Brauchtum

PTA als Karnevalsprinzessin

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Berlin -

In dieser kurzen, aber intensiven Karnevalssession wird PTA Claudia Gronewold ihre Apotheke nicht gar so häufig zu Gesicht bekommen. Für sie hat sich ein Traum erfüllt: Gemeinsam mit ihrem Mann Focko stellt sie das Prinzenpaar in der jecken Hochburg Windhagen.

Schöner kann eine närrische Geschichte kaum beginnen: An Weiberfastnacht 1987 begegnen sich Claudia und Focko in Bonn und heiraten noch im selben Jahr. Die gebürtige Rheinländerin aus Andernach arbeitete bereits vier Jahre als PTA, der Ostfriese als Programmierer im Bundesfinanzministerium. „Vor 23 Jahren zogen wir nach Windhagen und bauten dort ein Haus“, erzählt Claudia Gronewold. Sie fing in der Brunnen-Apotheke an, der einzigen Apotheke am Ort.

Die fünfte Jahreszeit wird in dem im Norden von Rheinland-Pfalz an der Grenze zu Nordrhein-Westfalen gelegenen 4500-Seelen-Ort ganz groß geschrieben. Stattliche 380 Mitglieder zählt die Karnevalsgesellschaft Wenter Klaavbröder. Seit 2007 ist Focko Gronewold Mitglied im Elferrat, damit wurde Claudia automatisch zur Elferratsfrau. „Mein Mann betreut die Kasse, wir Frauen helfen beim Auf- und Abbau und schmieren die Brote.“

Zu jeder neuen Session wird auch in Windhagen (im Volksmund „Wenten“ genannt) ein neues Prinzenpaar gekürt. „Wir wurden schon mehrere Jahre gehandelt“, erzählt Claudia Gronewold. Ende vergangenen Jahres schließlich sprach der Vorstand die Gronewolds an, ob sie sich vorstellen könnten, diesmal die jecken Untertanen anzuführen. Lange brauchten die beiden da nicht zu überlegen. Doch galt es danach, über Monate hinweg Stillschweigen zu bewahren. Das neue Prinzenpaar wird traditionell erst bei seiner Proklamation der Wentener Öffentlichkeit präsentiert.

Anders als in anderen närrischen Metropolen denken sich die Monarchen auch das Sessionsmotto aus. An einem der seltenen ruhigen Abende daheim ersannen die Gronewolds einen Vierzeiler, der für sie perfekt zu den unruhigen, nicht immer migrantenfreundlichen Zeiten passt: „Man hört es hier und überall, Wenten feiert wieder Karneval. Drum feiert mit uns, ihr lieben Leut‘ mit Toleranz, Frohsinn und Spaß an der Freud.“

Bei ihrem Einzug in den Festsaal bekamen die Gronewolds nach Bekenntnis der Prinzessin vor lauter Adrenalin gar nicht so recht den Applaus ihrer neuen Untertanen mit. „Doch wie uns später erzählt wurde, sind die Rückmeldungen auf uns bislang sehr positiv.“ Die Resonanz ist nicht nur fürs eigene Selbstbewusstsein wichtig: „Je beliebter das Prinzenpaar ist, umso besser läuft die Session und umso mehr Karten werden für die einzelnen Veranstaltungen verkauft.“

Das Programm der Wentener Monarchen mag zwar nicht mit dem Pensum des Kölner Dreigestirns oder des Düsseldorfer Prinzenpaares vergleichbar sein. Gut gefüllt ist der Kalender gleichwohl. „Die Session ist kurz, am 14. Februar ist schon Aschermittwoch“, berichtet Gronewold. „Bis dahin haben wir etwa 30 Termine. Alle Freitage, Samstage und Sonntage sind belegt, teilweise mehrfach.“ Auch an manchen Montagen und Mittwochen gebe es schon Verpflichtungen.

Das Paar ist in der gesamten Verbandsgemeinde Asbach unterwegs, zu der neben Windhagen auch die Orte Asbach, Buchholz (Westerwald) und Neustadt (Wied) gehören. „Zum Teil sitzen wir bei kompletten Sitzungen im Publikum, das dauert dann jeweils fünf bis sechs Stunden. Manchmal marschieren wir aber auch nur kurz bei Veranstaltungen mit ein und nehmen einen Orden in Empfang.“

Insgesamt gebe es in der Region elf Karnevalsvereine, die sich untereinander besuchten. „Gerade erst haben wir die anderen Prinzenpaare auf einem gemeinsamen Treffen kennengelernt.“ Der Höhepunkt der Session ist der Karnevalsumzug im nahe gelegenen Vettelschoß, zu dem sich alle Vereine aus der Gegend treffen. Da die Ortsgemeinde keinen eigenen Prinzen hat, darf sie sich das Paar aus Windhagen dann ausleihen.

Die Klaavbröder stellen für ihre närrischen VIPS einen perfekten Rundumservice. „Wir werden zu jedem Termin abgeholt und wieder nach Hause gefahren“, erzählt die Prinzessin. „Dazu bekommen wir genaue Angaben, wann wir wofür fertig sein müssen.“ Auch ihr Kleid und das Ornat ihres Mannes wird vom Verein gestellt. „Auf einem kleinen Dorf wie Windhagen wäre es sonst schwer, jedes Jahr ein neues Prinzenpaar zu finden. Einen kleinen Geldbeitrag steuern aber auch wir bei.“

Auch die Kinder sind mit Feuereifer dabei. Drei ihrer vier schon erwachsenen Sprösslinge tanzen beim TC Blau-Weiß Windhagen. „Wenn mal wieder Not am Manne ist, heißt es oft, da sind wieder die Gronewolds, die kann man fragen. Selbst meine eine Tochter, die nicht so viel mit Karneval am Hut hat, hilft bei den Vereinsveranstaltungen mit.“

Die Vier kommen mit der Abwesenheit ihrer Eltern gut klar, sind sie doch selbst mit den Auftritten ihrer Formation voll und ganz beschäftigt. „Unser Haus ist dann der reinste Taubenschlag, bis zu acht Tänzer machen sich dann bei uns fertig“, so Gronewold.

Helga Ulama vermisst ihre PTA dafür umso mehr. „Die Brunnen-Apotheke ist klein, außer der Chefin gibt es vier weitere Mitarbeiterinnen in Teilzeit“, sagt Gronewold. „Da wird es schon ein bisschen schwierig, Frau Ulama hat schon im Spaß gesagt, dass alle jetzt Urlaubssperre bekommen“, erzählt Gronewold. „Aber meine Chefin hält mir den Rücken frei. Sie feiert selbst gerne Karneval und freut sich, dass sie nun eine Prinzessin im Team hat.“

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