Dispensierrecht

Freie Ärzte attackieren Apotheker

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Berlin -

Die Apotheken wollen tiefer in die Patientenberatung einsteigen und Sprechstunden etwa zur Rauchentwöhnung, Ernährungs- und Impfberatung anbieten. Diese Forderung hatte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt anlässlich des Tages der Apotheke am 7. Juni erneuert. Darüber kann sich die Freie Ärzteschaft (FÄ) aber nur wundern. „Präventionsberatung, wie Ärzte und andere dafür qualifizierte Berufsgruppen sie durchführen, ist etwas anderes als die Beratung zu Medikamenten in den Apotheken“, kommentierte Vereinschef Wieland Dietrich.

Mit solchen Sprechstunden könnten Interessenkonflikte entstehen, da eines der Hauptgeschäfte von Apotheken der Verkauf von Pflegeprodukten, freiverkäuflichen Arzneimitteln und Lifestyle-Präparaten sei. „Die Beratungsleistung des Apothekers wird bereits durch den Gewinn am Verkauf dieser Produkte honoriert“, erläutert der FÄ-Chef weiter. „Erstaunlich an dem Vorstoß des ABDA-Präsidenten Friedemann Schmidt ist zudem, dass er sich hier in die Tätigkeit von Haus- und Fachärzten einmischen will, während die meisten Apotheker vor Ort mit ganz anderen Problemen wie dem zunehmenden Onlineverkauf von Medikamenten kämpfen und bei derlei Vorschlägen dankend abwinken.“

Dietrich betont weiterhin, dass Gespräche beim Haus- und Facharzt im geschützten Raum stattfinden und nicht an einem Verkaufstresen. „Das geschützte Gespräch ist ein hohes Gut, in dem sich das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient festigt – dadurch und durch die Kenntnis des gesamten Patienten wird eine fachlich fundierte Beratung erst möglich.“

Auch die Forderung der ABDA nach einer Vergütung solcher Apotheken-Sprechstunden durch die Krankenkassen stößt auf Unverständnis. Dietrich: „Die Apotheker lehnen sich hier weit aus dem Fenster. Wollen sie die gute Koexistenz mit den Ärzten aufkündigen? Dann könnten Ärzte umgekehrt fordern, in ihren Praxen auch Medikamente abzugeben und zu verkaufen – was beispielsweise in der Schweiz sogar gut funktioniert und den Patienten den Weg in die Apotheke erspart.“

Zum Tag der Apotheke hatte die ABDA eine Umfrage in Auftrag gegeben. Diese ergab, dass sich Mehrheit der Deutschen zwar fit fühlt. Allerdings kümmern sich nur 17 Prozent um Krankheitsvorbeugung und nehmen an Präventionskursen teil. Aus der anhaltend niedrigen Präventionsquote leitete Schmidt die politische Forderung ab, dass Apotheken gegen Honorierung stärker Präventionsleistungen anbieten sollten.

„Insgesamt haben wir ein großes Gesundheitsbewusstsein in Deutschland. Aber wir verzeichnen keine dynamischen Verbesserungen. Ich glaube, wir könnten das ändern, wenn wir das Potenzial der Apotheken in der Vorsorge stärker nutzen würden. Sie sind flächendeckend vor Ort und haben jedes Jahr über eine Milliarde niedrigschwellige Patientenkontakte. Damit lässt sich gute Aufklärungsarbeit leisten.“ Die Umfrageergebnisse unterstrichen das.

Schmidt: „Wir können mehr tun, wenn die Rahmenbedingungen für Präventionsleistungen der Apotheken besser werden. Erstens brauchen wir eine saubere Rechtsgrundlage für Dienstleistungsverträge zwischen Apotheken und Krankenkassen im SGB V. Zweitens gehören Apotheken als Leistungserbringer in den ‚Leitfaden Prävention‘ der Krankenkassen. Und drittens muss die Vergütung von Präventionsleistungen geregelt werden.“ Besonders geeignet seien die Apotheken mit über einer Milliarde Kundenkontakten im Jahr für die Bereiche individuelle Raucherentwöhnung, Ernährungsberatung und Prüfung und Kontrolle des Impfstatus. In jeder zehnten Apotheke arbeite ein qualifizierter Ernährungsberater. Für Raucherentwöhnung und Impfen sei jeder Apotheker mit seiner Ausbildung qualifiziert. Allerdings wurden die Apotheker im 2015 verabschiedeten Präventionsgesetz nicht berücksichtigt.

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