Generationswechsel im Gesundheitswesen

Apobank: Apothekerfamilien werden immer seltener

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Berlin -

Die Älteren schauen auf die Familie, die Jungen wollen vor allem Karriere machen – weit gefehlt! Einer aktuellen Studie der Deutschen Apotheker- und Ärztebank (Apobank) zufolge zeigen sich zwischen jüngeren und älteren Apothekern erhebliche Unterschiede in der Einstellung zum eigenen Beruf. Während die älteren Kollegen sich demnach eher als analoge Einzelkämpfer sehen, die mit dem Wandel der Branche hadern, wollen die jungen im Team und im Einklang mit der eigenen Lebensplanung arbeiten. Bei ihnen hat das Wort „digital“ keinen negativen Klang.

Vater und Großvater waren Apotheker, also wird es der Sohn auch – mit allen Risiken und Entbehrungen, die der Beruf mit sich bringt. Das klingt nicht nur nach der alten Zeit, sondern gehört ihr anscheinend an, zumindest laut einer aktuellen Erhebung der Apobank. Während in der älteren Generation noch jeder vierte Apotheker den Beruf noch aus Familientradition angetreten ist, ist es unter jüngeren Apothekern nur noch jeder sechste. Auch das gesellschaftliche Ansehen spielt demnach bei der Berufswahl eine geringere Rolle als früher – aus Sicht beider Altersgruppen hat sich das Image des Berufs in den vergangenen Jahrzehnten verschlechtert.

Dass sich die unterschiedlichen Ansichten jüngerer und älterer Kollegen sowohl in der Apotheke als auch in den Praxen bald in der konkreten Betriebsführung niederschlagen, ist dabei kein theoretisches Szenario. Denn die ambulante Gesundheitsversorgung steht vor einem Generationswechsel: Jeder dritte Apothekenleiter ist über 55 Jahre, unter den selbstständigen Ärzten gar über 60.

„Das Thema brennt, denn der Generationswechsel in Medizin und Pharmazie steht kurz bevor und die Situation wird sich in den nächsten Jahren verschärfen“, sagt Daniel Zehnich, Leiter des Bereichs Gesundheitsmärkte und Gesundheitspolitik bei der Apobank und Leiter der Studie. „Wir haben auf der einen Seite die junge Generation, die den Wertewandel, der auf gesellschaftlicher Ebene bereits stattfindet, auch in der Berufswelt durchsetzen möchte. Dabei hat sie mit dem demografischen Wandel einen entscheidenden Vorteil auf ihrer Seite. Ihnen gegenüber steht die ältere Heilberuflergeneration, die im gegenwärtigen Versorgungssystem – vor allem im ambulanten Bereich – noch eine sehr wichtige Rolle spielt.“

Und zwischen den Generationen zeigen sich teils große Unterschiede, nicht nur im Selbstbild und dem Verhältnis zur Arbeit, sondern auch mit Blick auf den Wandel der Branche – und zwar quer durch Apotheker- und Ärzteschaft. Sieht sich die ältere Generation noch eher als karriereorientiert, haben bei den jüngeren Heilberuflern Familie und Freizeit mehr Relevanz. Der stärkere Fokus auf die berufliche Karriere spiegelt sich zudem in der Antwort auf die Frage nach dem Stellenwert der Arbeit: Dieser wird entsprechend von knapp der Hälfte der älteren Heilberufler als hoch eingestuft, bei den Jüngeren ist es nur ein Drittel.

Entsprechend fallen auch die Antworten nach den Vor- und Nachteilen der Selbstständigkeit aus. Junge Heilberufler sehen hier vor allem Selbstverwirklichung, Einkommen und Work-Life Balance. Gleichzeitig sehen sie aber das hohe Arbeitspensum weniger als Nachteil als es ihre ältere Generation tut. Und auch wenn das hohe Einkommen zu den Vorteilen der Selbstständigkeit gesehen wird, sind die jüngeren Kollegen sich der Risiken durchaus bewusst: Das finanzielle Risiko ist für sie die größte Hürde zur Selbständigkeit und hat im Vergleich zu früher deutlich an Relevanz zugenommen. Dabei unterscheidet sich die Selbsteinschätzung bei der Risikobereitschaft nicht: Sowohl die ältere Generation – in der Umfrage jene Kollegen über 60 – als auch die jüngere – Kollegen unter 40 – sehen sich mehrheitlich eher risikoscheu. Jeweils 29 Prozent gaben an, risikobereit zu sein, der Rest sieht sich als sicherheitsorientiert. Anscheinend sind die Jüngeren von der Bürokratie im Gesundheitswesen noch nicht so entnervt wie ihre älteren Kollegen, zumindest stufen sie es als geringeres Hemmnis ein.

Dass sich die unterschiedlichen Einstellungen in naher Zukunft auch in konkreter Apotheken- und Praxisführung niederschlagen können, zeigt der Blick auf das Thema Digitalisierung. Hier ist der Unterschied zu erwarten: Knapp 60 Prozent der älteren Heilberufler ordnen sich selbst eher als analog denn als digital ein und mehr als zwei Drittel würden sich eher als Einzelkämpfer bezeichnen. Bei der jungen Generation sieht das ganz anders aus: 80 Prozent beschreiben sich als digital und zukunftsorientiert, knapp zwei Drittel schätzen sich eher als Teamplayer ein.

Entsprechend ändert sich auch das Verhältnis zu Kunden und Patienten. Eine vertrauensvolle und enge Beziehung sowie der Therapieerfolg gehören für beide Generationen zu den wichtigsten Aspekten in der Behandlung. Doch ein hoher Wohlfühlfaktor in der Apotheke oder Praxis, die Vermittlung von Wissen, eine gute Erreichbarkeit sowie eine positive Bewertung und Weiterempfehlung spielen für die jüngeren Heilberufler eine größere Rolle. 72 Prozent der jüngeren Heilberufler sehen digitale Services dementsprechend als relevant an, unter den Älteren sind es lediglich 45 Prozent. Hier stechen die jungen Apotheker laut Apobank mit einer besonders starken Fokussierung auf digitale Services in der Kundenbetreuung hervor.

„Schaut man genauer in die Generationen hinein, zeigt sich, dass die jüngeren Heilberufler den Veränderungen im Gesundheitsmarkt insgesamt deutlich positiver gegenüberstehen als ihre älteren Kollegen“, schlussfolgert die Apobank. Vor allem beim Arbeitspensum, Gestaltungsspielräumen und der Vereinbarkeit von Beruf und Familie nehme die junge Gruppe mehr Verbesserung in den letzten 20 bis 30 Jahren wahr.

„Die Ergebnisse dieser Umfrage sollen dazu dienen, entsprechende Lösungen zu finden, um das System nach den Vorstellungen der jungen Generation zu modifizieren, die Veränderungen aber gleichzeitig so zu gestalten, dass diese auch die ältere Generation mitträgt“, sagt Zehnich. „Das geht nur gemeinsam in einem generationsübergreifenden Engagement. Dazu gehört auch, bestehende Strukturen und Prozesse infrage zu stellen. Und darauf zu achten, beiden Gruppen gerecht zu werden und einen intensiven Austausch zu fördern. Indem man sich offen begegnet, voneinander lernt und sich auf die Gemeinsamkeiten besinnt. Denn was unsere Heilberufs-Generationen eint, ist der Wunsch zu helfen und zu heilen. Dieser wird sie antreiben, eine Medizin des Miteinanders zu gestalten.“

 

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