Krankenkasse kündigt Vertrag mit Apotheken

AOK Nordwest streicht Inko-Honorar zusammen Carolin Ciulli, 15.10.2021 12:41 Uhr

Kürzung bei aufsaugenden Inko-Produkten: Die AOK Nordwest will Apotheken weniger bezahlen. Foto: Marcus Witte
Berlin - 

Die AOK Nordwest will Apotheken das Honorar für die Versorgung mit aufsaugenden Inkontinenzprodukten kürzen. Die Krankenkasse kündigte die Vereinbarung mit den Apotheken zum 31. Januar 2022 und schlägt eine pauschale Vergütung von knapp 12 Euro monatlich vor. „Das ist unwürdig“, kritisiert eine Inhaberin aus Nordrhein-Westfalen. Der Apothekerverband Westfalen-Lippe (AVWL) fordert die Mitglieder:innen unterdessen auf, abzuwarten. Insgesamt seien 1575 Apotheken betroffen.

Knapp 20 AOK-Versicherte versorgt die Apothekerin mit aufsaugenden Inkontinenzprodukten. Aktuell zaht die Kasse dafür rund 17 Euro. „Ich wurde aufgefordert, den Vertrag zu kündigen und im Internet einem neuen beizutreten.“ Die Pharmazeutin kritisiert, dass für knapp 12 Euro keine „qualitative Betreuung“ stattfinden könne. „Das wäre ein Minusgeschäft für uns. Gleichzeitig wollen wir unsere Patienten nicht im Stich lassen.“

Der AVWL rät den Apotheken, die Kund:innen über die Verhandlungen zu informieren. Sie sollen wissen, dass sie bis Ende Januar „auf jeden Fall“ durch die Apotheke versorgt werden könnten und dass sich die Apotheken um eine Anschlussvereinbarung bemühten. Zudem verweist der Verband auf einen Handzettel für die Kunden. Die Inhaberin lobt den Verband für die Informationshilfe für die Endverbraucher. „Darin steht, dass wir sie als vor Ort Apotheke nicht im Stich lassen wollen“, sagt eine Pharmazeutin.

Zudem werde ihnen geraten, sich direkt an die Krankenkasse zu wenden. „Einige unsere Kunden haben das getan und gesagt bekommen, dass sie wohl im November ein Schreiben erhalten werden, an wen sie sich künftig wenden sollen. Es wurde ‚eventuell ein Lieferant aus dem Ausland‘ angekündigt.“

Die meisten ihrer betroffenen Kund:innen hätten bereits angekündigt, nicht zu einem anderen Dienstleister wechseln zu wollen und notfalls aufzuzahlen. Die Kürzung der AOK sei nicht nachvollziehbar. „Sie sollen woanders einsparen und nicht auf Kosten der älteren Patienten“, fordert sie. Gerade diese Gruppe könne es sich meist nicht leisten, Hilfsmittel selbst zu bezahlen. Die Sparpläne der AOK müssten stärker in die Öffentlichkeit.

Dazu komme, dass ein 89-jähriger Kunde nicht so einfach die Krankenkassen wechseln könne. Im Team kommt die angekündigte Kürzung ebenfalls nicht gut an. „Ich habe mehrere Mitarbeiter, die sich überlegen, der AOK zu kündigen, solange sie noch jung sind.“ „Ich bin jetzt seit 21 Jahren in der Apotheke tätig. Damals wurden noch 106 Euro für Windelhosen und 66 Euro für Einlagen gezahlt.“

Auch weitere Apotheker:innen kritisieren den neuen Vertrag. Es handele sich dabei um einen „wahnsinnigen bürokratischen Aufwand“, sagt ein Inhaber aus Rheinland-Pfalz. Als Landapotheke habe er über ein großes Einzugsgebiet und versorge deshalb auch Versicherte der AOK Nordwest. Die Monatspauschale von rund 12 Euro sei „der blanke Hohn“. Apotheken könnten zu diesen Konditionen keine mehrkostenfreie Versorgung bewerkstelligen. Das sei zuvor schon ein „Zuschussgeschäft“ gewesen. Hoffnung, dass der Verband etwas ausrichten kann, habe er nicht. „Die Erfahrung zeigt, dass sie keine ‚scharfen Krallen‘ haben.“ Den Krankenkassen sei die wohnortnahe Versorgung egal. Auch dass die Versicherten dann „billiges Gelump“ bekämen, spiele keine Rolle. „Es geht nur noch um den Preis.“