Rezepte gegen Kosmetik

Abrechnungsbetrug: Apotheker und Kunden angeklagt APOTHEKE ADHOC, 06.03.2019 11:26 Uhr

Hochpreiser gegen Kosmetik: In Frankfurt muss sich ein Apotheker verantworten, der Rezepte abgerechnet, die Medikamente aber nie abgegeben hat. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Die bei der Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main angesiedelte Zentralstelle zur Bekämpfung von Vermögensstraftaten und Korruption im Gesundheitswesen (ZBVKG) hat gegen einen 42-jährigen Apotheker aus Frankfurt am Main und zwei seiner Kunden im Alter von 39 beziehungsweise 42 Jahren beim Landgericht (LG) in Frankfurt am Main Anklage wegen gewerbsmäßigen Betruges erhoben.

Der Apotheker steht in Verdacht, in der Zeit von Januar 2010 bis Dezember 2013 gegenüber Krankenkassen Rezepte über hochpreisige Medikamente wie Exjade, Ferriprox, Desferal, Humira, Betaferon und Privigen abgerechnet zu haben, obwohl die Medikamente tatsächlich nicht an die Versicherten abgegeben wurden.

Die Rezepte soll der Apotheker zuvor von den beiden Mitangeschuldigten und weiteren Kunden jeweils zu einem Teilbetrag des tatsächlichen Rezeptwertes gegen Bargeld angekauft oder im Tausch gegen andere Arzneimittel oder Kosmetika erworben haben. Auf diese Weise soll der Apotheker mehr als 400 Rezepte im Gesamtwert von rund 2,9 Millionen Euro mit den Krankenkassen abgerechnet und hierbei einen Schaden in Höhe von circa 1,1 Million Euro verursacht haben.

Die Ermittlungen waren im September 2013 aufgrund einer Strafanzeige der AOK Rheinland/Hamburg in Gang gekommen, nachdem dort im Rahmen einer Rezeptprüfung aufgefallen war, dass zwei in Köln wohnende Versicherte zum Teil taggleiche Arzneimittelverordnungen über das Medikament Exjade bei dem Frankfurter Apotheker eingelöst hatten.

Am 21. Januar 2014 wurde die Apotheke durchsucht, danach gestalteten sich die Ermittlungen besonders zeit- und arbeitsintensiv, da zur Feststellung des Gesamtschadens unter anderem die Daten der Warenlieferungen bei mehreren hundert Lieferanten der Apotheke abgefragt, erfasst und mit den Abrechnungsdaten der Krankenkassen abgeglichen werden mussten.

Die rund 1100 Seiten umfassende Anklageschrift legt dem Apotheker gemeinschaftlichen, gewerbsmäßigen Betrug in 48 Fällen zur Last. Den beiden Kunden wird aufgrund der wechselnden Beteiligung gemeinschaftlicher, gewerbsmäßiger Betrug in fünf beziehungsweise 40 Fällen zur Last gelegt. Die Ermittlungen gegen insgesamt neun weitere Kunden, die ebenfalls in Verdacht stehen, wenn auch in einem vergleichsweise geringeren Umfang, sich an den Betrugsstraftaten des Apothekers beteiligt zu haben, dauern an.

Die Frankfurter Apotheke stand bereits im Jahr 2009 im Fokus von Ermittlungen der ZBVKG. Der damalige Inhaber, bei dem es sich um den Bruder des nunmehr angeschuldigten Apothekers handelt, soll in der Zeit von Februar bis Oktober 2009 ebenfalls Rezepte über hochpreisige Arzneimittel gegenüber den Krankenkassen abgerechnet haben, obwohl die Medikamente tatsächlich nicht an die Versicherten abgegeben wurden. Hierdurch soll den Kassen ein Schaden von circa 1,3 Millionen Euro entstanden sein.

Der ehemalige Inhaber der Apotheke, der wegen der gegen ihn geführten Ermittlungen die Apotheke im Januar 2010 an seinen Bruder übergeben hatte, ist im Mai 2018 vom LG Frankfurt wegen Betruges in sieben Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zwei Monaten verurteilt worden. Da er Revision eingelegt hat, ist die Entscheidung noch nicht rechtskräftig.