Shitstorm wegen Maskenausgabe

Apotheker: „Corona-Leugner werfe ich raus“

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Berlin -

Seit mehr als 30 Jahren führt Markus Schilli die Schwarzwald-Apotheke im baden-württembergischen Gengenbach. Fast genauso lange engagiert er sich in der Kommunalpolitik. In der Coronakrise fordert er einen besonderen Zusammenhalt in der Gesellschaft. „Nur gemeinsam kriegen wir das hin“, sagt der 56-Jährige. Sein offener Ärger über „Corona-Leugner“ bescherte ihm zuletzt einen Shitstorm und viel Beifall.

Der Lockdown wegen Sars-Cov-2 trifft jeden auf unterschiedliche Weise: „Natürlich nervt das“, sagt Schilli. In seinem Team seien Mitarbeiter, deren Kinder momentan zu Hause sind, andere hätten Eltern im Pflegeheim, die nicht besucht werden können. Dazu sei die Apotheke voll, die kurzfristige Organisation der Maskenvergabe eine Herausforderung und gleichzeitig müssten alle den ganzen Tag mit Maske arbeiten. Die Anspannung im Team sei groß.

Schilli betont jedoch, dass es den Menschen hierzulande noch gut gehe. In anderen Ländern wie Indien und vielen afrikanischen Staaten, aber auch in Italien sehe die Situation ganz anders aus. Der Pharmazeut sitzt für die Grünen im Kreistag. „Ich habe eine große Klappe“, sagt Schilli. Mit Kritik an den Maßnahmen der Regierung hält er sich jedoch zurück. „Ich weiß, da läuft nicht alles optimal. Aber wann gab es denn schon einmal so eine Pandemie? Da gibt es kein ‚mal probieren‘. Die Regierung muss gerade schwere Entscheidungen treffen, da können Fehler vorkommen.“

Gerade deshalb ärgert er sich besonders über sogenannte Corona-Leugner. In seinem jüngsten Facebook-Post machte er dem Luft: Schilli informierte darin über den Ablauf der Maskenabgabe mit Berechtigungsschein und kündigte an, AfD-Wähler oder andere Pandemie-Leugner nicht unterstützen zu wollen. Dass diese Aussage einen so großen Wirbel hervorrufen könnte, hätte er nicht erwartet.

Die Reaktion auf die Veröffentlichung war immens: rund 1000 Kommentare, zahlreiche Anrufe und viele Kundengespräche vor Ort. Auch der Spiegel rief an und berichtete. Denn mit der Aussage, keine Masken an Corona-Leugner abgeben zu wollen, erntete Schilli im Netz einen regelrechten Shitstorm. Der Apotheker bezog sich bei seiner Aussage vor allem auf den AfD-Politiker Thomas Seitz, dessen Wahlkreis rund 20 Kilometer entfernt ist. Der Jurist trat beispielsweise mit löchriger Maske im Bundestag auf und bezeichnete Masken als Maulkorb.

Nach einer schweren Covid-19-Erkrankung und wochenlanger Behandlung auf Intensivstation habe Seitz in einer regionalen Zeitung Corona immer noch nicht als Pandemie bezeichnet, sagt der Apotheker. „Das hat mich sehr geärgert. Er ist knapp dem Tode entgangen und hat nichts verstanden.“

Mittlerweile hat er die Aussage, Masken nicht an alle abzugeben, gelöscht. Die Reaktion sei zu heftig gewesen, sagt er. „So eine Fahrt habe ich nicht erwartet.“ Aus ganz Deutschland hätten Menschen angerufen und seine Mitarbeiter beschimpft. Zu seiner Meinung steht er aber: „Ich würde Corona-Leugner aus der Apotheke werfen.“

Diese „Querdenker“ sollten in der aktuellen Situation einmal freiwillig in einem Pflegeheim mitarbeiten, um die Ausmaße der Krankheit beurteilen zu können. Das Personal in den Seniorenheimen sei überlastet. Die Lage kaum mehr zu stemmen.

Natürlich werde er jeden Kunden mit Rezept bedienen, alleine schon wegen des Kontrahierungszwangs, räumt er ein. „Niemand ist gezwungen, bei mir einzukaufen.“ In der Apotheke sei es bisher noch nicht zu Diskussionen gekommen. Im Gegenteil: Viele Kunden hätten seinen Facebook-Post begrüßt.

 

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