Notfallkontrazeptiva

ABDA: Beratungstipps für „Pille danach“ Julia Pradel, 29.01.2015 15:32 Uhr

Berlin - 

Die Bundesapothekerkammer (BAK) hat Handlungsempfehlungen zur rezeptfreien Abgabe von Notfallkontrazeptiva veröffentlicht. Die „Pille danach“ soll persönlich an die Frau abgegeben werden – auch die Beratung soll persönlich erfolgen. Das Präparat soll nicht „auf Vorrat“ abgegeben werden; sollte dies im Einzelfall erforderlich sein, sei ein Arztbesuch zu empfehlen. Als Unterstützung hat die BAK eine Checkliste für die Abgabe entwickelt, in der die wichtigsten Punkte dokumentiert werden können.

Die Apotheker sollen demnach zunächst das Alter der Patientin erfassten. Bei der Abgabe an Minderjährige empfiehlt die BAK schriftliche Aufzeichnungen über Datum, Uhrzeit, Inhalt der Beratung und Abgabe beziehungsweise Nichtabgabe. Dabei ist die Selbstauskunft der Frau über ihr Alter entscheidend – nach dem Ausweis müssen Apotheker also nicht fragen. Minderjährigen sollte immer ein anschließender Arztbesuch empfohlen werden. Die Abgabe an Mädchen unter 14 Jahren ohne das Einverständnis eines Erziehungsberechtigten wird nicht empfohlen.

Anschließend sollte nach dem Grund für die Notfallkontrazeption gefragt werden – Geschlechtsverkehr ohne Verhütung, Versagen einer Barrieremethode oder eine vergessene „Pille“. In dem Beratungsleitfaden wird erklärt, wie andere Verhütungsmethoden funktionieren, wann die Notwendigkeit eines Notfallkontrazeptivums besteht und wann nicht.

Auch für die Auswahl eines Präparats gibt es eine Entscheidungshilfe: Liegt der ungeschützte Geschlechtsverkehr weniger als 72 Stunden zurück, können demnach Produkte mit den Wirkstoffen Levonorgestrel oder Ulipristal abgegeben werden, danach nur noch Ulipristal (EllaOne). Das Notfallkontrazeptivum sollte so früh wie möglich angewendet werden, bestenfalls innerhalb von zwölf Stunden.

Auch praktische Hinweise gibt der Leitfaden: Zur Vermeidung von Übelkeit mit Brechreiz oder Erbrechen soll der Frau empfohlen werden, vor der Einnahme der Tablette etwas zu essen, beispielsweise ein Butterbrot. Erbricht die Frau innerhalb von drei Stunden, soll umgehend eine weitere Tablette eingenommen oder ein Arzt aufgesucht werden.

Wenn der Zeitpunkt des ungeschützten Geschlechtsverkehr mehr als 120 Stunden zurückliegt, soll die Patientin an den Arzt verwiesen werden. Das gleiche gilt, wenn der Verdacht auf eine bestehende Schwangerschaft besteht. Hinweise auf eine mögliche Schwangerschaft seien eine verspätete, schwächere oder kürzere Monatsblutung. Treffe einer dieser Hinweise zu, sollte ein Schwangerschaftstest vorgenommen werden, heißt es in der Leitlinie. Falle dieser positiv aus, solle die Frau an einen Gynäkologen verwiesen werden.

Zum Arzt soll die Patientin auch dann geschickt werden, wenn die Anwendung oraler Notfallkontrazeption wegen Wechselwirkungen oder bekannter Unverträglichkeiten nicht in Frage kommt. Auch bei Hinweisen auf sexuell übertragbare Krankheiten oder anhaltendes Erbrechen sowie bei akuten gesundheitlichen Problemen oder chronischen Vorerkrankungen, die relevant sein könnten, soll an den Arzt verwiesen werden.

Beim Verdacht auf Gewaltanwendung ist im Einzelfall zu entscheiden, ob sofort ein Notfallkontrazeptivum abgegeben wird. Außerdem soll auf weitere Beratungsangebote wie den Frauennotruf und die ärztliche Versorgung hingewiesen werden.

Bei der Beratung sollen Apotheker darauf achten, dass die Wirksamkeit von Levonorgestrel und Ulipristal durch CYP3A4-Induktoren wie Johanniskraut/Hypericin, Phenytoin, Phenobarbital, Carbamazepin, Oxcarbazepin, Primidon, Ritonavir, Efavirenz, Nevirapin, Rifampicin oder Rifabutin vermindert werden kann.

Außerdem sollen sie die Patientin darauf hinweisen, dass nach Einnahme von Ulipristal eine Woche lang nicht gestillt werden sollte, nach der Einnahme von Levonorgestrel acht Stunden lang. Nach der Notfallverhütung soll die hormonale Kontrazeption wie üblich fortgesetzt werden. Da deren Wirksamkeit allerdings nicht mehr gewährleistet sei, sei eine zusätzliche Anwendung von Barrieremethoden wie Kondomen notwendig.

Verspätet sich die nächste Menstruationsblutung um mehr als sieben Tage, sollte die Frau einen Schwangerschaftstest durchführen oder einen Gynäkologen aufsuchen. Die Frau soll außerdem darauf hingewiesen werden, die Angaben zur korrekten Anwendung in der Packungsbeilage und gegebenenfalls weitere mitgegebene schriftliche Informationen zu beachten. Bei weitergehenden Fragen, Unsicherheit über die Eigendiagnose oder der Angemessenheit der Selbstbehandlung soll sich die Frau durch einen Arzt beraten lassen.

Die BAK hat außerdem ein Curriculum für Fortbildungen zum Thema Notfallkontrazeptiva in der Selbstmedikation entwickelt. Die Seminare sollen zweieinhalb bis drei Stunden dauern und bestenfalls von Apothekern und Gynäkologen gemeinsam gehalten werden. Die Gynäkologen sollen dabei über den weiblichen Zyklus, verschiedene Verhütungsmethoden und die Wirkstoffe Levonorgestrel und Ulipristal aufklären.

Die pharmazeutischen Referenten sollen besonders auf die Beratungssituation, die Verwendung der BAK-Checkliste und die Anwendung der Wirkstoffe eingehen sowie Hinweise zur Kommunikation geben. Außerdem sollen Apotheker in der Fortbildung Informationen zu ärztlichen Bereitschaftsdiensten und medizinischen Einrichtungen, Beratungsstellen und zuverlässigen Informationen im Internet sowie schriftlichen Informationen erhalten.

+++ APOTHEKE ADHOC Umfrage +++

Beratungsleitfaden zur Pille danach. Was meinen Sie? Jetzt abstimmen! »