Zahl der Fälle steigt sprunghaft

Vier Patienten mit Coronavirus in Deutschland

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Peking/München -

Über Nacht meldet China 1459 neue Virusfälle. Jetzt sind es mehr als 6000. Die Zahl der Toten steigt um 23 auf 132. In Deutschland sind vier Menschen infiziert. Wie lange wird die Epidemie andauern?

In China steigt die Zahl der Patienten mit der neuen Lungenkrankheit sprunghaft an. In Deutschland wurden vier Infektionen mit dem Coronavirus bestätigt. Die drei am Dienstagabend bekannt gewordenen neuen Fälle stehen in Zusammenhang mit dem ersten Patienten in Bayern, der sich bei einer Kollegin aus China angesteckt hatte. In der Volksrepublik stieg die Zahl der Erkrankungen innerhalb eines Tages bis Mittwoch um 1459. Damit sind mehr als 6000 Fälle erfasst. Weitere 26 Patienten sind in China gestorben. So kletterte die Gesamtzahl der Todesfälle auf 132.

Während es außerhalb der Volksrepublik etwas mehr als 80 nachgewiesene Infektionen gibt, zählte die Gesundheitskommission in Peking bis Mittwoch rund 5951 Patienten allein in China. Es gibt fast 10.000 Verdachtsfälle. Die Kommission meldete sogar 5974 Fälle, rechnete dabei aber 23 Infektionen in Hongkong, Taiwan und Macao mit. Peking betrachtet diese Territorien als Teil der Volksrepublik. Von den Patienten sind demnach 1239 schwer erkrankt. Bei den Todesfällen handelt es sich meist um ältere Patienten mit Vorerkrankungen.

Die Epidemie wird nach Einschätzung eines führenden chinesischen Lungenexperten erst in sieben bis zehn Tagen einen Höhepunkt erreichen. Wie der Chef des Expertenteams im Kampf gegen das Virus, Zhong Nanshan, der Nachrichtenagentur Xinhua sagte, sind „frühe Entdeckung und frühe Isolation” entscheidend, um das Virus in den Griff zu bekommen. Die Entwicklung eines Impfstoffes wird aus seiner Sicht noch drei bis vier Monate oder länger dauern.

Der Erreger gleiche vom Ursprung her einem Virus, das 2017 in Fledermäusen entdeckt worden sei. Das 2019-nCov genannte neue Virus habe vermutlich einen Zwischenwirt in einem wilden Tier, sagte der Experte. Es wird vermutet, dass das Virus seinen Ausgang auf einem Markt in der zentralchinesischen Elf-Millionen-Metropole Wuhan hatte, wo Wildtiere zum Verzehr verkauft wurden.

Außerhalb der Volksrepublik gibt es unter anderem in Thailand, Japan, Singapur, Malaysia, den USA, Australien und auch Südkorea Erkrankte mit dem neuen Virus. In Europa wurden auch in Frankreich vier Fälle bestätigt. Die meisten Erkrankten waren vorher in China. Allerdings gibt es zunehmend Fälle, bei denen sich Menschen außerhalb der Volksrepublik bei Reiserückkehrern angesteckt haben.

Die Regierung in Peking hat seinen Staatsbürgern geraten, Reisen ins Ausland vorerst zu verschieben. In China sind Wuhan und die umliegende Provinz Hubei besonders schwer betroffen. Rund 45 Millionen Menschen wurden weitgehend abgeschottet. Flüge sowie der Nah- und Fernverkehr wurden ausgesetzt.

Japan begann damit, erste Landsleute aus der Krisenregion zurückzuholen. Eine Chartermaschine mit 206 Menschen landete in Tokio. Fünf Passagiere wurden ins Krankenhaus gebracht, da sie sich nicht wohl fühlen. Vier davon klagten über Husten und Fieber, ihre Verfassung sei jedoch „nicht so ernst”, erklärte Gesundheitsminister Katsunobu Kato. Weitere Flüge sollen folgen, da rund 650 Japaner zurück wollen.

Auch Deutschland und andere Länder wie die USA, Südkorea und Australien erwägen oder planen ähnliche Rückholaktionen. In Wuhan gibt es rund 90 Deutsche.

Die drei neuen Patienten in Deutschland sind nach Angaben des bayerischen Gesundheitsministeriums wie der erste nachgewiesene Infizierte auch Mitarbeiter des Autozulieferers Webasto in Stockdorf (Bayern). Sie wurden in der München Klinik Schwabing stationär aufgenommen und dort medizinisch überwacht und isoliert. Kontaktpersonen werden getestet.

Wegen der Infektionen schließt Webasto seinen Stammsitz im oberbayerischen Stockdorf, einem Ortsteil von Gauting, bis Sonntag. Webasto ist ein großer Zulieferer für die Autoindustrie mit 13.400 Mitarbeitern an weltweit 50 Standorten - zwölf in China und einer davon in Wuhan. Die infizierte Chinesin, die zu dem Seminar der Firma gekommen war, hatte sich bei ihren Eltern in der Stadt angesteckt. Symptome entwickelte sie erst beim Rückflug nach China am 23. Januar.

Im Kampf gegen das Virus kommen in Deutschland neue Meldepflichten auf Airlines und Krankenhäuser zu, wie Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) mitteilte. So sollen bei Flügen aus China die Piloten vor dem Landen den Tower über den Gesundheitszustand der Passagiere informieren. Reisende aus China sollen Angaben zu Flug, Aufenthaltsort und Erreichbarkeit in den nächsten 30 Tagen machen.

Dem ersten Patienten mit dem neuen Virus in Deutschland, ein 33-Jähriger aus dem Landkreis Landsberg am Lech, gehe es gut, sagte Clemens Wendtner, Chefarzt im Münchner Klinikum Schwabing. „Er ist fieberfrei, hat auch derzeit keine Atemwegssymptomatik mehr.” Die Inkubationszeit beträgt bei der Lungenkrankheit bis zu zwei Wochen. Allerdings sind Infizierte bereits ansteckend, noch bevor sie Symptome zeigen, was die Eindämmung des Virus besonders erschwert. Die Symptome - darunter trockener Husten, Fieber und Atemnot - können mit Medikamenten abgemildert werden. Nach Einschätzung von Experten verläuft die Lungenkrankheit offenbar in den meisten Fällen mild, zum Teil sogar ohne Symptome. Der neue Erreger ist dem Virus hinter der ebenfalls in China ausgebrochenen Sars-Pandemie 2002/2003 sehr ähnlich. Damals waren 8000 Menschen erkrankt. Knapp 800 starben.

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