Erst bei der Beförderung flog sie auf

„Apothekerin“ arbeitet jahrelang mit gefälschtem Abschluss APOTHEKE ADHOC, 03.02.2020 10:17 Uhr

In der Schweiz ist eine vermeintliche Apothekerin aufgeflogen, nachdem sie jahrelang ohne Abschluss gearbeitet hat. Foto: Topwell-Apotheke Silberturm
Berlin - 

Für die Approbation hat es bei ihr nicht gereicht, wohl aber zur stellvertretenden Filialleitung: In der Schweiz ist eine vermeintliche Apothekerin aufgeflogen, nachdem sie jahrelang ohne Abschluss gearbeitet hat. Ihr Zeugnis hatte sie aus Angst vor ihrem Vater gefälscht. Erst eine geplante Beförderung wurde ihr zum Verhängnis.

Die fachliche Expertise ist nicht alles, aber ohne sie ist alles nichts. Das hat eine Urkundenfälscherin aus der Schweiz nun am eigenen Leib erfahren. Mehr als sieben Jahre hatte Monika M. da bereits in der Topwell-Apotheke St. Finden im St. Galler Einkaufszentrum Silberturm gearbeitet. Bei ihren Kollegen habe sie als tüchtig und pfiffig gegolten, schreibt die Schweizer Tageszeitung Blick, die über den Fall berichtet.

Nicht zuletzt deshalb soll über all die Jahre nicht aufgefallen sein, dass sie ein Geheimnis hat: Ihren Abschluss hatte sie nämlich am Computer selbst erstellt. Es ist nicht so, dass sie nicht studiert hätte: An der Universität Basel hat sie den kompletten Studiengang hinter sich gebracht – aber die Abschlussprüfungen nicht geschafft. Der Grund, das nicht zu akzeptieren, sondern sich illegal zu betätigen, seien vor allem ihre Eltern gewesen: „Ich habe es einfach nicht übers Herz gebracht, meinen Eltern mitzuteilen, dass ich das Studium nicht bestanden habe“, zitiert Blick die 34-Jährige. Ihr 68-jähriger Vater wisse bis heute nichts von der Geschichte.

Kurz nach dem angeblichen Studienabschluss hatte sich dann die Gelegenheit geboten, in der Topwell-Apotheke in St. Gallen zu arbeiten – und Monika M. ergriff sie, nach eigenen Angaben aus Überzeugung: „Der Job als Apothekerin hat mir viel bedeutet. Ich habe immer nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet“, versichert sie. Auch ihre Mutter verteidigt trotz der Lebenslüge gegenüber der Presse: „Sie hatte keinen Abschluss, aber war trotzdem eine Topmitarbeiterin. Man wollte sie sogar befördern“, so die 68-Jährige.

Genau jene Beförderung war es aber, die ihr schließlich zum Verhängnis wurde. Tatsächlich scheint sie sich beruflich gut geschlagen zu haben: Im Sommer wollte der Geschäftsführer der Topwell-Filiale Monika M. zur seiner Stellvertreterin befördern. Dazu muss in der Schweiz bei der Aufsichtsbehörde ein Gesuch für eine sogenannte Stellvertreterbewilligung eingereicht werden, die der Amtsapotheker dann prüft. Dabei fiel auf, dass ihr Name nicht im Medizinalberuferegister eingetragen war. Monika M. war aufgeflogen. Der Geschäftsführer der Apotheke bestätigt den Fall auf Nachfrage, darf sich aber nicht weiter dazu äußern. Medbase, Muttergesellschaft von Topwell und seit einem Jahr zur Supermarktkette Migros gehörend, bestätigt den Fall auf Anfrage ebenfalls – verteidigt sich jedoch, dass es „keinerlei Anzeichen“ gegeben habe, dass ihre Dokumente gefälscht waren.

Nachdem sie aufflog, war sie ihre Stelle innerhalb weniger Tage los – fristlose Kündigung. Ob es beispielsweise durch falsche Beratung Opfer gibt, wisse man nicht, so Medbase: „Bis zum heutigen Zeitpunkt liegt keine Beschuldigung vor.“ Dennoch beteuert die Kette, Konsequenzen aus der Blamage zu ziehen: „Zum einen wurde nach Bekanntwerden des Betrugs innerhalb weniger Tage mit der fristlosen Kündigung reagiert. Zum anderen werden die bestehenden Prozesse laufend auf mögliche Optimierungen überprüft und angepasst, inklusive Schulung und Sensibilisierung aller beteiligten Mitarbeitenden.“

Rund ein halbes Jahr nach ihrer Entlassung hat Monika M. nun ihre Strafe erhalten: Auf einen Strafbefehl der St.Galler Staatsanwaltschaft hin wurde sie wegen Betruges sowie wegen Verstoßes gegen das Gesundheitsgesetz zu einer sogenannten bedingten Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 120 Franken (112 Euro) sowie einer Busse von 1200 Franken (1123 Euro) verurteilt. Die bedingte Geldstrafe in der Schweiz entspricht in etwas einer Strafaussetzung zur Bewährung hierzulande. Das Kapitel Apotheke ist für sie damit aber längst nicht abgeschlossen. Sie kläre zurzeit ab, ob es die Möglichkeit gibt, den Abschluss doch noch irgendwie nachzuholen, und zeigt sich optimistisch: „Es geht hier schließlich auch um meine Existenz.“