Digitalisierung

AOK: „Wir brauchen eine Versorgungsoffensive“ APOTHEKE ADHOC, 30.08.2018 14:22 Uhr

Berlin - 

Lange Wartezeiten in der Praxis und bei der Terminvergabe sind vor allem für Patienten auf dem Land aufgrund des Ärztemangels eine missliche Situation. Eine bessere medizinische Versorgung für Betroffene verspricht das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG), das zum 1. April 2019 in Kraft treten soll. Das sei zwar ein guter Ansatzpunkt, findet AOK-Verbandschef Martin Litsch, doch er rechnet damit, dass nachhaltige Verbesserungen dadurch ausbleiben. Er fordert eine „groß angelegte Versorgungsoffensive” für den ländlichen Raum. Im Mittelpunkt sollten die Patienten stehen: „Dabei muss der Bedarf der Menschen maßgeblich sein.”

Litsch zufolge ist für Patienten und Versicherte die Sicherstellung der medizinischen Versorgung auf dem Land das „eigentliche Topthema”. Für Kranke und Ratsuchende dürfte sich die Lage künftig verbessern. Denn mit dem TSVG werden die Kassen unter anderem verpflichtet, bis Ende 2021 allen Patienten eine elektronische Patientenakte (ePA) anzubieten. Krankenkassen wie die AOK, die TK und ein Verbund um die DAK haben bereits ePA entwickelt. Dafür fehlt jedoch der rechtlich verbindliche Rahmen, diese ePA im Rahmen der Gematik einsetzen zu können. Die ePA soll über Smartphones und Tablets abrufbar sein. Die Einwilligung der Patienten zur Datennutzung soll vereinfacht werden.

Um die Wartezeiten in Arztpraxen zu verkürzen, sollen unter anderem die vorgeschriebenen Mindest-Sprechstunden für gesetzlich Versicherte von 20 auf 25 pro Woche erhöht werden. Hausbesuche werden auf die 25-Stunden-Vorgabe angerechnet. Haus-, Kinder-, Augen- Frauen- und HNO-Ärzte müssen künftig zudem wöchentlich 5 Praxisstunden für Patienten ohne Termin anbieten. Außerdem soll die bundeseinheitliche Bereitschaftsdienstnummer „116117“ 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche erreichbar sein und mit der Notrufnummer 112 zusammengelegt werden. Darüber hinaus sollen Patienten in Notfällen auch während der Sprechstundenzeiten an Arztpraxen oder Notfallambulanzen vermittelt werden.

Verbandschef Litsch begrüßt zwar das TSVG mit den damit verbundenen Neuerungen, allerdings sieht er auch einen gewissen Optimierungsbedarf: So solle anstelle von „unübersichtlichen Einzelvergütungen” der Ärzte gezielt in notwendige Strukturanpassungen investiert werden. Außerdem sollen ambulante und stationäre Versorgungsstrukturen besser verzahnt werden. Zudem soll es Patienten ermöglicht werden, mobile Angebote sowie Fernbehandlungen nutzen zu können.

Dass das neue Gesetz „mehr Schwung” in die Digitalisierung bringt, ist für den Verbandschef klar. Allerdings könne der Wettbewerb um innovative Lösungen nur beflügelt werden, wenn § 67 SGB V zum Ausbau der elektronischen Kommunikation zwischen Leistungserbringern und Krankenkassen um die Gruppe der Patienten erweitert werde. „Dies wäre wünschenswert”, so Litsch. Denn die Versicherten würden bislang nicht erwähnt werden – obwohl es um ihre Daten geht.

Das wird auch in der entsprechenden Gesetzespassage deutlich: „Zur Verbesserung der Qualität und Wirtschaftlichkeit der Versorgung soll die papiergebundene Kommunikation unter den Leistungserbringern und mit den Krankenkassen so bald und so umfassend wie möglich durch die elektronische und maschinell verwertbare Übermittlung von Befunden, Diagnosen, Therapieempfehlungen, Behandlungsberichten und Unterlagen in Genehmigungsverfahren, die sich auch für eine einrichtungsübergreifende fallbezogene Zusammenarbeit eignet, ersetzt werden.”

Die AOK möchte mit ihrem Digitalen Gesundheitsnetzwerk die Versorgungsprozesse im Sinne der Patienten verbessern. „Dafür sollen die Diagnose- und Therapiedaten für alle Leistungserbringer sektorübergreifend vernetzt werden”, so Litsch. Dies gelinge durch die dezentrale Speicherung der Daten, die zudem eine hohe Sicherheit biete. Eine Einbindung der Apotheker in dieses Netzwerk hält er für sehr sinnvoll, denn so könne die pharmazeutische Beratung optimiert werden. Er versichert: „Allein Arzt und Patient können entscheiden, welche Daten zur Verfügung gestellt werden.”