Arzneimittelengpässe

Brexit: HIV-Versorgung in Gefahr?

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Berlin -

In etwa fünf Wochen soll es soweit sein. Der Ausstieg Großbritanniens aus der EU ist für den 29. März geplant. Kommt es zu keiner Einigung um den Backstop, droht den Briten und den EU-Staaten ein harter Brexit ohne Austrittsabkommen und das Vereinigte Königreich würde über Nacht zum Drittstaat – und die Arzneimittelversorgung gefährdet. Denn beinahe jedes vierte Arzneimittel, das in der EU vertrieben wird, wird in Großbritannien freigegeben – darunter auch HIV-Medikamente. Ein Beispiel ist ViiV. Das Unternehmen setzt bereits seit Januar seinen risikominimierenden Notfallplan um.

Wird Großbritannien zum Drittstaat, muss Handel nach den allgemeinen Regeln der Welthandelsorganisation (WHO) getrieben werden – Zölle und andere Beschränkungen inklusive. Experten befürchten, dass es binnen 24 Stunden zu Ausfällen der Arzneimittelversorgung kommen kann. 45 Millionen Packungen Arzneimittel verlassen Großbritannien jeden Monat in Richtung EU, in die umgekehrte Richtung gehen 37 Millionen Packungen. Engpässe sind demnach auf beiden Seiten möglich.

Der Brexit könnte auch auf die Versorgung mit HIV-Medikamenten in Deutschland Auswirkungen haben. ViiV hat 13 HIV-Arzneimittel im Portfolio – darunter Tivicay (Dolutegravir), Juluca (Dolutegravir/Rilivirin), Triumeq (Dolutegravir/Abacavir/Lamivudin) sowie Trizivir (Abacavir/Lamivudin/Zidovudin). Juluca hatte erst im Sommer 2018 die Zulassung erhalten. Der 2009 als Joint Venture von Pfizer und GSK gegründete HIV-Spezialist hat seinen Hauptsitz in Brentford im Vereinigten Königreich und ist auf den Brexit vorbereitet.

„Wir haben die Auswirkungen des Brexit auf unsere Geschäftsabläufe, einschließlich unserer Lieferkette und der Qualitätskontrolle, eingehend untersucht“, teilt ein Sprecher mit. Für das Unternehmen habe die kontinuierliche Versorgung der Patienten – in der EU und Großbritannien – oberste Priorität. Weil jedoch weiterhin Ungewissheit in Bezug auf die zukünftigen Beziehung zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU besteht ist das Unternehmen tätig geworden. „Daher haben wir innerhalb der gesamten Organisation einen risikobasierten Ansatz zur Mitigation vereinbart.“

Der erarbeitete Notfallplan wird bereits seit Januar umgesetzt. „Der Fokus liegt auf der Lieferkette. Dies beinhaltet die Ausweitung von folgenden Leistungen in der EU und im Vereinigten Königreich: Re-Tests und Zertifizierungen von Arzneimitteln, Übertragung von Zulassungen, die im Vereinigten Königreich registriert waren, an eine EU-Einrichtung, Aktualisierung von Verpackungen und Packungsbeilagen, Änderung der Herstellungs- und Einfuhrlizenzen und Beschaffung zusätzlicher Lagerkapazitäten.“

Darüber hatte GSK bereits im aktuellen Jahresbericht informiert. Das Unternehmen rechnet im Zuge der Implementierung in den nächsten zwei bis drei Jahren mit Kosten von bis zu 70 Millionen Pfund. Hinzu könnten jährlich weitere Zahlungen von etwa 50 Millionen Pfund, einschließlich Zöllen, Transaktions- und Verwaltungskosten, kommen. GSK ist jedoch zuversichtlich. „Langfristig glauben wir weiterhin, dass der Brexit keine wesentlichen Auswirkungen auf unser Geschäft haben wird.“

Wie aber sollen sich Apotheken verhalten? Von Hamsterkäufen rät der Sprecher den HIV-Schwerpunktapotheken ab. Die Sorgen der Pharmabranche sind auch deshalb so groß, weil die EU-Aufsicht und -Prüfung von Medikamenten bisher in London verankert war. Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) mit ihren etwa 850 Mitarbeitern zieht derzeit wegen des Brexits nach Amsterdam um.

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