Diabetiker in der Apotheke

Anja und die Insuline

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Berlin -

Typ-2 Diabetes ist eine Diagnose, die immer mehr Menschen betrifft. Sie beinhaltet meist eine große Änderung im gewohnten Tagesablauf. Apotheken gehören mit zu den ersten Anlaufpunkten der Neudiabetiker. Auch bei Anja will sich eine Patientin Rat einholen, denn ihr Arzt war zeitlich nicht in der Lage dazu alle offenen Fragen zu beantworten. Und das sind viele.

„Frau Alchemilla, mir schwirrt immer noch der Kopf! Der Herr Doktor hat mir das alles so schnell erklärt und ich bin einfach nicht sicher ob ich alles richtig verstanden habe, wissen sie? Ich meine... ich weiß gar nicht warum ich jetzt plötzlich spritzen soll. Ich habe doch immer die Tabletten genommen, das hat doch gereicht! Und wo ich da genau reinstechen soll weiß ich auch nicht." Anja hat ihn wieder vor sich stehen: den typischen Frischdiabetiker der nur mit den nötigsten Informationen aus der Arztpraxis entlassen wurde. Leider eine Situation die nur allzu häufig vorkommt. Die Filialleiterin weiß, dass sie nun etwas mehr Zeit benötigt und verschafft sich einen Überblick darüber, was in der nächsten halben Stunde alles anliegt.

Ihre Kolleginnen können ihr glücklicherweise den Rücken freihalten. „Kommen sie mit Frau Schneider, wir gehen in den Beratungsraum, da haben wir mehr Ruhe." Anja lässt sich zunächst alles zeigen, was ihre Kundin vom Arzt alles mitbekommen hat. Vor ihr liegt ein Pen, zehn dazu passende Nadeln die der Arzt offenbar noch in einer Schublade liegen hatte und ein Rezept über ein Basal- und ein Analoginsulin. Außerdem hat Frau Schneider ihr Blutzuckermessgerät samt Nadeln und einen Spritzplan mitgebracht. „Am besten machen wir es so, dass sie mir erklären wozu sie alles bekommen haben und was sie damit tun würden. Dann kann ich schneller erkennen wo ich noch etwas dazu sagen muss. Wo eventuell Probleme auftauchen merkt man oft erst, wenn man es wirklich selbst machen muss."

Sie lächelt der Kundin die etwas zweifelnd den Kopf wiegt aufmunternd zu. „Das bekommen wir zusammen hin, ich bin ganz sicher." Die Handhabung des Blutzuckermessgerätes funktioniert zunächst ganz gut, doch der Wechsel der Stechhilfe klappt erst nach dem dritten Versuch. „Wie häufig wechseln sie denn die Lanzette normalerweise Frau Schneider?" will die Apothekerin wissen. „Ach... ehrlich gesagt habe ich die noch nicht so oft gewechselt Frau Alchemilla" gesteht die Kundin. „Ich bin immer so unsicher mit den technischen Geräten". Anja versucht ihr anhand eines Schaubildes zu erklären, wie wichtig ein regelmäßiger Wechsel ist und wie schnell die fein geschliffene Spitze stumpf wird.

„Auch die Pennadeln sind Einmalartikel, das ist ganz wichtig auch um Infektionen vorzubeugen! Es wäre gut, wenn sie sich beim nächsten Arztbesuch gleich eine Packung davon aufschreiben lassen. Mit den zehn Nadeln die er ihnen mitgegeben hat kommen sie nicht weit. Die Kundin nickt. Sie zeigt Anja dann, wie das Basalinsulin in den Pen eingelegt wird. Das klappt recht gut, doch schon beim kurz wirksamen Analoginsulin das sie zu den Mahlzeiten spritzen soll hakt es wieder. Anja schaut sich den Pen genauer an. „Frau Schneider, das liegt jetzt nicht an Ihnen, keine Sorge. Die Insulinampullen passen einfach nicht zum Pen. Da brauchen sie einen anderen.

Nachdem sie mit ihrer Kundin noch die Körperstellen besprochen hat in die das Insulin injiziert werden darf erklärt sie ihr noch die Wichtigkeit, diese jedes Mal zu wechseln. „Wissen sie - im Grunde ist es fast egal wohin sie spritzen. Ob jetzt Bauch, Beine, Arme, Po spielt für das Insulin keine Rolle. Es ist nur nötig, dass sie einmal die Nadel lange genug in der Haut stecken lassen bevor sie diese herausziehen und dass der Injektionsort von Mal zu Mal gewechselt wird. Wenn sie immer in den Bauch oder immer in den gleichen Oberschenkel spritzen dann können Verhärtungen auftreten.“ Auch diese Informationen waren für die Kundin offenbar neu.

Die Filialleiterin ruft noch beim Hausarzt von Frau Schneider an und bittet um die Verordnung eines passenden Pens für das Analoginsulin. Außerdem bestellt sie direkt noch die passenden Nadeln dazu. Frau Schneider will das Rezept gleich abholen. Anja überreicht ihr noch ein Blutzuckertagebuch das auf das Spritzschema abgestimmt ist und verabschiedet sich eine halbe Stunde nach Gesprächsbeginn von ihr. Die verlorene Zeit muss Anja jetzt irgendwie wieder aufholen. „Ich mache das ja immer wieder gerne, aber ärgerlich ist es doch, dass der Arzt für die mittelprächtige Vorarbeit die er geleistet hat erbrachte Leistungen abrechnen darf und wir wieder nicht."

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