Beratung kritischer Patientengruppen

Selbstmedikation bei Niereninsuffizienz

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Berlin -

Eine bestehende Niereninsuffizienz bringt einige Schwierigkeiten mit sich: Nicht nur bei der Auswahl von verschreibungspflichtigen Medikamenten ist Sorgfalt geboten, auch bei der Beratung zur Selbstmedikation gibt es einiges zu beachten.

Die Nieren sind neben der Leber das wichtigste Ausscheidungsorgan, wenn es um Arzneistoffe geht. Eine Einschränkung der Nierenfunktion kann dazu beitragen, dass verschiedene Arzneistoffe schlechter ausgeschieden werden. Dadurch kann es zu einer Anreicherung der Substanzen im Körper kommen, welche Probleme mit sich bringt. Im schlimmsten Fall kann die Ansammlung ein toxisches Ausmaß annehmen und mit gefährlichen Auswirkungen, wie einem akuten Nierenversagen, einhergehen.

Einige Dosierungen müssen an die bestehende Nierenfunktion angepasst werden. Häufig werden Dauermedikationen von der Einzel- und Tagesdosis herabgesetzt oder die Einnahmeintervalle verlängert. Statt täglich, werden manche Medikamente beispielsweise nur noch alle zwei Tage eingenommen. Die Ermittlung der Nierenfunktion erfolgt durch die Messung des Serumkreatininwertes. Dieser gibt Hinweise über die sogenannte „glomeruläre Filtrationsrate“ (GFR): Je tiefer die GFR, desto höher ist die Notwendigkeit einer Dosisanpassung.

Vielen Patienten ist ihre nachlassende Nierenfunktion gar nicht bewusst. Vor allem ältere Personen leiden häufig unter einer beginnenden Niereninsuffizienz. Die Symptome hängen vom Stadium der Erkrankung ab. In vielen Fällen sind sie zunächst recht unspezifisch: Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Leistungsschwäche und Übelkeit können erste Anzeichen sein. Eine fehlende Anpassung der Dosis oder unzureichende Rücksicht bei der Selbstmedikation können dann zu Komplikationen und einer Verschlechterung der Symptomatik führen.

Die Einnahme von Calcium in der Selbstmedikation ist bei niereninsuffizienten Patienten sehr problematisch: Einige Mechanismen der Calciumspiegel-Regulation funktionieren nicht mehr ordnungsgemäß. Dadurch kommt es zu einer gestörten Aufnahme und Ausscheidung des Mineralstoffes. Bei chronischer Niereninsuffizienz können Störungen des Knochenstoffwechsels entstehen und das Osteoporose-Risiko steigt. Ein erniedrigter Calciumspiegel kann das Risiko begünstigen, ein zu hoher Wert bringt jedoch das Risiko einer Calzifizierung der Blutgefäße mit sich, welche zu Atherosklerose und Hypertonie führen kann.

Bei der Einnahme von Biotin ist ebenfalls Vorsicht geboten: Erst kürzlich informierte das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) über mögliche Wechselwirkungen unter der Einnahme von Biotin und damit verbundener falscher Laborwerte. Da Biotin überwiegend über den Urin ausgeschieden wird, ist bei Patienten mit Niereninsuffizienz von einer höheren Biotin-Konzentration im Blut auszugehen. Dementsprechend ist eine Verlängerung der Halbwertszeit möglich und das Risiko für klinisch signifikante Wechselwirkungen erhöht.

Bei Magnesium sieht es anders aus: Der Mineralstoff soll sogar positive Auswirkungen auf die verringerte Nierenfunktion und damit verbundene Folgeerscheinungen haben: Jedoch gibt es keine festen Angaben zu Dosierungen und Richtwerten. Daher sollte die Beratung von Patienten mit Niereninsuffizienz nur mit Vorsicht erfolgen. Mineralstoffe sollten nur nach Rücksprache mit dem Arzt und Feststellung des jeweiligen Serumspiegels eingenommen werden. Eine längerfristige Einnahme darf nur unter regelmäßigen Blutkontrollen stattfinden.

Bei der Beratung von niereninsuffizienten Patienten mit akuten Schmerzen gibt es ebenfalls einiges zu beachten: Menschen mit eingeschränkter Nierenfunktion sollten Schmerzmittel nur kurz und in niedriger Dosis einnehmen. Das gilt auch für gängige rezeptfreie Mittel. Die Patienten riskieren sonst ein gefährliches akutes Nierenversagen: Hierbei handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand, der auf der Intensivstation und eventuell zeitweise mit einer Dialyse behandelt werden muss.

Nicht-steroidale Antirheumathika wie Ibuprofen und Diclofenac bewirken eine Hemmung der Prostaglandinsynthese. Dadurch kommt es zu einer verminderten Durchblutung der Nieren, die für niereninsuffiziente Patienten schädlich ist und die Funktion der Organe weiter herabsetzt. Eine Einnahme von Arzneistoffen aus der NSAR-Gruppe sollte also vermieden werden. Eine topische Anwendung der Substanzen ist hingegen möglich.

Besser geeignet ist Paracetamol: Der Arzneistoff wird zum Großteil über die Leber eliminiert und ist daher besser verträglich. Aber auch hier sollte auf die kurzfristige Einnahme hingewiesen werden. Am besten sind verschreibungspflichtige Wirkstoffe wie Metamizol geeignet. Patienten sollten sich für Notfälle vom Arzt ein passendes Analgetikum verordnen lassen, um bei akuten Schmerzen kein Risiko eingehen zu müssen.

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