Inselapotheke

1500 Euro Strafe wegen Notdienstgebühr

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Berlin -

Apotheker Carsten Hase musste 1500 Euro zahlen – wegen eines kleinen Hinweises auf die Notdienstgebühr. Denn mit seiner Form der Aufklärung hat er aus Sicht der Apothekerkammer die Kunden in die Irre geführt. Die Folge war ein berufsrechtliches Verfahren. Schwer zu erraten, dass das Ganze ein Vorspiel hatte.

Hase führt die Insel-Apotheke auf Helgoland, was bedeutet, dass er jeden Tag im Jahr Notdienst leistet. Das ist zwar seit Einführung der Notdienstpauschale finanziell etwas weniger schmerzhaft, im Alltag aber trotzdem eine Belastung. Damit er nicht öfter als unbedingt nötig für Lappalien nachts aus dem Bett geklingelt wird, erhebt Hase von seinen Kunden konsequent die Notdienstgebühr von 2,50 Euro.

Immer mal wieder hätten sich Kunden ohne echten Notfall über diese Gebühr beschwert, berichtet Hase. Deshalb hatte er oberhalb der Notdienstglocke den Hinweis angebracht, dass Kunden in dringenden Notfällen klingeln oder ihn unter der angeführten Telefonnummer anrufen könnten und dass in diesem Fall 2,50 Euro Notdienstgebühr fällig würden.

Das ist aus Sicht der Apothekerkammer Schleswig-Holstein aber so nicht korrekt: Denn auf dem Klingelschild waren auch die Öffnungszeiten der Insel-Apotheke angegeben. Diese ist jedoch mittwochnachmittags zu und schließt auch an den anderen Wochentagen spätestens um 18 Uhr, eine Mittagspause gibt es außerdem. Damit könne, argumentiert die Kammer, bei Kunden der falsche Eindruck entstehen, die Notdienstgebühr werde immer außerhalb der Öffnungszeiten fällig. Laut Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) dürften Apotheker die Gebühr aber nur zwischen 20 Uhr und 6 Uhr kassieren.

Zu Disziplinarverfahren kann sich die Kammer im Einzelnen nicht äußern. Justiziar Dr. Karl-Stefan Zerres bestätigte auf Nachfrage aber die allgemeine Haltung der Kammer: Die Notdienstzeiten seien im Gesetz eindeutig definiert und nur innerhalb dieser Zeitspanne dürften Apotheker die Notdienstgebühr erheben. Ob diese zwischen der Schließzeit und 20 Uhr tatsächlich verlangt werde, sei unerheblich. Es komme auf den Eindruck beim Verbraucher an, so der Justiziar.

Hase hatte im Sommer eine ausführliche Stellungnahme abgegeben. Er kann den Vorwurf nicht nachvollziehen und findet auch das Vorgehen der Kammer nicht in Ordnung. Die Notdienstgebühr sei die einzige Steuerungsmöglichkeit, um einem Missbrauch des Notdienstes – die Tüte Bonbons zum Sonntagsspaziergang – entgegenzuwirken. Er wies die Kammer darauf hin, dass er mit 365 Notdiensten im Jahr deutlich häufiger von solchen Fällen betroffen sei als andere Kollegen.

Da Kunden sich wiederholt über die Gebühr beschwert hätten, habe er mit dem Hinweis Klarheit schaffen wollen. Das sei besser als eine Gebühr zu erheben, mit der der Kunde nicht rechne. Hase hatte sich zudem bei der Apothekerkammer Niedersachsen eine zweite Stimme eingeholt. Deren Empfehlung nach interner Beratung fasst Hase so zusammen: Ein Hinweis auf die Notdienstgebühr sei nicht notwendig. Erfolge er dennoch, müssten auch die Zeiten, in denen die diese erhoben wird, angegeben sein. Dazu reiche aber die Formulierung „während des Notdienstes“ aus, da der Zeitraum in der AMPreisV definiert sei.

Hase schlug seiner Kammer vor, die Formulierung anzupassen und „2,50 Euro Notdienstgebühr während des Notdienstes“ auszuweisen. Natürlich würde er einen Alternativvorschlag der eigenen Kammer bevorzugt behandeln. Der Apotheker drückte in seiner Stellungnahme aber auch sein Missfallen am Vorgehen seiner Standesvertretung aus: „Dass bei einem derart unklaren rechtlichen Sachverhalt gleich ein berufsgerichtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet wird, empfinde ich nicht gerade als kollegial.“ Ein Hinweis der Kammer mit entsprechender Empfehlung, gegebenenfalls auch mit Fristsetzung, hätte er jedenfalls passender gefunden.

Anfang des Monats beschloss der Kammervorstand, dass das Verhalten sanktioniert werden müsse. Denn in der Vergangenheit gab es einen anderen Vorfall in der Insel-Apotheke, der aus Sicht der Kammer ähnlich gelagert war. Eine Kundin hatte in der Mittagspause die „Pille danach“ verlangt. Ob das nicht bis nach der Pause warten könne, habe er die Frau gefragt, berichtet Hase. Weil diese auf eine sofortige Versorgung bestanden habe, kassierte Hase aus Ärger ausnahmsweise auch mittags die Notdienstpauschale. Die Kundin war eine Testkäuferin der Apothekerkammer. Hase fühlte sich absichtlich in die Falle gelockt. Das folgende berufsrechtliche Verfahren wurde gegen eine Zahlung von 250 Euro eingestellt.

So billig kam er diesmal nicht davon. Zwar sah die Kammer nach Einschätzung der Gesamtsituation davon ab, Klage vor dem Berufsgericht Schleswig zu erheben. Allerdings nur unter der Bedingung, dass Hase 1500 Euro an die Kammer überweist, die diese dann zu gemeinnützigen Zwecken spenden will.

Hase willigte ein, ließ die Kammer gleichwohl wissen, wie enttäuscht er von deren Vorgehen ist. Immerhin solle die Kammer laut Satzung die Interessen der Apotheker vertreten. „Nach meinem Verständnis bedeutet das, dass die Kammer mir als Apotheker helfen sollte, den Beruf bestmöglich auszuüben, und nicht mit derartig überzogenen Maßnahmen gegen mich als Mitglied der Kammer vorgehen sollte“, so Hase. Er habe zudem nach wie vor Zweifel daran, ob der Hinweis auf die Notdienstgebühr ohne präzise Zeitangabe tatsächlich eine Täuschung des Kunden darstelle.

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