Rückrufwelle

Valsartan: Eine Patientin berichtet

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Berlin -

Die Rückrufwelle überfordert alle: Seit Tagen herrscht in den Apotheken Ausnahmezustand. Das Chaos um Valsartan nimmt kein Ende. Ärzte und Apotheken sind in Erklärungsnot und Patienten verunsichert. Klar ist nur, dass der vom chinesischen Unternehmen Zhejiang Huahai Pharmaceutical hergestellte Wirkstoff mit dem als möglicherweise krebserregend eingestuften N-Nitrosodimethylamin verunreinigt ist. Zum Endprodukt könne man jedoch noch keine Angaben machen. Die Rückrufe erfolgen vorsorglich. Die Patientensicherheit sei nicht Gefahr. Dieser Fall einer Betroffenen beschreibt das aktuelle Chaos.

Eigentlich war alles wie immer, der Arzt stellte ein Rezept über Valsartan aus und die Apotheke sollte dieses beliefern. Heumann sollte abgegeben werden – soweit der Rabattvertrag. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Hersteller jedoch schon alle im Umlauf befindlichen Chargen zurückgerufen. Die Apotheke wich auf Stada aus. Da die Landesbehörden für Qualitätsmängel bei Arzneimitteln zuständig sind, laufen die Rückrufe der einzelnen Hersteller nacheinander auf.

Die betroffene Kundin recherchierte im Internet zu Valsartan und fand einen Abend später das Generikum aus Bad Vilbel auf der Rückrufliste. Daraufhin wandte sie sich an die Apotheke, die zu diesem Zeitpunkt noch nichts von dem Rückruf wusste. Bei der Kundin herrscht Unverständnis: „Wie kann es sein, dass die Apotheke von dem Rückruf noch nichts wusste?“

Die Recherche ergab außerdem, dass Ware von Novartis, TAD und Mylan dura nicht vom Rückruf betroffen ist. Novartis produziert den Wirkstoff nach eigenen Angaben in Irland und der Schweiz, TAD bezieht Valsartan aus Slowenien von Krka Pharma und Mylan dura produziert selbst in Indien. Die Kundin hielt Rücksprache mit der Ärztin und hoffte auf ein neues Rezept. „Die Apotheke durfte mir ja das Arzneimittel nicht austauschen. Ich solle ein neues Rezept besorgen, hieß es“, erzählt die Kundin. Aber die Ärztin fürchtete einen Regress, wenn sie das Original von Novartis mit aut-idem verordnen würde.

Fassungslosigkeit und Hilflosigkeit kommen bei der Kundin auf – denn es gibt ja nur drei Hersteller deren Arzneimittel zum aktuellen Zeitpunkt sicher sind. „Ich habe bei der Kasse angerufen und gefragt wie ich mich verhalten soll und ob die Ärztin das teurere Arzneimittel ohne Sorge um das Budget verordnen darf. Aber bei der Krankenkasse wusste man noch gar nichts von dem Valsartan-Rückruf. Man müsse erst recherchieren und mit den hausinternen Apothekern sprechen“, so die Kundin. Auch in Bonn beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) erhielt die Frau keine Auskunft. Man sei nicht zuständig und sie solle sich an die Apotheke wenden.

„Ich wurde von einer Stelle an die nächste weitergeleitet. Aber helfen konnte bislang niemand.“ Nun stellt sich die Frage, ob das womöglich mit N-Nitrosodimethylamin verunreinigte Arzneimittel dennoch eingenommen werden soll, denn eine Alternative gibt es bislang nicht. „Soll ich die Tabletten schlucken und hoffen, dass nichts passiert? Denn bislang sei nicht bekannt, ob die Verunreinigung in den Tabletten enthalten ist. Aber die Tabletten nicht zu nehmen, ist auch keine Alternative.“ Es bleibt nur das Warten auf den Rückruf des Arztes, ob dieser das teurere aber sichere Präparat von Novartis verordnet. „Es geht doch um die Patientensicherheit, da sollte das Budget nicht im Vordergrund stehen“, sagt die Frau.

Welche Alternativen gibt es? Ärzte können die vom Rückruf nicht betroffenen Arzneimittel zu Lasten der Kassen verordnen – soweit verfügbar – oder auf einen anderen Wirkstoff ausweichen. Eine andere Möglichkeit ist die Verordnung auf Privatrezept. Dann wird der Kassenpatient zum Selbstzahler und kann bei der Kasse um Kostenerstattung bitten.

Eine Übersicht mit den betroffenen und nicht betroffenen Präparate zum Download finden Sie hier.
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