Großhandelskonditionen

Das stumme Oligopol

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Berlin -

Der hohe Konzentrationsgrad im Pharmagroßhandel wurde schon 1990 vom Bundeskartellamt als Problem erkannt: Die „oligopolistische Reaktionsverbundenheit“ könne „spontane Verhaltenskoordinierung erleichtern“ und den Nachweis illegaler Absprachen erschweren, hieß es damals. Die Wettbewerbshüter hatten gerade ein Bußgeld von knapp 38 Millionen DM gegen 13 Großhändler verhängt. Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein, dass das Synchronschwimmen der Branche die Behörde auf den Plan gerufen hat.

Das Kartellamt konnte damals belegen, dass sich rund ein Dutzend Unternehmen im Dezember 1986 auf einen „grundsätzlichen Akquisitionsstop“ verständigt hatten – „zum Zwecke einer fortlaufenden Senkung der den Apotheken eingeräumten Rabatte“. In den folgenden Jahren hätten die Niederlassungsleiter dann „konkrete Rabattabsprachen“ getroffen, Abwerbungen unterlassen und den Wettbewerb durch einen Kundenausgleich und weitere Maßnahmen weiter beschränkt.

Vor knapp acht Jahren musste das Kartellamt erneut einschreiten: Wegen kartellrechtswidriger Absprachen mussten die Anzag (heute Alliance), die Sanacorp, Phoenix und Gehe sowie fünf Einzelpersonen zusammen knapp 2,2 Millionen Euro Strafe zahlen. Die Großhändler hatten laut Kartellamt illegale Absprachen zu ihren Marktanteilen getroffen.

Hintergrund war die damalige „Vorwärtsstrategie“ der Anzag. Die Frankfurter hatten im Jahr 2003 eine „Rabattschlacht“ angezettelt, um der Konkurrenz Kunden abzujagen. Nachdem Dr. Thomas Trümper bei dem Frankfurter Großhändler das Ruder übernommen hatte, wurde dieser Kurs verlassen.

Parallel dazu wurde laut Kartellamt mit den drei anderen Großhändlern vereinbart, die von der Anzag gewonnenen Marktanteile an die Konkurrenz zurückzuführen. Dazu wurden auf regionaler Basis „Saldenlisten“ ausgetauscht – die Neukunden sollten gezielt wieder vergrault werden.

„Auf diese Weise sollten die Marktruhe wiederhergestellt, der Rabattwettbewerb beendet und die Marktanteile auf den Stand vor der Zeit der 'Vorwärtsstrategie' gebracht werden“, resümierte das Kartellamt 2006.

Der damalige Kartellamtspräsident Ulf Böge sprach von einem „Quotenkartell an der Grenze zu einem Preiskartell, der schärfsten Form der Wettbewerbsbeschränkung“. Die auf Führungsebene initiierte Kartellabsprache sei nur wegen der damals geltenden Rechtslage vergleichsweise gering bestraft worden, sagte Böge.

Schon 1990 befürchtete das Kartellamt als Folge zahlreicher Übernahmen, dass der Markt auf Großhandelsseite anfälliger für Absprachen werde. Weitere Zusammenschlüsse könnten zu marktbeherrschenden Stellungen führen und müssten daher untersagt werden, hieß es damals.

Doch während die Sanacorp Jahre später tatsächlich bei der Anzag scheitern sollte, konnte mit Phoenix ein neuer Riese entstehen. Selbst bei den Auflagen zu Hageda-Stumpf nahmen es die Wettbewerbshüter nicht so genau.

Auch andere Zusammenschlüsse wie die Übernahme von von der Linde durch die Sanacorp wurden nicht beanstandet.

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