ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

Ab Juli: Apotheken-Sammelheft

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Berlin -

Der Zeitschriftenmarkt in der Apotheke ist in Bewegung. Im Sommer kommt ein weiteres Magazin in die Offizin: Das große Apothekensammelalbum, auch Aponini genannt, zielt auf die Tausch- und Sammelleidenschaft der ganz kleinen Kunden. Die Geschäftsidee dahinter ist ziemlich durchtrieben.

Ob Fußball-EM, Eisprinzessin oder Spiderman – Sammelalben gibt es zu jedem Thema. Zu fast jedem. Im Sommer wird eine sehr wichtige Marktlücke geschlossen. Dann kommt das Apotheken-Album und endlich können die Kleinen ihren Ahorn-Apotheken-Sticker gegen die viel gefragte Panda-Apotheke tauschen und einkleben.

Ja, die erklärte Zielgruppe sind Kinder, Heftmacher Jochen Einkleb erklärt, warum: „Kinder brauchen regelmäßig Fieberzäpfchen und Meersalz-Nasenspray, kommen also immer wieder in die Offizin. Außerdem sind sie die Kunden von morgen. Und: Jedes Kind hat Eltern und Großeltern – so holen wir mit einem Sticker drei Generationen in die Offizin.“ Jäger und Sammler gibt es sowieso in jeder Generation, sieht man ja an den Panini-Tauschbörsen.

Aber die Apotheken-Sticker gehen weit über das gewohnte Ecke oben links Ansetzen und blasenfrei Glattstreichen hinaus. Zieht man den Sticker von der Folie, erscheint darunter ein QR-Code. Ein Scan des Codes schaltet die Apotheke für die Plattform „Eure Apotheke“ frei, mit Vorbestellfunktion und Online-Verfügbarkeitsabfrage. Worin der Anreiz bestehen soll, dass die Kunden ihre Sticker scannen? „Es gibt keinen, ist auch nicht nötig. Gerade junge Leute scannen erstmal alles ab“, so Einkleb. Und wer das ganze Album voll hat, bekommt eine Einladung von der ABDA.

Das Geschäftsmodell erklärt Einkleb so: „Der Apotheker entscheidet: Je mehr Sticker seine Apotheke im Umlauf sind, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass viele Kunden sie auf der Plattform finden.“ Die Sticker können die Apotheken selbst in Umlauf bringen. Heilmittelwerberechtlich ist das Ganze selbst in Zusammenhang mit der Rezepteinlösung kein Problem: Die Sticker sind werberechtlich bereits Teil der Zeitschrift und fallen daher unter den Ausnahmetatbestand Umschau I. Also gleich zuschlagen: 500 Stück gibt es zum Einstiegspreis von 499 Euro.

Liebe Leser, Sie kennen das, ab Seite 2 wird es ernst: Es kommt tatsächlich eine neue Zeitschrift in die Offizin, aber seriöser – und hoffentlich sinnvoller – als ein Sammelbuch. Phoenix bringt mit der Funke Mediengruppe das Frauenmagazin „deine Apotheke“ heraus. Im Mai werden die ersten 500.000 Exemplare verteilt. Und das Beste: kostenlos. Und das Allerbeste: nicht nur für die Kunden, sondern auch für die Apotheken. Jedenfalls im ersten Jahr. Phoenix-Deutschlandchef Marcus Freitag erklärt im Podcast WIRKSTOFF.A, wie er mit der Zeitung die gleichnamige App befeuern will.

Die Noweda hat mit MyLife schon vor einem Jahr ein Magazin gelauncht, zusammen mit Burda. Das läuft soweit gut, die Auflage soll sogar erhöht werden. Ärger hat der Großhändler im Kerngeschäft – dem Transport von Arzneimitteln. Warum? Weil sich CDU-Politiker Michael Hennrich in die Lieferengpassdebatte eingeschaltet und den Grossisten gute Ratschläge gegeben hat, etwa zu den absurden Logistikkosten. Noweda-Chef Dr. Michael Kuck liefert die Retoure frei Haus: Die Arzneimittelpolitik der Regierung sei absurd.

Ein Beispiel dafür, dass tatsächlich nicht alle zum Besten steht im Markt, lieferte zuletzt Gehe, vielmehr: lieferte nicht. Nämlich Produkte von Bluefish. Weil der Hersteller den Kassen schon so viel von der Marge gibt, bleibt nichts mehr für die Großhändler. Gehe bestellt zwar weiter, aber eben zu den alten – rabattierten – Konditionen. Kein Rabatt, keine blauen Fische. Fortsetzung folgt, Bluefish wird demnächst Exklusivpartner.

Solche Probleme wird auch das E-Rezept nicht lösen können, auch wenn es Kassenvertreter gibt, die meinen, dass eine Online-Abfrage in Apotheken genügt, um Lieferengpässe abzuschalten. Vielleicht kosten die E-Rezept-Anwendungen sogar Geld: Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) drückt sich noch um eine klare Aussage. Und eine andere Umfrage hat ergeben, dass viele Patienten gar kein E-Rezept wollen.

Zumindest für das Wiederholungsrezept kann man sich einige Erleichterungen denken, die die Digitalisierung mit sich bringen wird. Eingeführt wird es im März aber zunächst auf dem Papier. Und es ist erschreckend viel nicht geklärt. Muss ja nicht gleich den Ruin für die Apotheke bedeuten, aber so richtig geplant wirkt die Einführung nicht.

Vom E-Rezept dagegen versprechen sich die Versender extrem viel. In Verbindung mit dem noch bestehenden Boni-Monopol ist die Vorfreude verständlich. Fast schon nebensächlich, dass vor dem EuGH jetzt noch einmal über Gewinnspiele von DocMorris verhandelt werden soll. Denn auf die Verlosung eines eBikes zum Kundenködern ist niemand angewiesen, der mit eBarrabatten locken kann. Trotzdem: Der Bundesgerichtshof (BGH) bringt die Frage der Preisbindung noch einmal nach Luxemburg und Sie wissen ja: Man weiß ja nie.

Wissen und glauben, beweisen und vermuten sind Gegensatzpaare, die eng mit der Debatte über Homöopathie verknüpft sind. Und für die Befürworter der Alternativmedizin ist es sicher wenig hilfreich, wenn ein Produkt mit „enthält 100 Prozent Zucker“ deklariert wird. Wenn Sie Lust auf einen schillernden Rechtsstreit haben: Bitteschön. Ansonsten: Schönes Wochenende!

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