Komplettschaden durch Überschwemmung

Fünf Monate Container und zurück Eugenie Ankowitsch, 13.11.2018 15:05 Uhr

Berlin - 

Im Juni fiel die Brunnen-Apotheke im saarländischen Heusweiler den Unwetterfluten zum Opfer. Das Team um Besitzer Tobias Thiel ließ sich nicht unterkriegen und stellte ein kleines Containerdorf vor das bisherige Domizil. Das Haus der Brunnen-Apotheke musste umfassend saniert werden. Nach fünf Monaten wurde die Apotheke nun wiedereröffnet. Thiel hat die Renovierung genutzt, um seine Apotheke auf den neuesten Stand zu bringen.

Das kurze aber heftige Unwetter mit extremen Starkregen am 11. Juni hatte im Bereich des ehemaligen Heusweiler Bahnhofs, in dem die Brunnen-Apotheke liegt, für verheerende Überschwemmungen gesorgt. Die Offizin stand binnen Minuten etwa 20 Zentimeter unter Wasser. Der Keller, in dem sich das Medikamentenlager der Apotheke befand, wurde gleich komplett überspült. Zu allem Überfluss lief auch noch ein Öltank aus. Die Apothekeneinrichtung und nahezu der komplette Übervorrat wurden dabei zerstört. Das Öl drang in die oberen Etagen vor, das Haus wurde zum Fall für eine Komplettsanierung.

Rund fünf Monate später war es so weit. Die Brunnen-Apotheke konnte an ihrem angestammten Platz wiedereröffnet werden. „Im Prinzip wurde das Gebäude kernsaniert, und zwar unter Wahrung des Denkmalschutzes“, berichtet der Apotheker. Nicht nur die Inneneinrichtung, sondern auch alle Fenster, Türen und Böden mussten erneuert werden. Ölverseuchte Wände im Innenbereich seien ersetzt und teilweise verschoben worden.

Denn der Schaden sei immens gewesen. Das Hochwasser habe einen Warenbestand im Wert von 200.000 Euro zunichte gemacht, die völlig zerstörte Einrichtung habe mit 180.000 Euro zu Buche geschlagen, hat Thiel mittlerweile errechnet. Dazu komme der Schaden aus dem Betriebsausfall. Kurz nach der Überschwemmung rechnete der Apotheker mit einem Gesamtschaden von etwa einer halben Million Euro. Zum Glück sei der Schaden laut Thiel von seiner Betriebsausfall- und Elementarversicherung übernommen worden. So seien etwa der Zeitwert der Einrichtung und die Kosten für den Betriebsausfall, der allerdings insgesamt nur zehn Tage andauerte, erstattet worden.

Dass der Apothekenbetrieb trotz großer Schäden nur wenige Tage später weitergehen konnte, ist dem Einsatz des Apothekers und seines Teams zu verdanken. In weniger als zwei Wochen stellten sie ein kleines Containerdorf auf. „Wir haben dafür einen HV-Tisch und spezielle Möbel vom Apothekeneinrichter angeschafft und auch eine komplett ausgestattete Rezeptur“, berichtet Thiel. 80.000 Euro nahm er dafür in die Hand.

Die Organisation und Einrichtung des Provisoriums sei schon ein großer Kraftakt gewesen, räumt Thiel ein: „So etwas kann man nur mit ganz viel Adrenalin schaffen. Auch Mitarbeiter aus der Hauptapotheke haben quasi rund um die Uhr mit angepackt.“ Doch der Schaden wäre bei einem Betriebsausfall von mehr als einem halben Jahr wesentlich höher gewesen, so der Apotheker: „Wir sind ein namhafter Standort, so etwas können wir uns gar nicht leisten.“ Die Kunden haben das offenbar zu schätzen gewusst. „Auch wenn wir sicherlich weniger Umsatz als gewohnt gemacht haben, sind doch rund 80 Prozent der Kunden bei uns geblieben“, bilanziert er.

Die aufwendige Sanierung nutze der Pharmazeut, um seine Apotheke auf den neuesten Stand zu bringen. Labor und Rezeptur würden nun auch den höchsten Anforderungen entsprechen. „Alles, was digital geht, ist nun auch digital“, berichtet er. „So kann man nicht nur mit hoher Qualität arbeiten, die Arbeit macht auch noch richtig viel Spaß.“ Die Medikamente lagern nun nicht mehr in den Kellerräumen, sondern in einem Kommissionierer mit einem Fassungsvermögen von 16.000 Packungen.

Auch räumlich wurde die Apotheke erweitert. Die Offizin ist nun nach Angaben des Apothekers mit 80 Quadratmetern dreimal so groß und erstreckt sich über die gesamte Halle des historischen Bahnhofsgebäudes. Das ermöglichte Thiel, das Sortiment der Brunnen-Apotheke zu erweitern. „Wir haben solche Bereiche wie Hilfsmittel, Mutter-Kind, Alternative Arzneimittel, die bisher eher zu Randbereichen gehörten, ausgebaut“, erläutert er. „Zu all diesen Themen haben wir auch vor dem Umbau beraten, doch nun sind diese Bereiche auch sichtbar und haben physische Präsenz in der Apotheke.“

Mit digitalen Panels und neuer Lichttechnik werde nun das ebenfalls vergrößerte Kosmetikangebot besser und moderner präsentiert. Auch der HV-Tisch wurde von zwei auf vier Kassen- und Beratungsplätze erweitert. Eine Besonderheit: An zwei Plätzen werden Kunden mit Rezepten beraten, die anderen zwei sind eher für Freiwahl-Einkäufe gedacht. „So müssen die Kunden weniger warten und finden einen am besten geeigneten Ansprechpartner“, erläutert Thiel sein Konzept.

Mehr Platz haben die Kunden nun auch in dem neuen Beratungsraum. Den gab es zwar auch in der alten Apotheke. „Er war jedoch deutlich kleiner und bestand im Prinzip aus einem Tisch und drei Stühlen“, berichtet der Apotheker. Nun ist er nicht nur größer, sondern auch rollstuhlgerecht mit einem direkten Zugang zu einer behindertengerechten Toilette. Außerdem befindet sich nicht nur ein Beratungsplatz, sondern auch eine Liege in dem Raum, die nach Bedarf genutzt werden kann und etwa das Ausmessen von Kompressionsstrümpfen erleichtern soll. Insgesamt sei bei der Sanierung auf Barrierefreiheit ein besonderes Augenmerk gelegt worden, betont der Apotheker.

Auch wenn die Einrichtung und die technische Ausstattung der Apotheke sich nun auf dem neuesten Stand befinden, sieht der Apotheker den Umbau mit gemischten Gefühlen. „Zum Zeitpunkt der Überschwemmung war die Einrichtung gerade einmal acht Jahre alt gewesen“, berichtet Thiel, der die Apotheke vor zehn Jahren als Filiale der Park-Apotheke in Wallerfangen übernommen hat. „Ohne die Überschwemmung hätte ich noch lange nicht an eine neuerlichen Umbau gedacht.“ Obwohl die Versicherungen Einiges übernommen habe, habe er dennoch einen sechsstelligen Betrag aus eigener Tasche in die Sanierung und Modernisierung der Apotheke gesteckt. Kosten, die so nicht eingeplant waren. Doch der Apotheker ist dennoch überzeugt, dass sich die Investition letztendlich lohnen wird.