Urteilsgründe

Gericht: Hintertür für DocMorris-Automat?

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Berlin -

Anfang April hatte das Verwaltungsgericht Karlsruhe entschieden, dass DocMorris seinen Arzneimittelabgabeautomaten im baden-württembergischen Hüffenhardt nicht wieder in Betrieb nehmen darf. Die Richter hatten den Automaten sogar persönlich in Augenschein genommen, um zu klären, ob es sich dabei um eine Apotheke oder eine Spielart des Versandhandels handelt. Jetzt liegen die Urteilsgründe vor: Nach Ansicht der Richter ist der DocMorris-Automat weder Apotheke noch Versandhandel. Allerdings liefert das Urteil möglicherweise eine Hintertür.

In seinem Urteil vom 4. April hatte das VG das behördliche Verbot, apothekenpflichtige Arzneimittel mittels eines Automaten in den Verkehr zu bringen, bestätigt. Zur Begründung seines Urteils führt die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts aus, die DocMorris in Hüffenhardt angebotene Videoberatung mit anschließender Arzneimittelausgabe gegen die Apothekenpflicht verstößt. Denn DocMorris bringe die Arzneimittel weder in einer Apotheke noch im Wege des Versandes in den Verkehr.

DocMorris betreibe schon nach eigenem Vortrag in Hüffenhardt keine Apotheke, habe auch gar keine Erlaubnis dazu. Das Inverkehrbringen der Arzneimittel mittels des Automaten sei aber auch kein Fall des Versandhandels, so die Begründung. Angesichts des in § 43 Arzneimittelgesetz (AMG) normierten Apothekenmonopols liegt für die Richter ein Versandhandel jedenfalls dann nicht mehr vor, wenn – wie in Hüffenhardt – nach außen der Eindruck des Betriebs einer Präsenzapotheke erweckt werde. Hierin könnte für DocMorris eine Hintertür geöffnet sein, seinen Arzneimittelautomaten in anderer Form doch noch in Betrieb zu nehmen.

Das Verbot des DocMorris-Automaten verstößt laut Gericht nicht gegen das Recht auf Warenverkehrsfreiheit. Der mit dem Apothekenmonopol verbundene Eingriff in den Grundsatz des freien Warenverkehrs sei gerechtfertigt. Auch nach Europarecht dürfe Personen, die über keine Apothekenbetriebserlaubnis verfügten, der Besitz und der Betrieb einer Apotheke inklusive der Abgabe von Arzneimitteln zum Schutz der Gesundheit und des Lebens von Menschen verwehrt werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Anfang April waren die Richter persönlich vor Ort, um die Sachlage in Augenschein zu nehmen. Vor dem DocMorris-Terminal hatte sich zum Protest zwei Apothekerinnen mit einem Anti-DocMorris-Plakat positioniert: „Für die Apotheke und Menschlichkeit – gegen DocMorris und Profitgier“ stand auf einem Plakat, das Anette Pust und Regine Schick-Kern mitgebracht haben, laut einem Bericht der Heilbronner Stimme. „Der Automat schwächt mittelfristig den ländlichen Raum und zerstört Arbeitsplätze. Vor allem für Frauen in Teilzeit.“

Der Streit zieht sich bereits seit zwei Jahren hin. Die Zur-Rose-Tochter hatte im April 2017 in Hüffenhardt einen Abgabeautomaten eröffnet. Das Regierungspräsidium Karlsruhe ließ die Rx-Abgabe aus dem Terminal nach nur 48 Stunden wieder schließen. Die Aufsichtsbehörde hatte das Modell als unzulässig untersagt, bis zur Klärung aber die Abgabe von OTC-Medikamenten zugelassen. Zur Begründung führte die Aufsichtsbehörde im Wesentlichen aus, die Klägerin verstoße gegen das Arzneimittelgesetz, da sie apothekenpflichtige Arzneimittel außerhalb einer Apotheke und nicht im Rahmen ihres Versandhandels in den Verkehr bringe.

Gegen diesen Bescheid hatte DocMorris vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe Klage erhoben und einen Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt. Der Eilantrag wurde später wieder zurückgenommen. In der Begründung der Klage vertrat DocMorris insbesondere den Standpunkt, bei der Abgabe der Medikamente mittels Videochat handele es sich um eine Art des Versandhandels und sei deshalb von der niederländischen Versandhandelserlaubnis gedeckt. Außerdem verstoße das behördliche Verbot gegen Europarecht. Die Richter sehen das offensichtlich anders.

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