ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Apotheker freut sich über Hamsterkäufe

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Berlin -

Bei Ebay und Amazon werden in der Corona-Krise Desinfektionsmittel und Atemschutzmasken zu Wucherpreisen angeboten. Da wollte Apotheker Mark-Michael Flitzer nicht mitmachen: Die Kunden in der Not auspressen, das ist nicht sein Ding. Trotzdem nutzt er die Situation für sein Marketing: Weil die Leute jetzt verstärkt zu Hamsterkäufen neigen, verkauft er in seiner Apotheke: Hamster.

In Flitzers Elefanten-Apotheke steht auf dem HV-Tisch neuerdings ein kleiner Pappkarton, in dem eine wechselnde Zahl Goldhamster emsig umherwuselt. „Hamster zum Knuddeln und Liebhaben: 5€.“ Und die Kunden tätigen Hamsterkäufe. „Am ersten Tag habe ich drei verkauft, am zweiten ein Dutzend“, berichtet Flitzer. Gerade bei den Kunden mit Kindern hat sich schnell herumgesprochen, dass es in der Apotheke noch Hamster zu kaufen gibt.

Fast immer: Die traurigen Augen der kleinen Amelie musste Fitzer ertragen, als ihm die Hamster kurzfristig ausgegangen waren. Aber einen echten Lieferengpass hat der Apotheker nicht. Schon am Nachmittag konnte der vorübergehend defekte Hamster vom Botendienst vorsichtig ausgefahren werden. Amelie happy, Flitzer auch.

Seine Bezugsquelle verrät der Apotheker nicht, versichert aber, dass er den Bedarf decken kann. „Und notfalls könnten wir auch mit Zwergkaninchen oder Meerschweinchen substituieren, nach Rücksprache mit einem befreundeten Arzt auch mit Chinchillas oder Degus“, so der Apotheker. Etwas ärgerlich sei es aus Marketing-Sicht nur, dass er keine Elefanten anbieten könne.

Flitzer hatte erst Bedenken, ob es berufsrechtlich zulässig ist, selbst kleine Hamster zu verkaufen. Aber Cricetinae und andere Kleintiere können mit etwas Weitblick zu den apothekenüblichen Produktgruppen gezählt werden. „Diese süßen Knopfaugen erfüllen bei Menschen, die sich einsam fühlen, einen therapeutischen Zweck“, ist Flitzer überzeugt. Sollte die Nachfrage weiter so hoch bleiben, könnte der Apotheker auch in die Eigenproduktion gehen. „Hamster vermehren sich ziemlich rasch, ich müsste mit dem Pharmazierat nur klären, wo ich das machen darf“, sagt Flitzer. Aber vielleicht sind die Hamsterkäufe demnächst auch wieder vorbei…

Leider leider, liebe Tierfreunde, sind Hamster sind nicht apothekenüblich und ihr Verkauf in der Offizin in Wahrheit verboten. Zulässig, wenn auch nicht in Ordnung, ist es dagegen, mit der Angst der Menschen vor dem Coronavirus Geschäfte zu machen. Und die Online-Preise für (größtenteils völlig nutzlose) Atemschutzmasken liefern aktuell ganz gute Argumente für den Wert der Preisbindung bei Arzneimitteln.

Apotheker können etwas Abhilfe schaffen, zumindest bei Desinfektionsmitteln. Denn die können sie mit der Rezeptur der WHO ziemlich einfach selbst herstellen – solange der Hausgroßhändler noch Isoprop hat. Die Noweda feiert die Werkbank der Apotheker und pflegt ihre Versandhandelsobsession: Wer hilft vor Ort in der Krise? Die Versender jedenfalls nicht, so der unvermeidliche Subtext der Rezeptur-Botschaft.

Es ist nicht so leicht für Apotheker, in der Corona-Krise den Überblick zu behalten. Und es ist nicht so leicht, sich zwischen Panikmache und falscher Beschwichtigung einzusortieren. Pneumologe Dr. Kai-Michael Beeh liefert in unserem Podcast zumindest gute Erklärungen, mit denen man vielleicht auch Kunden gleichermaßen sensibilisieren und beruhigen kann. Und vielleicht auch das eigene Team. Denn laut einer aposcope-Umfrage wächst auch bei den Beschäftigten in der Offizin die Sorge, dass die Lage auch hierzulande noch ernster wird. Alles zum Thema Corona finden Sie auf unserer Übersichtsseite (Reiter oben in der Menüleiste). Zum Beispiel: Was verbirgt sich hinter Sars?

Zum Schluss deshalb hier nur noch die offiziellen O-Töne: Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sagte: „Wir befinden uns am Beginn einer Corona-Epidemie in Deutschland“, Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nannte als zentrale Aufgaben des Krisenstabs, an dem so gut wie alle Ministerien beteiligt sind, die Infektionskette in und nach Deutschland unter Kontrolle zu bringen. Und Professor Dr. Lothar H. Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts (RKI), erklärte: „Für uns geht jetzt vor allem darum, Zeit zu gewinnen. Damit steigt die Chance, dass eine Therapie zur Verfügung steht.“

Und ja, es gab auch noch andere Themen in dieser Woche. Zum Beispiel die aufschlussreichen Erklärungen eines Generalanwalts am Europäischen Gerichtshof (EuGH). In dem Fall geht es um ein Werbeverbot für Versandapotheken. Und der Generalanwalt empfiehlt, die Entscheidung an die nationalen Gerichte zurückzuverweisen. Schade, dass die Luxemburger Richter das im Streit um die Rx-Boni seinerzeit nicht auch gemacht haben.

Dass der Gesetzgeber auf diese EuGH-Entscheidung nicht mit einem Rx-Versandverbot reagiert hat, ist hinlänglich bekannt. Die Regierung hat rechtliche Bedenken. Zu Unrecht, findet Dr. Christiana Bauer. Die Juristin von der Universität Bielefeld hat zum Thema promoviert. „Die Nachweise, die 2016 erbracht wurden, waren schlicht nicht ausreichend“, sagt Bauer über die gescheiterte Verteidigung der Preisbindung für alle.

Wussten Sie eigentlich, dass Ihre Apotheke eine Todesfalle ist? „Hier lauern Gefahren, von denen Sie bisher nichts ahnten“, informierte der FID Verlag und kassierte für das dazugehörige Pamphlet eine sehr berechtigte Abmahnung. Dabei können Apotheken sogar Rezeptfälscher mit Knabberzeug auffliegen lassen. Abschiedsgruß in dieser Woche ohne Händeschütteln: Schönes Wochenende!

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