Niedersachsen

Pflegekammer: Zwangsmitgliedschaft vor Gericht dpa/ APOTHEKE ADHOC, 22.08.2019 12:12 Uhr

Zwangsmitgliedschaft: In Niedersachsen geht der Streit um die Pflegekammer in die nächste gerichtliche Instanz. Foto: AOK
Berlin - 

Alle niedersächsischen Pflege-Fachkräfte müssen der Pflegekammer angehören. Mit der Pflichtmitgliedschaft sind Beiträge verbunden, das stößt auf Widerstand. Jetzt kommt das Thema auf den juristischen Prüfstand.

Die Pflichtmitgliedschaft in der Pflegekammer Niedersachsen beschäftigt am Donnerstag das Oberverwaltungsgericht in Lüneburg. Eine Entscheidung werde voraussichtlich noch im Laufe des Tages fallen, sagte eine Sprecherin. Zwei Klägerinnen wehren sich gegen ihre Mitgliedschaft. Dabei geht es auch um die Frage, ob das Pflegekammergesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Eine der beiden Klägerinnen hält die Pflichtmitgliedschaft für unverhältnismäßig, wie die Sprecherin mitteilte.

Das Argument dafür, dass das Pflegekammergesetz verfassungswidrig ist: Es verletze die Handlungsfreiheit, die sich aus Artikel 2, Absatz 1 des Grundgesetzes ergibt. Darin heißt es wörtlich: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.“ In einem zweiten Verfahren gehe es hauptsächlich darum, ob eine als Fallmanagerin in einem Krankenhaus beschäftigte Frau einen der betroffenen Berufe ausübt. Das Verwaltungsgericht Hannover als erste Instanz hatte die Regelungen im vergangenen November als verfassungsgemäß angesehen.

Die 2017 per Gesetz beschlossene Pflegekammer ist eine berufsständige Selbstverwaltung. Befürworter sehen darin die Chance, den Stellenwert der Pflege zu erhöhen. Ihr gehören alle Fachkräfte der Alten-, Kranken- und Kinderkrankenpflege in Niedersachsen an. Sie müssen einen nach dem Einkommen berechneten Beitrag entrichten. Kurz vor Weihnachten 2018 hatte die Kammer an über 90.000 Adressaten Bescheide über den Höchstbeitrag von 140 Euro verschickt. Um weniger zu zahlen, sollten sie ihr steuerpflichtiges Jahresbruttoeinkommen angeben. Das Vorgehen stieß auf Kritik, nicht nur bei Beschäftigten. Mehr als 40.000 Unterzeichner forderten in einer Petition die Abschaffung der Kammer, die Beitragsordnung wurde im Januar geändert. Der durchschnittliche Jahresbeitrag für 2018 lag nach aktuellen Angaben einer Kammersprecherin bei 59 Euro.