Apotheker mit Existenzsorgen

„Ich halte nicht mehr durch“

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Berlin -

Die Zahl der Apotheken ist seit Jahren rückläufig, in diesem Jahr wurde die magische Grenze von 20.000 Apotheken unterschritten. Den verbleibenden Kollegen geht es nicht unbedingt schlecht, zahlreiche Apotheken florieren. Doch die Stimmung ist mies, wie eine Umfrage von APOSCOPE belegt.

Die Angst, in der eigenen Apotheke irgendwann endgültig das Licht ausmachen zu müssen, treibt fast jeden zweiten Inhaber um: 49 Prozent würden der Aussage vollkommen oder überwiegend zustimmen: „Ich mache mir Sorgen, keinen Nachfolger für meine Apotheken zu finden.“ Weitere 21 Prozent kennen das Gefühl zumindest. Nur jeder Vierte würde dieser Aussage nicht zustimmen, 5 Prozent sind sich nicht sicher.

Doch die Übergabe ist erst der zweite Schritt, wenn man bis zum Rentenalter seinen Betrieb führen möchte oder muss. Mehr als jeder dritte Apotheker hat regelrecht Existenzängste: 36 Prozent machen sich Sorgen, dass sie wirtschaftlich nicht bis zur Rente durchhalten werden. Weitere 27 Prozent sind sich in dieser Frage unsicher. Dagegen stimmten insgesamt nur 36 Prozent dieser Aussage nicht oder überhaupt nicht zu.

Offenbar empfinden viele Apotheker ihre aktuelle Lage als belastend – ob das nun wirtschaftliche Gründe hat oder mit der häufig monierten steigenden Bürokratie im Berufsalltag. Immerhin 31 Prozent sind sich heute nicht sicher, ob sie den psychischen Druck noch bis zur Rente aushalten. 39 Prozent stimmen dieser Aussage nicht zu, 29 Prozent teilweise.

Früher waren Apotheken typische Familienbetriebe, die von einer Generation an die andere weitergegeben werden. Heute gibt es Vorbehalte: Jeder zweite Teilnehmer würde den eigenen Betrieb nicht guten Gewissens an die eigenen Kinder übergeben. Weitere 20 Prozent haben zumindest Zweifel. Vorbehaltlos die Schlüssel weitergeben würden nur 10 Prozent, weitere 15 Prozent sind zumindest eher positiv gestimmt.

Doch zu welchem Studium sollte man der nächsten Generation dann raten? Die Apotheker – Inhaber und Angestellte – haben einen klaren Favoriten: 31,8 Prozent würden Technik- und Ingenieurwissenschaften empfehlen. Zu einem Pharmaziestudium würden dagegen nur 7,2 Prozent dem Nachwuchs raten. Das reicht nur für den vierten Platz im Ranking.

Deutlich davor liegen die Kollegen in weiß: 17,8 Prozent der befragten Apotheker würden Abiturienten raten, Medizin zu studieren. Aus Sicht der Pharmazeuten hat man es als Arzt offenbar besser. Zwischen den beiden Berufsgruppen liegt als Tipp für ein Studium noch Informatik (13,6 Prozent).

Auf den Plätzen hinter Pharmazie folgen andere Naturwissenschaften (6,4 Prozent), Jura und Lehramt (je 5,5 Prozent) sowie Betriebs- oder Volkswirtschaftslehre (5,1 Prozent). Bevor der Nachwuchs allerdings Geisteswissenschaften studiert (0,4 Prozent), soll er lieber gar nicht an die Universität (1,7 Prozent), finden die Apotheker.

Woher diese Skepsis gegenüber der eigenen Ausbildung kommt, liegt auf der Hand: Die Mehrheit der Befragten glaubt nicht an eine rosige Zukunft: 75,7 Prozent erwarten, dass sich die wirtschaftliche Lage der Apotheken in Deutschland insgesamt verschlechtern wird. Unter den Inhabern sind es sogar 79 Prozent. An eine Verbesserung der Lage glauben dagegen nur 3,9 Prozent, 19,1 Prozent erwarten, dass die Situation in etwa gleich bleiben wird. Die PTA unter den Befragten sind insgesamt etwas positiver.

Doch wie sieht es mit der eigenen Apotheke aus? Normalerweise schätzen die Inhaber die Aussichten für ihr Unternehmen positiver ein als für die gesamte Branche. Dieser Trend ist zwar auch in der APOSCOPE-Umfrage erkennbar, die Tendenz bleibt aber negativ: 39 Prozent der Inhaber glauben, dass sich die wirtschaftliche Lage ihrer Apotheke verschlechtern wird, nur 11 Prozent gehen von einer Verbesserung aus. Immerhin: 43 Prozent erwarten, dass ihre Lage in etwa gleich bleibt.

Die Chancen der eigenen Apotheke werden auch deshalb positiver eingeschätzt, weil sie aus Sicht der jeweiligen Inhaber schon heute einen Vorsprung haben. 49 Prozent sehen ihre Apotheke als besser oder sogar deutlich besser als den direkten Wettbewerb. 31 Prozent empfinden sich als gleich gut. Nur 17 Prozent sehen sich im Hintertreffen, davon 3 Prozent sogar deutlich.

In der Branche ist eine vorsichtige Zurückhaltung zu spüren. Ob Personal, Investitionen oder Expansion: Die Apotheker wollen 2018 kein großes Risiko eingehen. 69 Prozent der Inhaber erwarten, dass ihr Personalstand im kommenden Jahr konstant bleibt. 16 Prozent planen Einstellungen, allerdings auch 11 Prozent Entlassungen. Ein ähnliches Bild zeichnet sich bei den Investitionen ab. 39 Prozent wollen nur geringfügig investieren, ebenso viele sogar nur in Notfällen, wenn etwas ersetzt werden muss. In größerem Umfang Geld in die Hand nehmen wollen nur 8 Prozent der Inhaber, dagegen planen 6 Prozent gar keine Investitionen.

Während die Zahl der Apotheken seit Jahren insgesamt abnimmt, gibt es immer mehr Filialen. Doch auch in diesem Bereich könnte im kommenden Jahr vorsichtiger agiert werden: 81 Prozent der befragten Inhaber planen keine Veränderung bei ihren Apotheken. Doch immerhin 5 Prozent wollen ihre erste Filiale eröffnen, 1 weiteres Prozent eine zusätzliche Filiale. 3 Prozent wollen eine ihrer Filialen schließen, 2 Prozent ihre einzige Nebenstelle.

Trotzdem erwarten die meisten, dass die Zahl der Apotheken weiter abnimmt: 27,5 Prozent der Befragten glauben, dass es in fünf Jahren zwischen 18.000 und 19.000 Apotheken gibt. Weitere 22 Prozent vermuten sogar, dass es weniger als 18.000 sein werden. Noch pessimistischer – weniger als 17.000 Apotheken – sind 12 Prozent. Einige glauben sogar, dass es weniger als 16.000 (7,4 Prozent) beziehungsweise wenige als 15.000 (6,8 Prozent) sein werden. Dagegen vermuten nur 5,5 Prozent, dass die Zahl der Apotheken relativ konstant bleibt, 14,2 Prozent erwarten in fünf Jahren eine Zahl zwischen 19.000 und 20.000.

An der Umfrage nahmen am 7. und 8. September 2017 insgesamt 309 Panelisten von APOSCOPE teil, darunter 100 Inhaber, 31 Filialleiter, 105 angestellte Apotheker und 73 PTA.

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