Hypertonie

Medikationsmanagement: Apotheker beim Friseur APOTHEKE ADHOC, 01.05.2018 14:45 Uhr

Medikamentenmanagement im Friseursalon? Eine Studie zeigt, dass durch die Kopplung mit Apothekern die Blutdruckkontrolle bei Hypertonikern verbessert werden kann. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Beim Friseurbesuch gleich auch die Blutdruckwerte überprüfen lassen? In einer US-Studie, bei der Apotheker mit einbezogen wurden, wurde das Realität. Unter schwarzen männlichen Barbershop-Nutzern mit unkontrollierter Hypertonie führte die Gesundheitsförderung durch Friseure zu einer größeren Blutdrucksenkung, wenn sie mit Medikamentenmanagement in Friseursalons durch speziell ausgebildete Apotheker gekoppelt wurde. Die positiven Resultate bringen die Deutsche Hochdruckliga dazu, über vergleichbare Modelle auch hierzulande nachzudenken.

Bluthochdruck ist tückisch, denn in der Regel verursacht er keine Beschwerden, so dass Betroffene keinen Anlass haben den Arzt zu konsultieren. In den USA ist Hypertonie bei Männern mit schwarzer Hautfarbe am häufigsten verbreitet. Auch diese Bevölkerungsgruppe nutzt den Besuch eines Barbershops, um neben der Haarpflege auch Freunde zu treffen. Aus dem Mittelalter ist bekannt, dass Friseure mit in die Gesundheitsversorgung einbezogen waren und Aderlässe und Zahnextraktionen vorgenommen hatten. Eine im „New England Journal of Medicine“ veröffentlichten Cluster-randomisierten Studie aus Kalifornien zeigt jetzt, dass der soziale Treffpunkt genutzt werden könnte, um die Blutdruckkontrolle bei Hypertonikern zu verbessern.

„Die Friseure wurden angehalten, mit den Männern über das Problem Bluthochdruck zu reden und zu einem Treffen mit dem Apotheker einzuladen“, erklärt Professor Dr. Bernhard Krämer, Direktor der V. Medizinischen Klinik an der Universitätsmedizin Mannheim und Vorstandsvorsitzender der Deutschen Hochdruckliga. „Der Apotheker suchte einmal im Monat den Barbershop auf, um den Kunden den Blutdruck zu messen und Medikamente zu verteilen. Die Erlaubnis dazu hatte der Apotheker von den Hausärzten erhalten, die hierzu einen Vertrag mit dem Apotheker abgeschlossen hatten.“ Die Pharmazeuten dienten auch als aktive Kontrollinstanz, um die Lebensstiländerungen zu fördern und den Hinweis zu Arztterminen zu geben.

Die Wissenschaftler um Professor Dr. Ronald G. Victor vom Smidt Heart Institute in Los Angeles hatten an 52 Friseursalons 319 afroamerikanische Männer zur Analyse herangezogen, bei denen der obere systolische Blutdruckwert zu Beginn im Durchschnitt bei 152,8 mmHg lag. Diese Studienteilnehmer hatten ein hohes Risiko für einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall. Sechs Monate später war der Blutdruck nach dem Management im Friseursalon im Durchschnitt auf 128 mmHg gesunken. Krämer erläutert: „Knapp 90 Prozent der Männer hatten einen systolischen Blutdruck von unter 140 mmHg, der heute als normal eingestuft wird, weil er langfristig das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall bei Hochdruckkranken vermindert.“

In einer zweiten Gruppe hatten die Friseure ihre Kunden nur über die Risiken informiert und ihnen geraten, ihren zu hohen Blutdruck ärztlich behandeln zu lassen. Auch in dieser Gruppe wurde der Blutdruck nach sechs Monaten gesenkt, allerdings nicht so stark wie in der ersten Gruppe. Der durchschnittliche Wert lag nach sechs Monaten bei 145,4 mmHg. Nur ein Drittel der Teilnehmer hatten einen Normalwert von unter 140 mmHg erreicht.

Für Professor Dr. Joachim Hoyer, Direktor der Klinik für Nephrologie am Universitätsklinikum Marburg, zeigt die Studie, dass Betroffenen in ihrer gewohnten Umgebung angesprochen und einen niedrigschwelligen Zugang zur Blutdruckkontrolle zu ermöglicht werden sollte. „Durch das Gespräch mit dem Friseur wird der Bluthochdruck zu einem Thema im Alltag und die Betreuung durch den Apotheker hat sicherlich die Bereitschaft gefördert, den Blutdruck regelmäßig zu kontrollieren und die Medikamente einzunehmen, obwohl man sich eigentlich gesund fühlt“, so der Experte.

Ähnliche Modelle seien auch hierzulande denkbar:. „Auch hier gibt es Betroffene, die nichts von ihrem Bluthochdruck wissen und selten zum Hausarzt gehen“, sagt Hoyer. „Häufiger kommen viele jedoch an einer Apotheke vorbei oder sind beim Betriebsmediziner“, ergänzt der Experte. „Diese Kontakte sollten für eine vermehrte Aufklärung über die Gefahren von unerkanntem Bluthochdruck und seiner möglichen Behandlung durch einen Arzt genutzt werden.“