Neueröffnung

Pech, Pannen und dann doch eine Apotheke Torsten Bless, 19.01.2018 15:02 Uhr

Berlin - 

Schon im Dezember 2015 wollte Volkhard Wagner eine Filiale seiner Brunnen-Apotheke gründen. Doch Industriemüll, eine verworrene Bauplanung und auch die Telekom legten immer wieder neue Steine in den Weg. Bis zum Happy End musste der Apotheker einige Nerven lassen.

Mehr als vier Jahrzehnte Familienbetrieb: Vater Volker Wagner eröffnete 1973 die Brunnen-Apotheke im Herzen von Nortorf, Sohn Volkhard übernahm sie im Jahr 2000. Heute leben 6650 Einwohner im schleswig-holsteinischen Ort, viele Menschen aus den umliegenden Gemeinden kaufen hier ein.

„In den letzten Jahren haben wir gemerkt, dass sich die Innenstadt ein wenig verlagerte“, sagt der heutige Apotheker. Auf dem Gelände einer längst abgewickelten Plattenfirma entstand ein Einkaufszentrum. „Der gegenüber von uns gelegene Edeka zog zusammen mit Aldi und DM in den neuen Teldec-Park. Auch einer der beiden im Haus ansässigen Ärzte siedelte um, der andere musste seine Praxis aufgeben, weil er keinen Nachfolger fand“, berichtet Wagner.

Damit fehlte der Brunnen-Apotheke viel der alten Infrastruktur. „Gottlob hatten wir keine großen Einbrüche zu verzeichnen, aber ich dachte, ich muss sehen, wie wir am Puls der Zeit bleiben.“ Da traf es sich gut, dass man ihn ansprach, ob er sich vorstellen konnte, eine Apotheke im neuen Gebäude zu betreiben. „Es gab schon Interessenten von außerhalb, da dachte ich mir, lieber mache ich selbst eine Filiale auf, bevor sich ein Mitbewerber hier ansiedelt.“

Die Planungen dazu liefen schon vor zweieinhalb Jahren an. In einem verlassenen Verwaltungsgebäude im Komplex sollten neben der Apotheke auch 17 Wohnungen entstehen. Die Bauarbeiten dafür sollten im April 2015 beginnen, im Winter hätten schon die ersten Mieter einziehen sollen. Parallel dazu peilte Wagner die Eröffnung der zweiten Brunnen-Apotheke für den Dezember des selben Jahres an, um schon das Weihnachtsgeschäft mitzunehmen.

Doch daraus wurde nichts. „Im Boden wurden Rückstände von Schadstoffen aus Industriemüll gefunden“, erfuhr der Apotheker. „Das Gebäude musste komplett entkernt und der Boden ausgetauscht werden.“ Die Monate verstrichen. „Längere Zeit habe ich kaum etwas gehört. Die Informationspolitik war relativ mittelmäßig. Die Bauherren schienen sehr mit sich selbst beschäftigt. Anscheinend wurden zwischenzeitlich neue Bauanträge gestellt, weil sich die Rahmenbedingungen wieder geändert hatten.“

Einen sich zuständig fühlenden Ansprechpartner habe er nur selten gefunden. „Dann konnte sich unser Architekt endlich zu Vorbesprechungen mit dem Bauträger treffen, aber danach passierte zwischenzeitlich nichts mehr.“ So richtig loslegen konnte das Team erst im September. „Offiziell sollte die Übergabe am 1. November stattfinden, dazu kam es dann erst am 23. November. Da steckten wir schon mitten in der Arbeit.“

Doch nicht nur die langen Verzögerungen sorgten für Ungemach. „Die Telekom war eine Katastrophe. Die Techniker waren dreimal da, aber wollten nicht wahrhaben, dass eine Leitung gekappt worden war, anstatt auf unseren Elektriker zu hören, der ihnen zu erklären versuchte, dass da kein Saft mehr drauf war“, erzählt Wagner. „Zudem brauchten wir zwei DSL-Anschlüsse, aber es war nur noch einer im ganzen Haus frei. Es dauerte lange, bis wir die Telekom davon überzeugt hatten, dass noch eine zusätzliche Leitung gelegt werden musste.“

Unmittelbar vor der geplanten Eröffnung türmte sich noch eine letzte Hürde auf. „Im Labor haben wir einen Gasabzug eingebaut, wenn wir in der Rezeptur mit gefährlichen Flüssigkeiten arbeiten, können darüber Gefahrstoffe abgesaugt werden“, erläutert Wagner. Zumindest theoretisch. Die abschließende amtliche Abnahme sollte nur eine Formsache sein. „Da bekamen wir aber den Gasabzug nicht in Gang. Die von uns eingebaute Anlage funktionierte einwandfrei, aber die Haustechnik hatte ein Abzugsrohr in der falschen Größe angeschlossen.“ Die Eröffnung am 2. Januar musste abgeblasen werden. Auf Facebook übte sich die Brunnen-Apotheke in Zweckoptimismus: „Irgendwann wird alles gut!“ Sechs Tage später konnten Wagner und seine Mitarbeiter endlich ihre Arbeit aufnehmen.

Der Zuspruch zur neuen Brunnen-Apotheke sei besser als erwartet. „Aus verständlichen Gründen hab ich die Eröffnung bislang nicht groß beworben“, sagt Wagner. „Im Februar wollen wir zu einem Tag der offenen Tür einladen. Aber auch ohne Reklame haben wir schon gut zu tun und erreichen bereits den Umsatz, den wir uns für diesen Zeitpunkt vorgenommen hatten.“ Seinen Arbeitsschwerpunkt will er künftig auch in den Teldec-Park verlagern. „Derzeit tanze ich noch auf zwei Hochzeiten“, sagt er. „Im Hauptgeschäft habe ich eine Filialleiterin eingestellt, aber das muss sich noch einfinden.“

Zu Umsatzeinbrüchen im Mutterbetrieb sei es gottlob nicht gekommen, freut sich Wagner. „Wenn man beide Apotheken zusammenrechnet, haben wir mehr Kunden als zuvor mit einer.“ Doch die lange Durststrecke bis zur Eröffnung der Filiale wäre finanziell ohne die Einnahmen der Mutterapotheke nicht zu stemmen gewesen. „Eine komplette Neueröffnung wäre für mich zu einer Katastrophe geworden.“