RKI-Bericht

HIV: Weniger Menschen neu infiziert

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Berlin -

Nach längerer Stagnation haben sich im Vorjahr in Deutschland etwas weniger Menschen mit dem Aidserreger HIV angesteckt. Die Zahl der Neuinfektionen im Jahr 2017 werde auf etwa 2700 geschätzt, berichtet das Robert Koch-Institut (RKI) in einem nun veröffentlichten Report. Für die Vorjahre 2014 bis 2016 werden nach der aktuellen Modellrechnung jeweils 2900 Neuinfektionen angenommen. Diese Zahlen werden jährlich neu errechnet, da HIV in vielen Fällen erst Jahre nach der Ansteckung diagnostiziert wird.

„Dank der erfolgreichen Präventionsarbeit und der guten Behandlungsmöglichkeiten gehört Deutschland bereits zu den Ländern mit den niedrigsten HIV-Neuinfektionsraten in Europa“, erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Er kündigte an, dass man die Zahl der Neuinfektionen weiter senken wolle und verwies zum Beispiel auf die inzwischen frei verkäuflichen HIV-Selbsttests.

Das Institut sieht im Ausbau von Testangeboten für bestimmte Zielgruppen einen Grund für den Rückgang. Insbesondere geht es dabei um homo- und bisexuelle Männer, bei denen sich die Zahl der Neuinfektionen von 2300 im Jahr 2013 auf 1700 im Vorjahr reduzierte. Die Testbereitschaft in dieser Gruppe sei „wahrscheinlich“ auch deshalb gestiegen, weil Nutzer von Dating-Apps in Profilen zunehmend Angaben zum HIV-Status und dem letzten Test-Datum machten, heißt es.

Daneben zeige auch ein früherer Behandlungsbeginn bei HIV-positiven Menschen in Deutschland Erfolge, so das RKI. 92 Prozent der Betroffenen waren dem Bericht zufolge im Vorjahr in Behandlung. Wie die Deutsche Aids-Hilfe erklärte, beginnt man die Therapie seit 2015 sofort nach der Diagnose, früher sei das erst in etwas späteren Stadien der Fall gewesen. Der Rückgang der Zahlen sei „wegweisend“.

Insgesamt lebten laut RKI Ende 2017 rund 86 000 Menschen im Land mit HIV. Trotz der rückläufigen Gesamtentwicklung gibt es teils auch andere Trends. So wuchs die angenommene Zahl der Infizierten in Deutschland, die selbst noch nichts von der Diagnose wissen, in den Vorjahren leicht an: von etwa 10.800 Ende 2011 auf geschätzt 11.400 Ende 2017. Rückläufig ist sie jedoch bei homo- und bisexuellen Männern.

Bei Heterosexuellen wird in den vergangenen Jahren ein langsamer Anstieg der Neuinfektionen gesehen. Ihnen fehlt es laut RKI oft an einem Bewusstsein für ein HIV-Risiko. Dadurch ließen sich die Menschen seltener testen. Bei Frauen werde die Mehrheit der HIV-Diagnosen erst beim routinemäßigen Schwangeren-Screening gestellt.

Zudem gibt es geschätzt 6000 Menschen hierzulande, die zwar diagnostiziert wurden, aber noch nicht behandelt werden. Das können etwa Menschen ohne Papiere oder ohne Krankenversicherung sein.

Medikamente zur Vorbeugung einer HIV-Infektion nehmen dem Bericht zufolge wohl bereits mehrere Tausend Menschen. Die sogenannte Prä-Expositionsprophylaxe (PrEP) ist in der EU seit 2016 zugelassen und in Deutschland seit Herbst 2017 zu erschwinglicheren Preisen erhältlich. Sie spielt aber nach RKI-Einschätzung bei der Entwicklung der Zahlen bis Ende 2017 „noch keine maßgebliche Rolle“. Das sieht die Deutsche Aids-Hilfe anders: Die zunehmende Verbreitung habe „vermutlich bereits Einfluss genommen“, erklärte die Organisation.

HIV wird meistens beim Sex übertragen. Unbehandelt führt eine Infektion zu einer zunehmenden Schädigung des körpereigenen Abwehrsystems und darauf folgend auch oft zum Tod. Mit Medikamenten lässt sich die Entwicklung der Immunschwächekrankheit Aids heute aber aufhalten. Bei erfolgreicher Therapie kann die Viruslast im Körper von HIV-positiven Menschen so weit absinken, dass laut RKI „keine Übertragungen mehr“ beobachtet würden.

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