Gericht verbietet 1€-Gutschein

Rx-Boni auch bei Vorbestellung verboten

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Berlin -

Die Vorbestellung von Rx-Arzneimitteln in Apotheken ist kein Umstand, der die Gewährung von Rx-Boni rechtfertig. Das Landgericht Berlin (LG) hat im Eilverfahren ohne mündliche Verhandlung beschlossen, dass Apotheker Martin Stahn aus Berlin sein Bonus-Modell nicht mehr anbieten darf. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale.

Auf einem Flyer hatte die Spielberger-Apotheke in Berlin-Spandau für Vorbestellungen 1€-Gutscheine ausgelobt, ebenso für die Übermittlung von Rezepten. „Für Rezept- oder Selbstmedikations-Vorbestellungen ab einem Wert von 25€ erhalten Sie den beliebten 1€-Gutschein.“ Wer seinen Artikel spätestens 24 Stunden nach dem von der Apotheke bestätigten Termin abholt, bekommt einen zusätzlichen Gutschein.

Stahn bietet in seinen Apotheken – neben der Spielberger-Apotheke gehören die beiden Preussen-Apotheken in Berlin-Tempelhof und Oranienburg zum Filialverbund – unterschiedliche Rabattmodelle an. Er sah sich rechtlich auf der sicheren Seite: „Wir haben uns die Aussagen der Wettbewerbszentrale ganz genau angesehen.“ Rechtsanwältin Christiane Köber hatte im Interview mit APOTHEKE ADHOC erklärt, dass ein Ausgleich für Unannehmlichkeiten, die der Verbraucher mit dem Besuch der Apotheke habe, wohl nicht zu beanstanden sei.

Allerdings hatte Köber in der Vorbestellung keine solche Unannehmlichkeit für den Kunden gesehen, sondern im Gegenteil sogar einen Vorteil und hatte Stahn abgemahnt. Das Landgericht Berlin bestätigte die Auffassung der Wettbewerbszentrale nun mit einer einstweiligen Verfügung. Stahn wird es untersagt, „im geschäftlichen Verkehr für die Vorbestellung von rezeptpflichtigen, preisgebundenen Arzneimitteln und/oder deren Abholung innerhalb von 24 Stunden die Abgabe eines 1-Euro-Gutscheins anzukündigen“.

Das LG hat seinen Beschluss sogar kurz begründet und sich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) bezogen. Unterschiede zum vorliegenden Fall ließen sich nicht erkennen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, Stahn kann Widerspruch einlegen.

 

So sieht Spielberges Vorbestellsystem aus: Kunden können Rx-Arzneimittel per Smartphone reservieren, indem sie das Rezept fotografieren. Will der Kunde das Medikament dann tatsächlich abholen, soll er ein Foto des Rezepts an die Apotheke schicken, damit die Medikamente zur Abholung vorbereitet werden. Alternativ kann man sich die Arzneimittel nach Hause schicken lassen. Dazu muss das Rezept allerdings erst im Original vorliegen. Zudem findet sich im Portal der Hinweis, dass rezeptpflichtige Produkte in Deutschland der Preisspannenverordnung unterliegen und keine Rabatte gewährt werden dürfen. Auch die gesetzliche Zuzahlung müsse in voller Höhe berechnet werden.

Stahn hatte seinen Ansatz gegenüber APOTHEKE ADHOC so erklärt: „Wir honorieren ausschließlich den Vorgang des Vorbestellens. Das ist unabhängig davon, ob es ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel oder ein OTC-Präparat ist.“ Er sei sich bewusst, dass Rx-Boni verboten seien. „Ich habe kein Interesse, dagegen zu verstoßen. Wir sagen jedem Kunden: ‚Es gibt keinen Gutschein auf Rezept.‘“ Auch die verkürzte symbolische Darstellung auf dem Flyer ist aus seiner Sicht nicht zu beanstanden, da kein Zusammenhang zwischen Rezepteinlösung und 1 €-Gutschein hergestellt werde.

Der BGH hat zuletzt noch einmal klargestellt, dass jede Form der Bonifizierung bei der Rezepteinlösung verboten ist. In einem verhandelten Fall ging es um Gutscheine im Wert von 50 Cent, im anderen um einen Brötchengutschein. Eine Bagatellgrenze existiert laut BGH nicht, ausgenommen sind lediglich kleine Aufmerksamkeiten, die als Ausdruck der Kundenfreundlichkeit verstanden werden – das viel zitierte Päckchen Taschentücher. Wertgutscheine zu gewähren oder auch nur zu bewerben, ist dagegen eindeutig unzulässig.

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