PTA-Reform

3 Jahre PTA-Ausbildung: Schulleiter warnt vor Fachkräftemangel Carolin Ciulli, 16.10.2019 15:18 Uhr

Berlin - 

Die vom Bundesrat und Angestelltenvertretern geforderte dreijährige PTA-Ausbildung wird zu einer deutlichen Ausweitung des Fachkräftemangels in Apotheken führen. Davon geht Apotheker Burkhard Pölzing aus, der die Völker-Schule Osnabrück leitet. Die Abschlussempfehlung der Länder sei auch in anderen Punkten nicht zu Ende gedacht, warnt er. Ein Wechsel zwischen Schule und Praktikum in der Offizin, die Ausbildungsvergütung und eine geforderte pädagogische Weiterbildung für Praktikumsapotheken könnten zu Problemen in der Praxis führen.

Pölzing sieht die geforderte Verlängerung der PTA-Ausbildung von zweieinhalb auf drei Jahre kritisch: „Die Verlängerung kurbelt den Fachkräftemangel deutlich an“, sagt er. Denn in der gleichen Zeit werde sich die Zahl der Schulabgänger um 20 Prozent verringern. Schon jetzt fehlten in vielen Apotheken aber PTA. „Fraglich ist, ob diese Lücke auszugleichen ist“, so Pölzing.

Seiner Ansicht nach müssten dazu „20 Prozent mehr Schüler in einer Klasse unterrichtet“ werden, außerdem die Zahl der PTA-Schulen erhöht und dadurch auch die Zahl der Lehrkräfte ausgeweitet werden. „Das hört sich erstmal alles schön und gut an, ist aber nicht zu Ende gedacht.“ Die Schulen benötigten dann auch mehr Geld, um die Lehrer und den Unterricht zu finanzieren.

Zudem erhöhe die Verlängerung auch nicht die Attraktivität der Ausbildung für junge Schulabgänger. „Seit 1993 die Apothekerhelfer-Ausbildung in die dreijährige PKA-Ausbildung umgewandelt wurde, ist die Zahl der Azubis rückläufig.“ Für die PTA-Schüler kämen weitere Kosten beispielsweise für Miete und Verkehrsmittel hinzu. Sie kämen sechs Monate später in die Vollbezahlung. Zudem verliere die PTA-Schule im Vergleich mit anderen naturwissenschaftlichen Ausbildungen an Reiz. Denn die Ausbildung zu chemisch-technischen oder biologisch-technischen Assistenten bleibe zweijährig. „Ich bin mir nicht sicher, in welche Richtung die chemisch-interessierten Schulabgänger dann gehen werden.“

Der Schulleiter hält auch den geforderten Wechsel zwischen schulischer und praktischer Ausbildung statt eines halbjährigen Praktikums am Ende der Schulzeit für nicht umsetzbar. Die Zahl der verfügbaren Praktikumsapotheken könne insbesondere für Schulen mit mehreren Klassen eines Jahrgangs eng werden. Die aufgeteilten Praktikumsabschnitte seien für Schulen nur schwer zu organisieren. „Außerdem lassen sich Apotheken bestimmt nicht gerne vorschreiben, wann sie PTA-Praktikanten aufnehmen müssen“, so Pölzing.

Bei den Vorschlägen zur praktischen Ausbildung in der Offizin warnt Pölzing davor, dass der Bundesrat im Praktikum eine berufspädagogische Weiterbildung für Ausbilder fordert. Das bedeute für Apotheken steigende Personalkosten. Er befürchte, dass deshalb weniger Betriebe bereit sein werden, überhaupt PTA-Praktikanten aufzunehmen. In der Empfehlung der Länder heißt es dazu: „Die Praxisanleitung wird von Apothekern oder durch weiteres pharmazeutisches Personal durchgeführt, sofern das weitere pharmazeutische Personal eine berufspädagogische Zusatzqualifikation von mindestens 300 Stunden erfolgreich abgeschlossen hat.“

Auch die geforderte Vergütung für die komplette Ausbildungszeit sei problematisch. „Generell muss sich bei diesem Thema etwas tun, weil es den Beruf attraktiv macht“, räumt Pölzing zwar ein. „Aber die Forderung des Bundesrats ist nicht sinnvoll.“ Denn die Länder sprechen sich in ihrer Empfehlung dafür aus, eine Finanzierungsregelung zu finden, die im Gleichklang mit der in anderen Gesundheitsfachberufen steht.

Als Beispiel nennt der Bundesrat das Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG). Dort ist geregelt, dass die Ausbildungskosten für verschiedene Berufe wie Ergotherapeuten, Krankengymnasten oder Hebammen durch Zuschläge zu finanzieren seien. Das Geld stamme aus GKV-Mitteln, so Pölzing. Die PTA-Schulen sollten künftig mit Krankenhäusern Kooperationsverträge schließen. Zudem will der Bundesrat das KHG soweit ändern, „dass Kooperationsverträge zwischen Krankenhäusern und Ausbildungsstätten für die praktische Ausbildung als ausreichend erachtet werden“.

Pölzing kennt die Tücken des Finanzierungsmodells von der Physiotherapie-Ausbildung an der Völker-Schule in Osnabrück. Ihm zufolge würde auf die Schulen in diesem Fall ein „Vertragschaos“ zukommen. „Der Verwaltungsaufwand steigt extrem, wenn die Klinik den PTA-Schülern eine Vergütung zahlen soll.“ Außerdem sei völlig offen, wie beispielsweise Krankheitsausfälle verwaltet würden oder wer die Vertragspartner bei den Praktikumsabschnitten seien.

Auch die vom Bundesrat geforderte Praxisbegleitung durch Lehrkräfte der PTA-Schule in der Offizin sei zu kurz gedacht. Diese Regelung gebe es ebenfalls für angehende Physiotherapeuten. Dabei habe die Schule aber in der Regel eine Vereinbarung mit den Praxen geschlossen. Das sei in der PTA-Ausbildung aber nicht realisierbar. „PTA-Schüler sind frei in der Apothekenwahl“, sagt Pölzing. Entscheide sich eine PTA für das Praktikum beispielsweise in einem 200 Kilometer entfernt liegenden Betrieb, sei eine Begleitung entfernungsbedingt für die Lehrkraft nicht möglich. „Das würde die Schulfinanzierung erheblich steigern.“ Evaluierungsvorschriften zu integrieren hält der Schulleiter dagegen für sinnvoll.

Bezüglich des Prüfungsverfahrens spricht sich Pölzing anders als der Bundesrat dafür aus, Vornoten in die Gesamtleistung miteinfließen zu lassen. Zudem sei es unfair, die Wiederholungsmöglichkeit des Examens von zwei- auf einmal zu kürzen. „Die Abschlussprüfung ist sehr komplex und man würde hier schärfer rangehen als beim Pharmaziestudium.“

Die vom BMG geforderte neue Gewichtung der Ausbildungsinhalte begrüßt Pölzing in weiten Teilen. Es sei – anders als vom Bundesrat kritisiert – richtig, den Chemieunterricht zu kürzen. Heute stünden PTA beispielsweise modernere Analysemöglichkeiten zur Verfügung als früher. „Die Bedeutung der Chemie in der Apotheke ist zurückgegangen.“ Dass es ein eigenes Praktikum für den Bereich „Beratung und Information“ geben solle, werde vom Bundesrat zudem nicht ausreichend gewürdigt.