Notdienst

Die Notdienst-Odyssee von Anne H.

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Berlin -

An Wochenende aber auch an den Feiertagen kann ein medizinischer Notfall zu einer Geduldsprobe für die Betroffenen werden. Umso ärgerlicher ist es, wenn man von Pontius zu Pilatus rennt, um angemessen versorgt zu werden. Die Laupheimerin Anne H. musste eine solche Notdienst-Odyssee durchmachen. Ihr Fazit: Die Organisation der medizinischen Notfallversorgung sei zu bürokratisch und unlogisch und der Patient einmal mehr „der Volldepp“.

Alles fing an Karfreitag mit einem Zeckenbiss an. Laut einem Bericht der Schwäbischen Zeitung entdeckte Anne H. das Tierchen, nachdem sie von der Gartenarbeit heimgekehrte. Ihr Ehemann versuchte, die Zecke zu entfernen. Doch es blieb ein schwarzer Punkt zurück, um den herum sich ein roter Kreis bildete. Als die Rötung auch am nächsten Tag nicht verschwunden ist, machte sich die 68-Jährige Sorgen.

Sie setzte sich ins Auto und fuhr in die Notaufnahme der Laupheimer Sana-Klinik. Dort wurden die Reste der Zecke entfernt und die Bissstelle versorgt. Außerdem empfahl der behandelnde Arzt der Frau, vorbeugend ein Antibiotikum zu nehmen. Soweit, so gut. Doch dann erklärte der Mediziner der verblüfften Patientin, dass er für das Antibiotikum kein Rezept ausstellen könne. Dafür müsse sie die Notfallpraxis der Hausärzte aufsuchen.

Diese befindet sich allerdings in mehr als 22 Kilometer Entfernung in Biberach im Gebäude der Sana-Klinik. Da es jedoch Karsamstag ist und bis zur nächsten regulären Öffnung ihres Hausarztes noch mehr als zwei Tage vergehen würden, beschloss die Frau den Weg trotzdem auf sich zu nehmen. Dort angekommen bekam sie, schreibt die Regionalzeitung, auch recht zügig ihr Rezept.

Nun brauchte die Laupheimerin aber eine Apotheke und stellte fest: Sie hat für eine Apotheke mit Notdienst die Wahl zwischen Ochsenhausen und Schwendi. Spätestens da wächst der Ärger, denn das bedeutet noch einmal 23 Kilometer Fahrt von Biberach aus – und dann zurück nach Laupheim auch noch einmal zwölf.

Etliche Stunden und rund 60 Kilometer Fahrt später war Anne H. nur noch sauer: „So weite Wege für ein Medikament! So beweglich wie ich ist doch nicht jeder. Wie kommen Bedürftige denn zu einer Versorgung“, wird sie im Bericht zitiert. Sie fragt sich, ob denn nicht die Ärzte in der Laupheimer Ambulanz ebenso gut ein Medikament per Rezept verschreiben und den Weg für Patienten so abkürzen könnten.

Eine Sprecherin der Sana-Klinik verneinte dies auf Anfrage der Zeitung. Die Ärzte der Klinik dürften keine Rezepte ausstellen. „Zum Ausstellen eines Rezeptes wurde die Patientin daher richtigerweise an den Hausarzt beziehungsweise die Notfallpraxis der Kassenärztlichen Vereinigung verwiesen. Bereits die Entfernung der Zecke wäre streng genommen in deren Zuständigkeitsbereich gefallen“, erläuterte sie.

Anna H. reagierte im Bericht dennoch empört: „Bei dieser Regelung fällt der Patient doch wieder einmal hinten runter“, meint sie. Was ist denn, so fragt sie sich, mit Menschen, die kein Auto haben? Müssten die mit dem Taxi durch den Kreis fahren, um ein Rezept und dann noch ein Medikament zu erhalten? Wobei sie auch auf die Praxis der Apotheker-Notdienste anspielt. Denn als Laupheimer bis Schwendi fahren zu müssen, sei immobilen Menschen auch nicht zuzumuten. Warum denn, so die 68-Jährige, könnten die Laupheimer Apotheken keinen Notdienst unter sich organisieren?

So war es einmal, räumte Andreas Buck, Inhaber der Neuen Apotheke in Laupheim und Vorstandsmitglied im Landesapothekerverband, ein. Früher mussten Laupheimer Apotheker alle fünf Tage einen 24-Stunden-Notdienst schieben. Seitdem der Kreis der Notdienst-Apotheken erweitert wurde, wechseln sich elf Apotheken aus der Region ab, erläuterte er. Für Apotheker bedeute dies eine Entlastung. Aber auch Kunden hätten sich bislang nicht beschwert. Doch weder die Argumentation der Ärzte noch der Apotheker konnte Anne H. wirklich überzeugen. Sie bezeichnete die bestehenden Regelungen als patientenunfreundlich. „Das Prinzip ist zu bürokratisch und unlogisch“, echauffierte sie sich weiter. Der Patient sei dabei wieder der Volldepp.

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