Österreich

Bürokratie erschwert barrierefreie Apotheke

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Berlin -

Eine Stufe am Apothekeneingang kann zur großen Hürde werden. Seit 2006 gilt in Österreich das Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz. Darin ist gesetzlich Barrierefreiheit festgeschrieben, die von allen Geschäften bis zum Jahresende umgesetzt werden muss. Das betrifft auch die historische Apotheke zum Goldenen Biber in Salzburg. Inhaber Reinhard Hanel sucht mit sieben Behörden nach einer Kompromisslösung – kein leichtes Vorhaben.

Hanel befürwortet das Gesetz und den darin festgelegten Umbau. „Barrierefreiheit ist auf jeden Fall sinnvoll“, sagt er. „Je leichter Menschen mit Rollstuhl, Rollator oder Kinderwagen in die Apotheke kommen können, desto mehr werden auch kommen.“

Die Apotheke hat Hanel erst im Juli von seinem Vater übernommen. Er hatte sich schon vor Jahren mit dem Gesetz zur Barrierefreiheit auseinandergesetzt, aber darauf gehofft, dass sich das Problem selbst lösen würde: „Ein Kollege hatte ebenfalls eine Stufe vor der Tür. Dann wurde neu gepflastert und sie haben das Pflaster vor der Apotheke etwas wellig verlegt, so dass die Stufe überflüssig wurde“, erklärt Hanel. Darauf hatte auch er gehofft, denn die Getreidegasse wird ebenfalls neu gepflastert. Doch auf Nachfrage sei diese Lösung bei ihm abgelehnt worden.

Ihm wäre dann eine am Eingang angebaute Rampe am liebsten gewesen. Die Kosten für den Bau hätte er selbst getragen. Doch nach österreichischem Gesetz ist es nicht erlaubt, auf öffentlichem Grund und Boden zu bauen. Der Eingangsbereich vor der Apotheke gehört Hanel nicht. Daher fiel diese Option weg.

Hanels barrierefreier Umbau muss den Vorstellungen von sieben Salzburger Behörden gerecht werden. Neben mehreren Straßenbauämtern und der Behindertenbeauftragten interessiert auch das Bundesdenkmalamt und die Altstadtkommission, wie die Apotheke barrierefrei werden soll. Denn die Salzburger Getreidegasse, in der die Apotheke zum Goldenen Biber liegt, ist UNESCO-Kulturerbe. Das Apothekengebäude ist zudem denkmalgeschützt. „Ich denke, die meisten meiner Kollegen haben beim barrierefreien Umbau weniger zu beachten“, so Hanel.

Trotz der vielen Beteiligten und unterschiedlichen Vorstellungen funktioniere die Zusammenarbeit zwischen den Behörden, berichtet Hanel. Im Sommer seien Vertreter aller Ämter zusammengekommen, um den Umbau zu beraten. „Derzeit hat eine mobile Rampe die besten Chancen“, sagt er. Alle sieben Magistrate seien mit dieser Lösung einverstanden – wenn auch nicht zufrieden: „Es ist ein Kompromiss“, betont Hanel.

Auch die mobile Rampe könnte problematisch werden. Zahlreiche Touristen strömen täglich durch die nur drei Meter breite Getreidegasse. „Wenn einer über die Rampe fällt, hafte vermutlich ich“, sagt Hanel. Daher müsse er sie wohl nach jeder Nutzung sofort zur Seite räumen. Zudem werde sich der Kundenzugewinn bei einer nicht stets sichtbaren Rampe wohl in Grenzen halten, so Hanel.

Insgesamt werde ihn eine mobile Rampe zwischen 5000 und 10.000 Euro kosten, schätzt er. Es werde eine Sonderanfertigung. Noch konnte er sie nicht in Auftrag geben; dazu fehle sowohl die endgültige Entscheidung der Behörden, als auch die Höhe der neu gepflasterten Straße. Doch alles sollte bald vonstatten gehen: „Bis zum Jahreswechsel muss das Gesetz eigentlich umgesetzt sein“, erklärt Hanel. Vielleicht werde er um eine Fristverlängerung bitten müssen, sollte die Anfertigung der Rampe länger dauern.

Abgesehen von der Rampe muss Hanel auch die Nacht- und Notdienstklingel sowie ihre Beleuchtung auf behindertengerechte Höhe herabsetzen. Zwischen 80 und 100 cm soll die Klingel vom Boden entfernt sein.

Die Apotheke zum Goldenen Biber besteht bereits seit 1608 und zählt damit zu den ältesten Apotheken Österreichs. Seit 1713 ist sie in der zehnten Generation im Besitz von Hanels Familie und wurde 1900 im Jugendstil eingerichtet. Hanel hat den Stil erhalten, auch wenn es praktischere Einrichtungslösungen gibt. Dafür muss er innen nichts umbauen: „Im Verkaufsraum ist alles ebenerdig.“

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