Kommentar

DocMorris: Bilanz ohne Zahlen Patrick Hollstein, 17.07.2007 12:01 Uhr

Berlin - 

Mit Speck fängt man Mäuse. Mit Neuigkeiten fängt man Medien. Zumindest letzteres fällt DocMorris-Chef Ralf Däinghaus in letzter Zeit zunehmend schwerer. Unvergessen sind die Zeiten, in denen der umtriebige Startup-Unternehmer die gesamte deutsche Presse mit seiner Apotheken-Schelte zu begeistern vermochte. Unvergessen sind jene Momente, als der saarländische Justiz-, Gesundheits- und Sozialminister Josef Hecken an seiner Seite siegesgewiss über EU-Recht fabulierte. Und unvergessen sind jene Tage, an denen Nachrichtenagenturen und Lokalblätter über jede Neueröffnung einer DocMorris-Partnerapotheke berichteten.

Heute ist Däinghaus nicht mehr der Rebell, der er einst vielleicht einmal war und immer noch zu sein vorgibt. Egal, ob Däinghaus sich als gleichberechtigter Partner des „Zusammenschlusses DocMorris/Celesio“ sieht - längst haben seine neuen Stuttgarter Vorgesetzten die Zahlenhoheit komplett an sich genommen. Däinghaus darf weiterhin den Rebell geben; konkrete Fakten aus dem von ihm geleiteten Unternehmen muss er allerdings schuldig bleiben.

Entsprechend blutleer fällt auch die gerade veröffentlichte vermeintliche Halbjahresbilanz der Franchise-Tochter DocMorris Retail aus: Die über 40 Partner-Apotheken hätten ihre Kundenanzahl mehr als verdoppelt, verzeichnen angeblich zweistellige Steigerungsraten bei der Zahl der Rezepte sowie den Umsätzen und bauen ihr Geschäft mit verschreibungsfreien Medikamenten erheblich aus, seitdem sie Partner von DocMorris geworden sind.

Konkrete Informationen sucht man vergeblich im Halbjahresresümee, das Schwung in Berichterstattung und Akquise bringen soll. Stattdessen erfährt man, dass DocMorris-Apotheker zwischen 32 und 63 Jahre alt sind, kleine Apotheken mit drei Mitarbeitern oder große Apotheken mit über 25 Angestellten betreiben. Nützlich sind diese Informationen kaum, doch sie zeigen, auf welch wackeligen Beinen das Franchisekonzept nach wie vor steht.

Däinghaus' Ehrgeiz wird derzeit von seinem neuen Arbeitgeber anderweitig befriedigt: So schwärmte der DocMorris-Chef unlängst von all den Vorteilen, die die Assimilation durch den Konzern mit sich gebracht hätte: Nie zuvor habe er soviel über die europäischen Apothekenmäkte gelernt wie auf seinen derzeitigen Geschäftsreisen durch die Celesio-Filialen. Und jederzeit könne er einfach so zum Telefonhörer greifen und seine neuen Kollegen zwischen Nordkap und Schwarzem Meer um Rat fragen. Auch wenn Däinghaus weiter von der internationalen Expansion DocMorris' träumen mag - seine Eigenständigkeit und seinen Mythos als Macher hat er endgültig verkauft.