Apothekenstärkungsgesetz

Spahn will Boni-Verbot sicher machen

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Berlin -

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will das geplante Rx-Boni-Verbot rechtssicher machen. In einer ersten Fassung des Kabinettsentwurfs für sein Apothekenstärkungsgesetz wird die Einhaltung des Rahmenvertrags – und damit die Preisbindung – als Voraussetzung dafür genannt, dass Apotheken mit den Krankenkassen abrechnen können. Auch das Heilmittelwerbegesetz (HWG) soll auf das Boni-Verbot im Sozialgesetzbuch V (SGB V) verweisen. Die versprochene Honorarerhöhung für Notdienste und die BtM-Abgabe wird dagegen gestrichen. Nur für zusätzliche Dienstleistungen soll es mehr Geld geben. Und: Im PKV-Bereich soll aut-idem eingeführt werden.

Bei dem derzeit kursierenden Entwurf mit Datum 13. Juni handelt es sich dem Vernehmen nach noch nicht um den endgültigen Kabinettsentwurf, Änderungen sind also noch möglich. Aber im Vergleich zum Referentenentwurf aus dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) gibt es bereits einige markante Veränderungen.

Spahn hält daran fest, den § 78 Absatz 1 Satz 4 des Arzneimittelgesetzes (AMG) zu streichen, mit dem auch ausländische Versandapotheken der deutschen Preisbindung unterstellt werden. Nach dem EuGH-Urteil vom 19. Oktober 2016 dürfen sie Rx-Boni gewähren, die Regelung ist damit in der Praxis hinfällig. Die EU-Kommission hatte daher ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wieder aufgenommen, Spahn gegenüber Brüssel die Streichung des Paragrafen zugesichert.

Stattdessen will Spahn das Boni-Verbot über das SGB V regeln und damit dem EU-Zugriff entziehen. Im Referentenentwurf hatte das BMG jedoch wieder auf § 78 AMG verwiesen – mehrere Arzneimittelrechtler hatten auf diesen Zirkelschluss hingewiesen. Jetzt soll im SGB V folgender Passus eingefügt werden: „Die Rechtswirkung des Rahmenvertrages ist Voraussetzung dafür, dass Apotheken verordnete Arzneimittel an Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung als Sachleistung abgeben dürfen und unmittelbar mit den Krankenkassen abrechnen können.“ Die Abgabe verordneter Arzneimittel sei eine Sachleistung, Apotheken hätten dabei „den einheitlichen Apothekenabgabepreis zu gewährleisten und dürfen Versicherten keine Zuwendungen gewähren“. Für jede Zuwiderhandlung werden Vertragsstrafen bis 50.000 Euro vorgesehen.

Damit auch EU-Versandapotheken eindeutig von dem Verbot erfasst werden, will das BMG außerdem eine Klarstellung im Heilmittelwerbegesetz vorsehen. Das Zugabenverbot (§ 7 Abs. 1 Satz 1) soll auf das Sozialgesetzbuch verwiesen werden. Dies sei von Bedeutung für EU-Versandapotheken, für die die Arzneimittelpreisverordnung keine unmittelbare Anwendung finde, sondern nur im Falle des Beitritts zum Rahmenvertrag nach § 129 Absatz 2 SGB V, begründet das BMG.

DocMorris & Co. können allerdings auch künftig Boni an Privatversicherte geben: Denn außerhalb des Sachleistungsprinzips der GKV unterlägen EU-Versender keinen preisrechtlichen Beschränkungen. „So können sie Patienten bei der Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln Rabatte und Boni gewähren“, so der Entwurf.

Gestrichen gegenüber dem Referentenentwurf sind 40 Millionen Euro zusätzlich für den Nacht- und Notdienstfonds sowie 15 Millionen Euro zusätzliches Honorar für die Dokumentation bei der Abgabe von Betäubungsmitteln. Vor allem die Krankenkassen, aber auch der Koalitionspartner von der SPD hatten die Zuschläge ohne Gegenleistung kritisiert.

Weiterhin vorgesehen ist, dass die Apotheker für noch zu definierende pharmazeutische Dienstleistungen mehr Geld bekommen sollen. 20 Cent pro abgegebener Rx-Packung sollen dafür in einen Topf fließen, insgesamt rund 150 Millionen Euro jährlich. Im Jahr 2023 will das BMG die Auswirkungen auf Apotheken und Versandapotheken untersuchen.

Laut Entwurf umfassen die pharmazeutischen Dienstleistungen „Maßnahmen der Apotheke zur Verbesserung der Sicherheit und Wirksamkeit einer Arzneimitteltherapie, insbesondere bei kritischen Wirkstoffen, chronischen schwerwiegenden Erkrankungen, bei Patienten mit Mehrfacherkrankungen und Mehrfachmedikation und bei bestimmten Patientengruppen, die für die Wirksamkeit und Sicherheit einer Arzneimitteltherapie besondere Aufmerksamkeit und fachliche Unterstützung bei der Arzneimitteltherapie benötigen.“ Weitere pharmazeutische Dienstleistungen könnten Präventionsmaßnahmen der Apotheken sein. Der Deutsche Apothekerverband (DAV) soll mit dem GKV-Spitzenverband und dem Verband der privaten Krankenversicherung das Nähere regeln, von den Ansprüchen der Versicherten bis zur Vergütung und Abrechnung.

Unverändert vorgesehen ist die Einführung von Modellvorhaben zur Grippeimpfung in der Apotheke. Die Maßnahme ist auf volljährige Versicherte beschränkt und zunächst auf fünf Jahre befristet.

Außerdem können Ärzte künftig Rezept ausstellen, die von der Apotheke bis zu dreimal beliefert werden dürfen. Mit dieser besonderen Form der Wiederholungsrezepte sollen die Praxen entlastet werden. Der Arzt kann im Einzelfall entscheiden.

Mit dem Apothekenstärkungsgesetz explizit verboten werden soll der Betrieb von Arzneimittelautomaten. Denn damit verwische die Grenze zwischen der Versorgung durch Präsenzapotheken und dem Versandhandel. Eine Versorgung über Auotmaten lasse zudem „eine Beeinträchtigung des hohen Niveaus der Arzneimittelversorgung in Deutschland befürchten“. Auch die Umsetzung von Securpharm traut das BMG einem Automaten nicht zu. Abholfächer, die direkt an die Apotheke abgeschlossen sind, sind von dem Verbot nicht erfasst.

Der Botendienst wird dagegen zur Regelversorgung erklärt und ist ohne Erlaubnis zulässig, statt wie heute nur im Einzelfall. „Dies betrifft auch die Möglichkeit der Beratung im Wege der Telekommunikation, die ausdrücklich klarstellend geregelt wird.“ Beim Botendienst und im Versandhandel müssen insbesonderedie Temperaturanforderungen eingehalten werden.

Die Zuweisung von Patienten nach Einführung des E-Rezepts wird im Gesetz ebenfalls explizit verboten.

Außerdem wird im Selbstzahlerbereich die Aut-idem-Regelung etabliert, die zu „erheblichen Kosteneinsparungen“ führen soll: „Verschriebene Arzneimittel, die nicht zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgegeben werden, können durch ein wirkstoffgleiches Arzneimittel ersetzt werden, das mit dem verschriebenen in Wirkstärke und Packungsgröße identisch ist, für ein gleiches Anwendungsgebiet zugelassen ist und die gleiche oder eine pharmazeutisch geeignete vergleichbare Darreichungsform besitzt, sofern die verschreibende Person dies nicht ausgeschlossen hat und die Person, für die das Arzneimittel bestimmt ist, einverstanden ist.“

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