VZA Jahrestagung

Rüddel: Apotheker sollen impfen APOTHEKE ADHOC, 08.04.2019 10:54 Uhr

Neue Aufgaben: Auch Erwin Rüddel (CDU), Vorsitzender des Gesundheitsausschusses, will Apothekern das Impfen übertragen. Foto: Pressefoto Erwin Rüddel
Berlin - 

Nach Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich jetzt auch der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, Erwin Rüddel (CDU), dafür ausgesprochen, dass Apotheker künftig Impfungen übernehmen sollen. Technik, Digitalisierung und andere Gesundheitsberufe müssten bis heute Ärzten vorbehaltene Leistungen übernehmen, sagte Rüddel bei der Jahrestagung des Verbandes der Zytostatika herstellenden Apothekerinnen und Apotheker (VZA). Nicht nur Impfen, sondern auch andere neue Aufgaben wie Rezeptverlängerungen seien in der Apotheke möglich.

Kritisch befasste sich Rüddel mit den Krankenkassen. Alle Leistungserbringer würden immer stärker kontrolliert. „Aber wer kontrolliert die Krankenkassen?“, fragte er unter dem Beifall der VZA-Mitglieder. Der Aufmerksamkeit des Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses anempfohlen wurde die Mehrwertsteuerbefreiung der Krankenhausapotheken bei der Herstellung von Zytostatika, die eine gesetzliche Wettbewerbsverzerrung zulasten der niedergelassenen Apotheker bedeute.

Der VZA fordert klare, transparente und jederzeit nachvollziehbare Abrechnungsregelungen. Die permanenten Auseinandersetzungen über Einkaufspreise und Abschläge müssten beendet werden. VZA-Vorstandsmitglied Michael Raber präsentierte dazu das Ergebnis der Abfrage bei pharmazeutischen Unternehmen über Marktpreise in der Onkologie. Eindeutiger Tenor: Die Preisermittlungen des GKV-Spitzenverbands seien bestenfalls fiktiv nachvollziehbar und hätten keinen tatsächlichen Aussagewert. Der VZA will daher Einsicht in die Grundlagen der GKV-Berechnungen bekommen.

Wichtigstes Ziel muss es nach Ansicht von VZA-Präsident Dr. Klaus Peterseim bleiben, die flächendeckende und wohnortnahe Versorgung mit onkologischen und parenteralen Zubereitungen, die in der Apotheke hergestellt werden, zu erhalten. Nur so sei die qualitativ hochwertige Arzneimittelversorgung der Versicherten sicher und zeitnah zu gewährleisten, gerade bei temperaturempfindlichen und nur kurz haltbaren Substanzen. Der VZA setze sich daher für ein Regionalprinzip bei der Zytostatika-Versorgung durch öffentliche Apotheken ein, vergleichbar dem bei der Krankenhaus- und der Heimversorgung. Dies diene dem Ziel der Arzneimittelsicherheit. „Wir sind hochspezialisierte Apotheker, die sich ehrlich, redlich und fleißig um ihre Patienten kümmern, Tag für Tag“, sagte Peterseim.

Einen Fortschritt sieht der VZA in dem wiederhergestellten Einvernehmen mit dem Deutschen Apothekerverband (DAV), sich in die anstehenden Verhandlungen des DAV mit dem GKV-Spitzenverband über die Anlage 3 der Hilfstaxe aktiv einzubringen. Sie muss aus VZA-Sicht von Grund auf erneuert werden. Die Vorstandsmitglieder Kerstin Harder, Christiane König und Michael Raber stehen in dieser Angelegenheit zusammen mit dem Präsidium in regelmäßigem Kontakt zum DAV.

Für den VZA sind auch nach dem gerichtlichen Vergleich zwischen DAV und GKV über den Schiedsspruch zur Anlage 3 der Hilfstaxe mit der Preisvereinbarung für parenterale Zubereitungen aus Fertigarzneimitteln in der Onkologie immer noch viele Fragen offen. Manches müsse neu und besser geregelt werden, dazu zählten die erforderliche Transparenz bei den Preisabfragen der GKV und ein darauf beruhender, nachvollziehbarer Basispreis, der notwendige Handlings- und Risikozuschlag auf die Substanz und die unbedingt erforderliche Erhöhung der Dienstleistungspauschale.

Ein anderes Kapitel ist für den VZA die Kontrolle der Zytostatika herstellenden Apotheker durch die Aufsichtsbehörden nach den „Bottroper Ereignissen“. Der VZA hält Transparenzmaßnahmen prinzipiell für richtig. Regelmäßige und auch unangemeldete Kontrollen habe der Verband stets ausdrücklich befürwortet. „Für Apotheken, die sorgfältig und gewissenhaft arbeiten, ist das überhaupt kein Problem“, sagte Peterseim auf der VZA-Jahrestagung.

Allerdings darf es nach seiner Ansicht keine „unsinnigen Auflagen“ geben, die weder Transparenz noch Sicherheit bringen. Als Beispiel nannte er den verpflichtenden Einbau von Partikelzählgeräten unter der Werkbank, was nur Aufwand und Kosten, aber keinen Sicherheitsgewinn für die Patienten bedeute. Er warnte auch vor hohen zusätzlichen Kosten, die auf die Apotheken durch die behördlichen Kontrollen möglicherweise zukämen. Dass es im Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (GSAV) bei den vorgesehenen Auflagen keine Änderungen mehr geben werde, wie der Gesundheitspolktiker Erwin Rüddel auf der VZA-Jahrestagung anmerkte, wollte Peterseim nicht hinnehmen. „Wir müssen nicht ein Berufsleben lang ausbaden, was ein einzelner Hochkrimineller angerichtet hat“, so der VZA-Präsident.

Bei einer unangemeldeten Kontrolle von hundert Apotheken in Nordrhein-Westfalen seien alle Proben mikrobiologisch einwandfrei gewesen, bei einer habe die Dosis äußerst knapp daneben gelegen. „Wir können sehr selbstbewusst zu unserer Tätigkeit stehen“, so Peterseim. Jetzt Maßnahmen einzuführen, die auch im Einzelfall des kriminellen Bottroper Apothekers keinerlei Effekt gehabt hätten, das sei sinnlos. Mehraufwand ohne Sicherheitsgewinn führe zu einer Verzögerung zeitkritischer, hochintensiver Therapien und einem weiteren Mangel an Fachkräften durch demotivierende Überbürokratisierung. Für den wirksamen Schutz gegen jedwedes Fehlverhalten sei das dezentrale, patienten- und wohnortnahe Versorgungssystem von Ärzten und Apotheken unverzichtbar.

Für die Erhöhung des Arbeitspreises für Apotheken, für ein Einsichtsrecht bei der Ermittlung der Marktpreise für Substanzen durch die Krankenkassen, für die Hebung von Wirtschaftlichkeitsreserven, für Transparenz, Vereinheitlichung und Vereinfachung in der Zytostatika-Versorgung setze sich der VZA beim GSAV ein. Das von Vorstandsmitglied Christiane König erläuterte REFA-Gutachten, das auf der Erhebungsbasis von 15 repräsentativen Betrieben die Kostenstruktur einer herstellenden Apotheke exakt, real und höchsten statistischen Anforderungen genügend dokumentiert, habe einen einheitlichen Arbeitspreis für alle sterilen Rezepturen von 129 Euro als erforderlich ermittelt. Eine unterschiedliche Vergütung ist laut Frau König nicht sachgerecht angesichts des immer gleichen personellen und technischen Aufwands. Im Gesetzentwurf waren immerhin 110 Euro genannt. „Kaum hatten wir uns darüber als einen ersten Schritt in die richtige Richtung gefreut“, so Peterseim, „da war der Passus auch schon wieder draußen, aus welchen Gründen auch immer.“ Warum das passiert war, sollte Rüddel aufklären, er sah aber auch noch keine Lösung. „Man muss noch einmal darüberschauen“, sagte der CDU-Bundestagsabgeordnete aus Rheinland-Pfalz.