Interview Bernhard Seidenath (CSU)

„Wir wollen die Apotheker nicht zum Jagen tragen.“

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Berlin -

Die CSU würde gerne weiter für ein Rx-Versandverbot kämpfen. Aber ohne die Apotheker an ihrer Seite macht das Ganze wenig Sinn, beklagt Bernhard Seidenath (CSU). Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im bayerischen Landtag und gesundheitspolitischer Sprecher seiner Fraktion erklärt im Interview mit APOTHEKE ADHOC, warum Spahns Apothekenstärkungsgesetz aus seiner Sicht keine gute Alternative zum Rx-Versandverbot ist.

ADHOC: Die CSU hat die Apotheker 2017 um Spenden gebeten und versprochen, sich für das Rx-Versandverbot einzusetzen. Was ist daraus geworden?
SEIDENATH: Die CSU hat sich immer für das Rx-Versandverbot eingesetzt. Wir haben mehrere Wahlkämpfe damit geführt, sowohl zur Bundestagswahl, als auch bei der Landtagswahl in Bayern. Und letztlich steht die Forderung auch im Koalitionsvertrag mit der SPD. Aber es nützt nichts, wenn wir uns für die Apotheken aufreiben und die eigene Standesvertretung sagt: Nee, lasst mal.

ADHOC: Gibt Ihnen die ABDA das Gefühl, am Ziel zu sein?
SEIDENATH: Als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn seinen Entwurf vorgelegt hat, habe ich aus der Apothekerschaft zumindest das Signal bekommen: Was da auf dem Tisch liegt, ist ganz gut. Und dann melden sich Apotheker von der Basis bei mir und sagen: ‚Oh Gott, die Welt geht unter.‘ Die kann ich aber nur an ihre eigenen Leute verweisen.

ADHOC: Sie setzen sich nicht mehr für ein Rx-Versandverbot ein?
SEIDENATH: Ich kann doch nicht gegen die Haltung der verfassten Apothekerschaft, aber in deren Interesse einen Krieg gegen Jens Spahn vom Zaun brechen. Das ist ein Punkt, an dem die Politik nicht mehr viel machen kann. Für uns ist und bleibt das Rx-Versandverbot aber weiterhin die Premiumlösung.

ADHOC: Bayern fühlt sich machtlos – das ist selten.
SEIDENATH: Das einzige, was wir von Bayern aus machen könnten, ist aus allen Rohren schießen, im Bundesrat und mit unserer Landesgruppe im Bundestag. Aber wenn die Apotheker nicht jagen wollen, können wir sie nicht zwingen. Wir wollen die Apotheker nicht zum Jagen tragen.

ADHOC: Wie haben Sie denn die Standesvertreter in Bayern in den Gesprächen erlebt?
SEIDENATH: Nachdem der Entwurf für das Apothekenstärkungsgesetz auf dem Tisch lag, haben wir uns natürlich wieder ausgetauscht. Man hat schon gemerkt, dass Herr Dr. Hubmann und Herr Benkert mit sich gerungen haben, ob sie den Spatz in der Hand behalten wollen, oder weiter nach der Taube auf dem Dach schielen. Aber wenn dann am Ende die Apotheker selbst sagen: ‚Das passt schon!‘, dann ist es für uns schwierig.

ADHOC: Wie bewerten Sie denn Spahns Paket?
SEIDENATH: Aus meiner Sicht steht die Gleichpreisigkeit auf tönernen Füßen. Das Boni-Verbot ins Sozialgesetzbuch umzuziehen, wird aus meiner Sicht nicht ausreichen, um das Vertragsverletzungsverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland zu beenden. Das bedeutet im Umkehrschluss: Man wird sich sowieso wieder vor dem Europäischen Gerichtshof treffen.

ADHOC: Wäre ein Rx-Versandverbot aus Ihrer Sicht sicherer?
SEIDENATH: Das Rx-Versandverbot ist sicher europarechtskonform. Der weit überwiegende Teil der Mitgliedstaaten verbietet den Versandhandel mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln. In Bayern haben in den vergangenen zehn Jahren rund 900 Apotheken geschlossen. Das ist für uns ein klares Warnsignal und deswegen ist die CSU bereit, alles zu tun, um die Arzneimittelversorgung vor Ort zu stärken.

ADHOC: Wurde das Rx-Versandverbot im Bundesgesundheitsministerium aus Ihrer Sicht jemals ernsthaft erwogen und geprüft?
SEIDENATH: Im Sommer 2018 haben wir mit den Gesundheitspolitikern der Länder mit Herrn Spahn zusammengesessen und gesagt, dass wir das Rx-Versandverbot jetzt brauchen. Da war er schon sehr zurückhaltend bei dem Thema und hat auf konkrete Nachfragen sehr ausweichend reagiert. Ich glaube schon, dass das im BMG ernsthaft erwogen worden ist, aber mit welcher Leidenschaft das Thema verfolgt wurde und warum es nicht kommt, müssen Sie Herrn Spahn selbst fragen.

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