur dann zulässig, wenn der Versicherte eine andere als die medizinisch zweckmäßige, ausreichende und wirtschaftliche Versorgung freiwillig wählt.“

Daher setzt die Kasse nun auf sogenannte Bekanntmachungsverträge. Anbieter konnten im Januar ihr Verhandlungsinteresse bekunden und einen Vertrag mit der Barmer abschließen. Diesem Vertrag können nun bundesweit Leistungserbringer beitreten, zu gleichen Konditionen. Bisher sind dem Vertrag 20 Unternehmen beigetreten, darunter die sechs bisherigen Vertragspartner, aber auch Hersteller wie Paul Hartmann.

Apotheken sind bislang nicht dabei. Aber: „Apotheken können durchaus an der Versorgung unserer Versicherten mit aufsaugenden Inkontinenzhilfen teilnehmen“, so ein Barmer-Sprecher. Das offizielle Verfahren dazu soll in wenigen Tagen beginnen. Interessierte Apotheken können sich aber schon jetzt bei der Barmer anmelden. „Die monatliche Vergütung ist bei allen Vertragspartnern einheitlich und wird den interessierten Apotheken im Rahmen des Beitrittsverfahrens mitgeteilt“, so der Sprecher.

Ob sich viele Apotheken melden werden, ist allerdings fraglich. Bei einer Umfrage von APOTHEKE ADHOC gaben 45 Prozent der Teilnehmer an, aufgrund der sinkenden Pauschalen schon lange keine Inkontinenzversorgung mehr anzubieten. Für weitere 18 Prozent ist mit den neuen Verträgen von Knappschaft und TK das Ende der Fahnenstange erreicht: Die Versorgung sei „nicht mehr finanzierbar“, meinen sie und kündigten an, jetzt auszusteigen.

35 Prozent versorgen noch Inkontinenzpatienten und halten sich dabei an die Vorgaben der Kassen. Das bedeutet allerdings, dass die Patienten oft drauf zahlen müssen. Nur 2 Prozent sind der Meinung, dass eine Versorgung zur Kassenpauschale mit guten Einkaufspreisen noch machbar ist. An der Umfrage nahmen vom 8. bis 10. April 2016 insgesamt 226 Leserinnen und Leser von APOTHEKE ADHOC teil.

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