ApoRetrO – der satirische Wochenrückblick

5€?! Kassenchef übernimmt Botendienst

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Berlin -

Gerade für ältere Patienten bieten viele Apotheken derzeit verstärkt Botendienst an. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will diese zusätzliche Leitung in der Corona-Krise anerkennen und den Service vergüten. Die Kassen protestieren reflexartig. „Für 5 Euro fahre ich das Zeug doch selbst rum“, poltert ein Kassenchef. Deal!

Gut gelaunt steigt Monty P. aus seinem Sport-Coupé und betritt die Markt-Apotheke. „Botendienst meldet sich zum Boten-Dienst“, kräht er in der Offizin. „Hallo“, sagt PTA Daniela hinter dem HV-Tisch stirnrunzelnd. „Und könnten Sie sich bitte kurz die Hände desinfizieren und Abstand halten?“ Der Kassenmanager springt einen halben Meter zurück auf das freie Kreuzchen auf dem Boden und spuckt sich einmal kräftig in die Hände und grinst breit.

„Hier sind die Schicker, wir haben die Tüten schon nach Route sortiert“, erklärt die PTA. „Wie nett!“, staunt der Kassenchef und stürmt aus der Apotheke. Anja wollte ihm noch nachrufen, dass er bei Frau Betten ans Fenster klopfen muss, weil die die Klingel nie hört, aber zu spät. Draußen röhrt schon der Sportwagen.

Das Navi führt ihn zuverlässig zur ersten Adresse. Tüte vor die Tür gestellt, Dingdong, 1,5 Meter zurück. Herr Schubert öffnet, bedankt sich und winkt. „Das war ja leicht“, denkt unser Kassenmensch. Fünf Euro für eine Schickeria…` Danach läuft es etwas weniger rund. Das Navi wusste offenbar nichts von der Baustelle, der Umweg zum Fasanenweg kostet fast eine halbe Stunde. Und bei Frau Betten hilft auch Sturmklingeln nichts, die Tüte muss wieder zurück in die Apotheke.

Nächster Halt: Herr Peters im Wollmausweg möchte wissen, ob denn schon alles bezahlt ist und wann er die Tabletten nehmen soll – das vergesse er immer. Also ruft der zunehmend genervte Ersatzbote in der Apotheke an und klärt das: „Ist bezahlt und vor dem Essen. Tschüss auch.“ „Danke junger Mann, warten Sie, ich hab noch was für Sie“, ruft Herr Peters. „Aha“, denkt Kassen-Monty, „Trinkgeld gibt’s also auch noch. Wusste ich‘s doch, typisch Apotheke.“ Herr Peters kommt zurück und drückt Monty eine Yogurette in die Hand. „Der fruchtig-frische Geschmack von Magermilchjoghurt und Erdbeeren umhüllt von knackig zarter Vollmilchschokolade“, liest Monty, „mindestens haltbar bis 10/18.“ Fünf Stunden später steht er mit verweinten Augen in der Apotheke. „Alles klar?“, fragt Dani. „Alles klar“, sagt Monty und lächelt zurück.

Und abseits dieser fiktiven Geschichte war es natürlich sehr realitätsnah und vorhersehbar, dass die Kassen gegen die geplante Botendienst-Gebühr protestieren würden. Die Kassen und ihre Krämerseele hat Minister Spahn womöglich auch schon antizipiert und lässt sich von den 5 Euro jetzt noch ein bisschen herunterhandeln. Die Geste wäre trotzdem nett. Und vielleicht wäre es ein Schritt in Richtung bezahlte Dienstleistung. Die Apotheke kann auf den Bon drucken: „Botendienst: 2 Euro, während der Corona-Krise von Ihrer Krankenkasse übernommen.“

Spahn hat aber noch viel mehr vor: Die BtM-Sichtvergabe wird erleichtert, das Wiederholungsrezept wieder gestrichen und die Aut-idem-Regeln werden entschärft. Auf der anderen Seite will der Minister die Apothekenpflicht aushebeln, um eine zentrale Beschaffung und Vergabe zu organisieren. Das sind sehr weitreichende Eingriffe und hoffentlich werden nach der Krise nicht die falschen Schlüsse daraus gezogen.

Mit den allgemeinen staatlichen Maßnahmen in der Pandemie ist Professor Dr. Gerd Glaeske nicht einverstanden – und alles andere hätte ja auch überrascht. Er findet sie zu unspezifisch, muss aber auch eingestehen, dass sich allgemein-gültige Maßnahmen derzeit leichter vermitteln lassen. Naja, hat er halt auch mal was gesagt.

Immerhin hat das Robert Koch-Institut (RKI) jetzt festgestellt, dass die Apothekenteams Personal der kritischen Infrastruktur (KritIs) sind. Das hat zum Beispiel zur Folge, dass sie im Fall einer bestätigten Infektion im Team nicht alle in Zwangsquarantäne müssen – und das ist auch gut so. Schließlich muss die Arzneimittelversorgung erhalten bleiben – die Apothekenteams sehen das übrigens genauso. In der aposcope-Umfrage ging es außerdem um die Maßnahmen in Apotheken und die größten Sorgen im Team.

Umso wichtiger ist ein angemessener Schutz der Apotheker und PTA, auch im Sinne der Kunden. Allerdings ist das Masken-Problem noch nicht gelöst – wie auch die Studienlage dazu noch immer unklar ist. Gleichzeitig sehen sich Apotheken immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert, sich mit dem Mund-Nasen-Schutz eine geschützte goldene Nase zu verdienen. Wenn dann auch noch der Düsseldorfer Express mitmischt, wird es wild.

Vor ganz anderen Herausforderungen stehen Kliniken und ihre Apotheken. Davon kann insbesondere Dr. Martin Hug ein Lied singen, denn er ist am Uniklinikum Freiburg und das ist gerade eine Art Corona-Hotspot in der Republik. Gesungen hat er nicht, aber sehr spannend berichtet im Podcast WIRKSTOFF.A.

Anderes großes Thema neben den Masken sind Schnelltests. Apotheken können Corona-Tests bestellen. Berichte aus der Praxis: „Heute haben wir 40 Tests in zwei Stunden gemacht.“ Zur Einschätzung der Sinnhaftigkeit dieses Unterfangens würde ich gern an Prof. Drosten übergeben. Schönes Wochenende!

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