Cholesterinsenker

Statine: Risikofaktor für Diabetes Typ 2 APOTHEKE ADHOC, 15.03.2019 14:40 Uhr

Wer mit einem Statin behandelt wird, hat ein erhöhtes Risiko für Diabetes Typ 2 um 38 Prozent – so das Ergebnis nach einem Beobachtungszeitraum von 15 Jahren. Foto: APOTHEKE ADHOC
Berlin - 

Diabetesrisiko erhöht: Der Einsatz von Statinen in der Primärprävention wird seit Längerem diskutiert. Eine aktuelle im „British Journal of Clinical Pharmacology“ veröffentlichte Studie könnte für neuen Diskussionsbedarf sorgen. Die Ergebnisse zeigen: Patienten, die mit einem Statin behandelt werden, haben eine erhöhtes Risiko, an Diabetes Typ 2 zu erkranken.

Einige Studienergebnisse legten bereits nahe, dass Statine eine diabetogene Wirkung haben können und möglicherweise die Insulinsekretion und Insulinempfindlichkeit beeinflussen. Das Forscherteam um Fariba Ahmadizar vom Department of Epidemiology des Erasmus University Medical Centre in Rotterdam hat den Zusammenhang jüngst bestätigt. Wer mit einem Statin behandelt wird, hat ein um 38 Prozent erhöhtes Risiko für Diabetes Typ 2 – so das Ergebnis nach einem Beobachtungszeitraum von 15 Jahren. Patienten mit gestörter Glucosehämostase oder Übergewicht hätten ein größeres Risiko.

Die Wissenschaftler untersuchten den Zusammenhang zwischen der Behandlung mit einem Statin und den glykämischen Eigenschaften. Dazu nutzte das Team Daten der prospektiven bevölkerungsbezogenen Rotterdam-Studie, die im Zeitraum zwischen den Jahren 1997 und 2012 erhoben wurden. In die Analyse wurden schließlich 9535 Teilnehmer, die nicht an Diabetes erkrankt und älter als 45 Jahre waren, einbezogen. Anhand einer linearen Regressionsanalyse untersuchte das Team die Zusammenhänge zwischen der Einnahme eines Statins und den glykämischen Merkmalen wie Serumkonzentration von Nüchternglucose und Nüchterninsulin sowie Insulinresistenz. Die COX-Regressionsanalyse zeigte die Hazard Ratio der Statinverwender, an Diabetes Typ 2 zu erkranken.

Zu Studienbeginn waren die Teilnehmer im Durchschnitt 64,3 ± 10,1 Jahre alt. Etwa 42 Prozent waren männlich, 62 Prozent waren übergewichtig. Die Personen wurden über einen Zeitraum von 15 Jahren beobachtet. In 716 Fällen wurde ein Diabetes Typ 2 dokumentiert. Die Teilnehmer hatten über einen Zeitraum von mehr als 365 Tagen ein Statin eingenommen. Am häufigsten wurden Simvastatin (57 Prozent), Atorvastatin (25,5 Prozent) und Pravastatin (10,3 Prozent) verordnet. Die Personen wurden in verschiedene Gruppen unterteilt – nie mit einem Statin behandelt, mit einem Statin behandelt (< 30 Tage, 31 bis 365 Tage, > 365 Tage) und derzeitiger Gebrauch.

Im Ergebnis kamen die Forscher zu dem Schluss, dass Personen, die mit Statinen behandelt werden, möglicherweise ein erhöhtes Risiko für Hyperglykämien, Insulinresistenz oder auch Diabetes Typ 2 haben. Eine regelmäßige Blutzuckerkontrolle und eine Gewichtsreduzierung ab Beginn der Statinbehandlung könnten jedoch dazu beitragen, das Diabetes-Risiko zu senken.

Statine gehören zu den Hemmern der HMG-CoA-Reduktase, dieses Enzym spielt eine Rolle in der Cholesterinneusynthese. Es unterdrückt die Bildung des Cholesterins, dies wird mit einer verstärkten Aufnahme aus dem Blutplasma kompensiert. Die Arzneimittel sind bei Hypercholesterinämie und zur Vorbeugung kardiovaskulärer Ereignisse indiziert. Eine Empfehlung zur Primärprävention für sonst Gesunde wird ausgesprochen, wenn die Betroffenen bestimmte Risikofaktoren aufweisen. Zum Einsatz kommen beispielsweise Simvastatin, Atorvastatin, Lovastatin, Fluvastatin und Pravastatin. Die Therapie mit Statinen bewirkt eine deutliche Reduktion an Herzinfarkten und Todesfällen.

Den Arzneistoffen werden auch pleiotrope Effekte zugeschrieben, also die gleichzeitige günstige Beeinflussung weiterer Parameter abgesehen von der bloßen Cholesterinsenkung. Experten diskutieren hier die Verbesserung der Funktion und des Schutzes des Gefäßendothels sowie antioxidative und antientzündliche Effekte. Daten zu klinisch relevanten Unterschieden hinsichtlich des Ausmaßes pleiotroper Effekte zwischen den verschiedenen Statinen liegen nicht vor. Statine senken den Spiegel des „bösen“ Cholesterins im Blut, kurz LDL (Low-densitity Lipoprotein). LDL ist hauptverantwortlich für die meisten Cholesterin-bedingten Schäden des Körpers. Eine cholesterinreduzierte Diät erhöht die Effektivität der Senkung des Cholesterinspiegels.

Unter der Therapie mit Statinen können häufig Myalgien (Muskelschmerzen) und Myopathien (entzündliche oder degenerative Muskelerkrankungen) auftreten. Selten kann es zu einer Rhabdomyolyse führen. Dieser Begriff bezeichnet einen Muskelzelluntergang in der Skelett- und Herzmuskulatur. Mögliche Folgen sind akutes Nierenversagen. Das Risiko ist dabei dosisabhängig. Weitere Nebenwirkungen sind Kopfschmerzen, gastrointestinale Beschwerden, Exantheme sowie Schlafstörungen. Bei Patienten mit Risikofaktoren für eine Rhabdomyolyse, Lebererkrankungen und erhöhten Serum-Transaminasewerten sind Statine kontraindiziert.