Varizellen-Infektionen

Windpocken: Besser Paracetamol statt Ibu? APOTHEKE ADHOC, 15.07.2019 14:56 Uhr

Warnhinweis: Ibuprofen kann das Risiko für schwere Haut- und Weichteilinfektionen erhöhen. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Das nicht-steroidale Antirheumatikum Ibuprofen soll Windpocken-Erkrankungen verschlimmern können. Die französische Arzneimittelbehörde ANSM warnte kürzlich sogar vor der Anwendung in Zusammenhang mit Varizellen-Infektionen und empfiehlt generell die bevorzugte Gabe von Paracetamol. Hierzulande unterscheiden sich die Empfehlungen.

Die ANSM rät bei Schmerzen und Fieber immer vorzugsweise, Paracetamol statt Ibuprofen zu verabreichen. Der Grund: Eine aktuelle Pharmakovigilanzanalyse zeigte, dass sich Infektionen unter der Einnahme von nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) verschlimmern können: Entzündungen und starke Schmerzen können die Folge sein. Das Risiko für schwere bakterielle Hautkomplikationen wie nekrotisierender Fasziitis ist schon länger bekannt. In den USA und Großbritannien gibt es daher ähnliche Bedenken und Empfehlungen wie in Frankreich.

Hierzulande wird das Risiko bisher als nicht so hoch erachtet, jedoch enthalten auch deutsche Beipackzettel einen Warnhinweis: Ibuprofen kann das Risiko für schwere Haut- und Weichteilinfektionen erhöhen, vor allem während einer Varizellen-Infektion. Dennoch stellen Windpocken keine Kontraindikation für die Verabreichung von Ibuprofen dar. Das Auftreten solcher Reaktionen ist sehr selten, außerdem sind die Infektionen rückläufig, da seit August 2004 von der Ständigen Impfkommission (STIKO) für alle Kinder und Jugendlichen eine Impfung empfohlen wird.

Ibuprofen ist in der Selbstmedikation für einen Zeitraum von drei Tagen bei Kindern und für vier Tage bei Erwachsenen zugelassen. Sollten die Schmerzen, das Fieber oder die Entzündung innerhalb dieser Zeit nicht spürbar besser werden, so ist ein Gang zum Arzt anzuraten. Das nicht-steroidale Antirheumatikum inhibiert wie Acetylsalicylsäure im Arachidonsäurezyklus unselektiv das Enzym Cyclooxygenase (COX) und in Folge die Bildung von Serie-2-Prostaglandinen als Entzündungsmediatoren.

 

Darüber hinaus verfügt das Arylpropionsäurederivat über thrombozytenhemmende Eigenschaften; die gleichzeitige Anwendung mit Acetylsalicylsäure ist daher nicht unproblematisch und wird entsprechend im Allgemeinen nicht mehr empfohlen. Beide Wirkstoffe sollten daher mit einem zeitlichen Abstand eingenommen werden. Chemisch stellt Ibuprofen ein Racemat aus dem Eutomer (S)-(+)-Ibuprofen (Dexibuprofen) und dem wirkungslosen Distomer (R)-(−)-Ibuprofen dar. Im Körper wird das Distomer durch eine Isomerase in das Eutomer umgebaut.

Derzeit ist Ibuprofen in zwei Stärken als flüssige Zubereitung verfügbar: Die niedrigere Stärke mit 2 Prozent Ibuprofen ist für Kinder ab sechs Monaten mit einem Körpergewicht von fünf bis sechs Kilogramm zur Behandlung leichter bis mäßig starker Schmerzen und Fieber zugelassen. Die Dosierung beträgt für diese Altersklasse 2,5 ml bis zu dreimal täglich mit einem Einnahmeabstand von sechs Stunden. Der höher dosierte 4-prozentige Saft hat je nach Hersteller unterschiedliche Altersbeschränkungen.

Laut Arzneimittelverschreibungsverordnung gelten sechs Monate und Einzeldosen bis zu 10 mg/kg Körpergewicht bei einer maximalen Tagesdosis von 1200 mg als Grenze. Vor kurzem empfahl der Sachverständigenausschuss für Verschreibungspflicht mehrheitlich eine Änderung: Künftig sollen flüssige Zubereitungen mit Ibuprofen schon ab drei Monaten rezeptfrei werden.