Österreich

Pille danach: Belehrung statt Beratung APOTHEKE ADHOC, 27.10.2016 14:20 Uhr

Berlin - 

In Österreich wurden Apotheken auf ihre Beratung zur „Pille danach“ getestet. Statt pharmazeutischer Beratung und Fingerspitzengefühl erfuhren die Testkäuferinnen nach eigenen Angaben Rechtfertigungsdruck und abwertende Blicke.

Im Jahr 2009 wurde in Österreich die Rezeptpflicht für die „Pille danach“ aufgehoben, Frauen sollte ein hürdenloser Zugang zu dem Medikament ermöglicht werden. Ein Test des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) zeigte, welche Hindernisse Frauen umgehen müssen, um das Medikament zu kaufen.

Getestet wurden 20 Apotheken in Wien, 19 von ihnen erhielten die Note „wenig oder nicht zufriedenstellend“. In Tirol bekamen 14 von 20 Apotheken ein schlechtes Zeugnis. Die Testkäuferinnen bekamen wenig Information über die richtige Anwendung, die Nebenwirkungen und Gründe für eine verminderte Wirkung. Stattdessen wurden die Frauen belehrt und mussten sich für den Kauf bei den Apothekern rechtfertigen.

Die W-Fragen in einem Beratungsgespräch sind wichtig, aber ein „Warum?“ beim Kauf der Pille danach ist eine schmale Gratwanderung: Die Testkäuferinnen verspürten einen Rechtfertigungsdruck. Eine Frau bekam nach ihrer Erklärung „das Kondom ist gerissen“ die Antwort „Ja ja, das sagen sie alle. Als ob das noch jemand glauben würde“. In einem anderen Fall wurde der einfache Zugang zum Notfallmedikament kritisiert. Die Testkäuferinnen erfuhren jedoch eine andere Wahrheit. „Man bekommt einen abwertenden Blick, obwohl man eh schon belastet in die Situation geht.“ Die Frauenbeauftragte der Stadt Wien sieht keinen Anlass die Gründe zu hinterfragen. „Wichtig ist, dass die Frauen wertfrei informiert werden.“ Anwendung und Wirkweise sind mit der Kundin zu besprechen.

Die Präsidentin der Apothekerkammer Wien, Andrea Vlasek, wird den VKI-Test zum Anlass nehmen, das Thema anzusprechen. Kollegen sollten bei der Beratung mehr Fingerspitzengefühl zeigen. „Wer belehrt statt zu beraten, handelt unprofessionell.“ Die Apothekerin sieht aber auch ein „Kommunikationsproblem, kein Wissensproblem. Wir stellen Fragen, um die Situation einzuschätzen, aber bei dem intimen Thema ist es einfach eine Gratwanderung.“

Befürchtete man 2009 noch Teenager als größte Nutzergruppe, sind es die 20 bis 30 jährigen Frauen, die in einer festen Beziehung leben, die das Notfallmedikament kaufen. Zwei Wirkstoffe stehen zur Notfallverhütung zur Wahl. Um das passende Medikament zu wählen, ist ein Gespräch unter vier Augen zu wählen. Die intimen Fragen bezüglich des Zyklus und des Zeitpunktes des ungeschützten Verkehres lassen sich im Beratungsraum leichter stellen, da das Thema für beide Seiten unangenehm sein kann.

Beide Wirkstoffe können eine mögliche Schwangerschaft nur verhindern, wenn sie vor dem Eisprung eingenommen werden, daher ist es wichtig, zu erfragen an welchem Zyklustag sich die Kundin befindet. Das generische Levonorgestrel (PiDaNa) kann bis zu 72 Stunden nach dem ungeschützten Verkehr eingenommen werden – das patentgeschützte Ulipristal (EllaOne) bis zu 120 Stunden.