Galenik

Forscher entwickeln lang wirksame HIV-Kapseln Deniz Cicek-Görkem, 11.01.2018 14:07 Uhr

Berlin - 

US-Wissenschaftler des Massachusetts Institute of Technology (MIT) stellen im Fachjournal „Natur Communications“ eine neue galenische Form mit beladenen antiretroviralen Wirkstoffen vor, mit der die Adhärenz von HIV-Patienten verbessert werden könnte. Die orale Darreichungsform ist aus einer Wirkstoff-Polymer-Matrix zusammengesetzt und ermöglicht wochenlange systemische Wirkstoffspiegel.

Bislang gibt es im Bereich der HIV-Therapie keine langwirksamen enteralen Systeme auf dem Markt, die die Adhärenz von Patienten erleichtern. Neuere Forschungen geben Hinweise, dass dies künftig möglicherweise anders aussehen könnte: Die von den MIT-Wissenschaftlern entwickelte sternförmige Retardkapsel wird aus dem Polymer Polycaprolacton (PCL) hergestellt und ist biologisch abbaubar.

Sie besteht aus sechs rigiden Armen, die an einem zentralen Kern verbunden sind, der elastisch ist. Die Arme dienen der Beladung mit den Arzneistoffen Dolutegravir, Rilpivirin und Cabotegravir und deren Freisetzung mittels einer Polymer-Matrix. Zur Anwendung wird der „Stern“ zusammengefaltet und in eine Kapsel verpackt.

Nach der oralen Einnahme entfaltete sich der Träger im Magen und verbleibt mehrere Tage dort. Die Arzneistoffe können dann bis zu sieben Tagen gleichmäßig freigesetzt werden. Ihre neue entwickelte Struktur verabreichten die Forscher einem Schwein und beobachteten die Wirkstoffkonzentration im Blut. Sie stellten systemische Blutspiegel der drei antiretroviralen Substanzen fest.

Abhängig von den eingesetzten Polymeren in den Armen können unterschiedliche Freisetzungskinetiken der Wirkstoffe erreicht werden. Außerdem können die Arme mit Arzneimitteln unterschiedlicher physikochemischer Eigenschaften beladen werden, ohne die Kernstruktur zu verändern. Das Design ermöglicht es, sechs verschiedene Arzneimittel aus einer einzigen Struktur zu verabreichen. Geeignete Kombinationen von Matrizen könnten in die Herstellung einprogrammiert werden, um die gewünschten Freisetzungsraten und Pharmakokinetiken zu erreichen.

Zuvor hatten die Forscher eine Retardkapsel entwickelt, die sie mit dem Wirkstoff Ivermectin beladen hatten. Sie analysierten Magenbeständigkeit, Wirkstofffreisetzung und Magenverträglichkeit in einem Experiment mit Schweinen und konnten mithilfe radiologischer und endoskopischer Untersuchungen bestätigen, dass die therapeutische Dosis über zwei Wochen freigesetzt wurde und gut verträglich war. Die Forscher hatten das Ziel, die Verbreitung der Malaria stoppen, indem sie den Betroffenen eine Einnahme des Medikamentes ein- oder zweimal monatlich ermöglichen.

Die wöchentliche Verabreichung lang wirkender antiretroviraler Medikamente über eine neuartige orale Darreichungsform ist den Wissenschaftlern zufolge eine vielversprechende Maßnahme, um die weltweite HIV-Epidemie unter Kontrolle zu bringen. Derzeit fehlen jedoch die Untersuchungen am Menschen.