Notstand im Emsland

25.000 Euro Starthilfe für Apotheker

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Berlin -

Die Gemeinde Börger im Emsland macht 25.000 Euro locker, um einen Apotheker für die seit August verwaiste Hümmling-Apotheke zu finden. Die bestehende Rezeptsammelstelle ist eine hübsche Idee. Aber bestenfalls eine Notlösung. Die Bürger von Börger wollen nicht ohne Apotheke sein.

Geht nicht, gibt‘s nicht, scheint in dieser 2800-Einwohnergemeinde Niedersachsens die Devise zu sein. Gemeindedirektor Johannes Müller (SPD) hat ein klares Ziel vor Augen: „Die Rezeptsammelstelle kann aus unserer Sicht nur eine Interimslösung sein. Die Bürger können es nicht nachvollziehen, warum es keine Apotheke gibt.“ Er ist zuversichtlich, dass Börger eine wirtschaftlich lohnenswerte Destination ist: „Wir haben hier zwei Hausärzte, zwei Zahnärzte und eine Altenpflegeeinrichtung.“ Die nächstgelegene Apotheke befindet sich neun Kilometer entfernt in Sögel.

Natürlich kennt Müller die Probleme einer Landapotheke und die Sorgen der Branche. Partiell unbefriedigende Umsatzzahlen, die Bedrohung durch den Online-Handel, die Vorliebe junger Pharmazeuten für die Großstadt. Über ein Jahr lang suchte der bisherige Apotheker erfolglos nach einem Nachfolger. Dann schloss er sein seit Jahrzehnten bestehendes Unternehmen. Die weißen Rollläden der Hümmling-Apotheke sind derzeit heruntergelassen, die Geschäftsräume geschlossen.

Die Hümmling-Apotheke könnte sofort wiedereröffnen, aber niemand mochte sie bisher wachküssen. Deshalb kam man im Gemeinderat auf die Idee mit den 25.000 Euro Starthilfe: „Das ist als Bonbon zu verstehen“, sagt Müller.

Der Antrag wird Ende der Woche im Gemeinderat besprochen und aller Wahrscheinlichkeit nach beschlossen werden. „Alle Fraktionen sind dafür.“ Wer sich als Apotheker auf den 25.000-Euro-Deal einlässt, garantiert im Gegenzug, dass er die Apotheke mindestens fünf Jahre betreiben wird.

Für das Betreiben des Rezeptbriefkastens an der geschlosssenen Apotheke haben sich drei Apotheken beworben. Derzeit gibt es in Abstimmung mit der Landesapothekerkammer eine Regelung, wonach im Vier-Monats-Turnus gewechselt wird. Die Rezeptsammelstelle wird zwei Mal am Tag geleert, die Kunden bekommen die Arzneimittel innerhalb von 24 Stunden geliefert.

Nach der Schließung der Hümmling-Apotheke startete in der Gemeindeverwaltung sofort die Suche nach einer Lösung des Problems. „Wir haben umgehend alle umliegenden Apotheken angeschrieben mit der Bitte, zu prüfen, ob jemand die Apotheke übernehmen möchte.“ Zehn Apotheken wurden in den vergangenen vier Wochen angeschrieben, drei haben sich bislang zurück gemeldet. „Die Gespräche laufen noch, es ist nicht ausgeschlossen, dass sich jemand findet“, sagt Müller optimistisch.

Skeptisch seien potenzielle Bewerber, was Umsatzprogosen und Online-Konkurrenz beträfe. In dem Gemeindedirektor hätten sie jedenfalls einen treuen Kunden: „Ich habe noch nie Arzneimittel online bestellt.“

Was einen Apotheker in Börger erwartet, beschreibt der Gemeindedirektor so: „Wir haben eine gute Infrastruktur, eine Kinderkrippe, Kindergarten, Grundschule und eine Realschule. In Sögel gibt es ein Gymnasium. Börger hat ein sehr schönes Umfeld mit viel Wald. Zudem haben wir zwei Supermärkte und bieten günstiges Bauland an. Eine Wohnung wäre kurzfristig vermittelbar.“ Wer Landleben mag, ist hier richtig, es gibt gleich vier Naturschutzgebiete, einen Segelflugplatz und viel Ruhe. „Interessenten können sich gern mit uns in Verbindung setzen, wir vermitteln.“

In Niedersachsen gibt es derzeit 110 Rezeptsammelstellen, die Zahl der Apotheken ist seit 2009 um mehr als sieben Prozent gesunken und befindet sich derzeit auf dem niedrigsten Stand seit 28 Jahren. Auch in Lorup, einem Nachbarort von Börger, gibt es ähnliche Probleme. Der Betreiber der Laurentius-Apotheke möchte in Rente gehen. Er sucht einen Nachfolger und findet keinen. Noch hat Lorup keine Rezeptsammelstelle. Aber die Zeit läuft.

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