Hypertonie

Blutdrucksenker zur Nacht einnehmen? APOTHEKE ADHOC, 24.09.2018 09:12 Uhr

Berlin - 

Gewöhnlicherweise werden Antihypertonika morgens eingenommen, doch manchen Patienten bringt eine Einnahme vor dem Schlafengehen mehr Vorteile. Eine im „European Heart Journal” veröffentlichte prospektive Studie zeigt nun, dass eine nächtliche Hypertonie ein stärkerer Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist und damit aussagekräftiger als eine Hypertonie, die tagsüber gemessen wird.

Es ist bekannt, dass es einen Zusammenhang zwischen der Tageszeit und dem Blutdruck gibt. Der zirkadiane Rhythmus ist gekennzeichnet durch einen ersten Gipfel am frühen Morgen zwischen 8 und 9 Uhr, mittags fallen die Werte ab und spätnachmittags zwischen 16 und 18 Uhr wird ein zweiter Gipfel beobachtet. Zur Nacht sollte der Blutdruck abfallen. Diese Blutdruckveränderungen treffen auf Menschen mit normalem Blutdruck sowie bei denen mit einem primären Bluthochdruck zu.

Das Team um Professor Dr. Ramón Hermida von der Universität in Vigo (Spanien) untersuchte, ob das kardiovaskuläre Risiko am stärksten mit einer kontinuierlichen Blutdrucksenkung tagsüber oder zur Nacht sinkt. Die Wissenschaftler analysierten die Daten von 18.078 Personen mit ambulanten gemessenen, normoton bis hyperton liegenden Blutdruckwerten. Bei der Aufnahme und bei den jährlichen Besuchen während der Nachuntersuchung wurde der ambulante Blutdruck für 48 aufeinanderfolgende Stunden gemessen. Der Follow-up dauerte im Median 5,1 Jahre. Der primäre Endpunkt war definiert als Tod durch kardiovaskuläre Erkrankungen, Myokardinfarkt, koronare Revaskularisation, Herzinsuffizienz und Schlaganfall. In diesem Zeitraum kam es bei 2311 Personen zu Ereignissen, darunter 1209 Ereignisse, bei denen der primäre Endpunkt auftrat.

Den Ergebnissen zufolge war der nächtliche systolische Bluthochdruck der signifikanteste Risikofaktor für den primären Endpunkt, unabhängig vom gemessenen Blutdruck in der Praxis oder tagsüber. Die Senkung des nächtlichen Bluthochdrucks sehen die Forscher als den wichtigsten Marker für das ereignisfreie Überleben. Ihrer Ansicht nach ist das ein neuartiges therapeutisch Ziel für die Hypertonie, das eine periodisches, ambulantes Monitoring der Patienten erfordert. Denn diese Vorgehensweise sei mit einem signifikant geringeren Risiko für kardiovaskuläre Morbidität und Mortalität verbunden.

Rhythmische Abläufe in der Umwelt werden unter anderem vom kontinuierlichen Wechsel von Licht und Dunkelheit und von Aktivität und Ruhe geprägt. Aber auch Prozesse innerhalb des menschlichen Körpers unterliegen einem zyklischen Turnus. Daraus folgt, dass die Wirkung von Arzneimitteln vom Zeitpunkt der Applikation abhängig sein kann, denn dieser kann die Substanz sowohl wirkungsvoller machen, als auch zur Reduktion von Nebenwirkungen beitragen. Bisher werden Blutdrucktabletten morgens eingenommen, neue Empfehlungen gibt es in diesem Zusammenhang noch nicht.

Auch frühere Untersuchungen gaben bereits Hinweise, dass das Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall bei bestimmten Blutdruckpatienten am größten ist, wenn bei diesen nachts der Blutdruck zu hoch ist. Eine abendliche Einnahme von Antihypertonika senkte in einigen Fällen das kardiovaskuläre Risiko. Die neuen Studienergebnisse könnten dazu beitragen, dass Antihypertonika künftig patientenindividuell zur optimalen Tageszeit eingesetzt werden.

Bei Patienten, die unter einer sekundären Hypertonie leiden und deren Bluthochdruck eine Folge einer bestimmten Erkrankung oder Ursache ist, kommt es zu keiner nächtlichen Blutdruckabsenkung, was in vielen Fällen mit einer 24-Stunden-Blutdruckmessung erkannt werden kann. Langzeitmessungen sind in vielerlei Hinsicht sinnvoll, denn damit kann überprüft werden, ob der Bluthochdruck optimal eingestellt ist oder die Medikamente gegebenenfalls angepasst werden sollten.