Protestaktion in München

Nach Nonnen-Poster: Kirche wirbt mit Apothekerin

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Berlin -

Sonja Hölzer zeigt, dass man auch mit Humor zum Ziel kommt. Die Inhaberin der Münchner Kloster-Apotheke hatte mit einem Poster einen Leerstand angeklagt, den die katholische Kirche mitten in der Innenstadt drei Jahre zugelassen hat. Nun hat ihr die Kirche einen frohen Weihnachtsboten geschickt: Die Kurie waltet nun endlich ihrer gesellschaftlichen Pflicht und lässt sanieren. Und lässt sich auf das Spiel mit dem Plakat ein.

Der Max-Weber-Platz nahe dem Münchner Maximilianeum: Teurer kann man in Deutschland kaum wohnen, schwerer kaum eine Wohnung oder Geschäftsräume finden. Wie Hohn wirkt es da, dass mitten auf dem Platz ein herrlicher Gründerzeitbau seit drei Jahren leer steht. Die potentiellen Mieter würden gewiss Schlange stehen, doch der Besitzer verschleppt Sanierung und Neuvermietung seit Jahren. Selbst die Münchner Stadtpolitik hat sich mit dem Kuriosum bereits befasst – denn der Eigentümer des Gebäudes ist die Emeritenanstalt der Erzdiözese München und Freising.

Das hat Hölzer erzürnt, deren Offizin schräg gegenüber des Gebäudes liegt. Bei einem derartigen Mangel an Mietfläche, wie er in München herrscht, müsse der Platz im Interesse der Bürger genutzt werden, fordert sie. Grimmig blickte deshalb eine Nonne aus dem Schaufenster und zeigte auf die verklebten Fenster des ehemaligen Fotogeschäfts auf der anderen Straßenseite: „Da drüben gibt es seit 3 Jahren Leerstand!“, hieß es auf einem Plakat, das sie eigens von einer Agentur hatte anfertigen lassen. „Liebe katholische Kirche, bitte sanieren und vermieten – Danke!“, stand darunter. Damit erregte sie einiges lokales Aufsehen, die Süddeutsche Zeitung wurde darauf aufmerksam – und die katholische Kirche. Plötzlich kam Bewegung in den Fall.

„Plötzlich rief uns die Kirche an“, erzählt Hölzer. „Kurz darauf kam ein netter Herr bei uns vorbei, um uns zu erklären, warum es so schwierig ist, das Gebäude sanieren und neu vermieten zu lassen.“ Wer genau dieser „nette Herr“ war, könne sie aus Diskretionsgründen nicht verraten. Nur so viel: „Er war ein offizieller Vertreter der Kirche.“ Die hatte sich bereits Anfang des Jahres gegenüber der Stadtpolitik für die verschleppte Sanierung rechtfertigt, indem sie auf eine Immobilienfirma verwies, durch die die Vermietung erfolgen müsse. Die wiederum verwies darauf, dass das Baureferat der Erzdiözese erst das Geld für die Sanierung freigeben müsse. Aufgrund geänderter diözesaner Bauregeln sei das aber bis dato noch nicht geschehen.

Doch die Weihnachtszeit ist ja für Wunder prädestiniert: Consummatum est, verkündete der Kirchenverteter, es ist vollbracht. Das Geld ist da, ab Frühjahr wird saniert. „Bei der Verabschiedung sagte der nette Herr dann, er würde am liebsten selbst ein Plakat mit einer Apothekerin am Gebäude anbringen“, erinnert sich Hölzer. Es stellte sich heraus, dass das nicht nur ein frommer Wunsch war. Kurz darauf stand der Kirchenfrau in der Apotheke eine Apothekerin im Kirchengebäude gegenüber. „Liebe Nachbarin gegenüber!“, sagt eine lächelnde Frau im Kittel. „Wir sind dran… ab Frühjahr 2019 wird saniert, danach sofort vermietet!“, verspricht sie von einem Plakat. „Viele Grüße! Ihre Katholische Kirche.“

„Ich war baff, als ich das gesehen habe“, erinnert sich Hölzer. „Ich bin von der Reaktion der Kirche wirklich begeistert“, so die Pharmazeutin, die seit längerem dafür bekannt ist, kirchliche Motive ironisch-distanziert für das Marketing ihrer Kloster-Apotheke zu benutzen. „Man hört sogar schon, dass Baumaschinen in dem Gebäude sind und da offensichtlich bereits gearbeitet wird.“

So viel Verbindlichkeit wollte sie deshalb nicht unkommentiert lassen. Also ging bei der Werbeagentur Citybeam, die schon die grimmige Nonne und die freundliche Apothekerin designt hatte, der dritte Auftrag in der Causa Max-Weber-Platz ein. Und die Nonne kann auch anders: Der finstere Blick ist plötzlich freundlich, fast lasziv, statt anklagend den Zeigefinger in die Kamera zu strecken hat sie sich leicht nach vorn gebeugt und die Hände wie zum Gebet zusammengeschlagen. „Liebe Kirche“, erwidert sie, „vielen Dank für die prompte Antwort! Wir wünschen allen frohe Weihnachten und einen guten Rutsch!“

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