Hof-Apotheke Jever

Apothekerin rettet ihre PJ-Apotheke

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Berlin -

Es stand schlecht um die Hof-Apotheke in Jever. Nachdem Inhaberin Johanna Ummen unerwartet verstorben ist, führte ihr Sohn sie übergangsweise als Pächter weiter und suchte einen Nachfolger. Ein Jahr verstrich, doch niemand fand sich. Retterin in der Not war Apothekerin Silke Hellberg – sie hat die Apotheke übernommen, in der sie einst ihr Praktisches Jahr (PJ) absolvierte. Es ist nicht die erste Apotheke, die sie vor der Schließung bewahrt hat.

Eigentlich hatte sie gar nicht vor, eine weitere Apotheke zu kaufen. „Wenn ich eine weitere Filiale hätte eröffnen wollen, hätte ich das in einem Nachbarort gemacht, da gibt es auch Apotheken, die Nachfolger suchen“, sagt Hellberg, Inhaberin der Apotheke Dornum im Landkreis Aurich. 40 Kilometer sind es von dort bis nach Jever, wahrlich kein Katzensprung für eine Filiale. Doch es war Not am Mann. Bis ins hohe Alter hatte Inhaberin Johanna Ummen die Hof-Apotheke in Jever gemeinsam mit einem Approbierten und mehreren PTA betrieben. „Sie war schon über 80“, sagt Hellberg anerkennend. Mit ihrem Tod übernahm ihr Sohn die Apotheke als Pächter. Er ist selbst kein Apotheker und konnte das maximal ein Jahr lang tun. Die Uhr tickte. Bis November 2018 musste jemand gefunden werden. „Er hatte anfangs eigentlich große Hoffnungen, dass er einen Käufer findet“, sagt Hellberg.

Doch so einfach gestaltete es sich nicht. Der angestellte Apotheker wollte es nicht machen. „Er ist schon 60 und sagt, ein paar Jahre vor der Rente will er nicht mehr so viel Geld in die Hand nehmen.“ Was er dafür fest zugesagt hat: dass er weiter in der Hof-Apotheke arbeiten will. Für Hellberg war das die entscheidende Aussage. Der Sohn der verstorbenen Inhaberin war nämlich an sie herangetreten mit der Frage, ob sie die Apotheke nicht vor der Schließung bewahren könnte – und stellte sie vor eine schwere Entscheidung. „Ich habe drei Kinder und mein Mann ist auch selbstständig. Da überlegt man dann schon sehr viel“, sagt sie. „Aber es war eine Herzensentscheidung.“

Denn Hellberg hat sowohl zur Apotheke als auch zur Stadt besondere Beziehungen. „Ich habe damals in der Hof-Apotheke mein PJ gemacht und mich seitdem immer sehr gut mit Frau Ummen und dem Team verstanden“, erklärt sie. „Außerdem bin ich selbst Jeverin und meine Kinder sind sehr gern dort.“ Den endgültigen Ausschlag habe dann die Zusage des Teams gegeben, dass alle auch nach der Übernahme in der Apotheke bleiben wollen. „Es gibt in so einer Situation nichts schlimmeres, als wenn der Apotheker dann kündigt“, sagt sie und weiß wovon sie redet. Die Apotheke Dornum betreibt sie allein mit drei PTA, muss also für jede Fehlzeit eine Vertretung organisieren. Außerdem habe der Approbierte in Jever, Apotheker Christian Wackerfuss, nicht nur 18 Jahre lang die Apotheke gemeinsam mit der Inhaberin gemanagt, er hat sich in der Zeit auch zu einer lokalen Größe entwickelt.

„Auch für die Kunden ist es sehr wichtig, dass Herr Wackerfuss bleibt“, sagt Hellberg. „Er hat einen hervorragenden Stand in Jever und hat sich mit seiner Beratung einen sehr guten Namen gemacht.“ Nachdem er ihr zugesagt hat, bis zur Rente bleiben zu wollen, war der Weg also frei. Hellberg kaufte dem Sohn der verstorbenen Inhaberin das gesamte Haus ab. „Das ist meine Sicherheit“, meint sie dazu. Denn zu den wirtschaftlichen Perspektiven der Apotheke könne sie noch nicht so viel sagen. „Da hängt sehr viel Geld dran und das muss ja auch wieder erwirtschaftet werden.“

Und das ist mit einer Apotheke heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr, das weiß auch Hellberg nur zu gut. 2015 rettete sie die Insel-Apotheke auf Baltrum von Dr. Ulrich Räth, der sich in den Ruhestand verabschiedete und trotz monatelanger Suche keinen Nachfolger fand. Hellberg kaufte den Betrieb für einige Tausend Euro. „Es war ein eher symbolischer Preis. Für eine so arbeitsintensive und kaum rentable Apotheke bekommt man nicht viel“, so Räth damals. Auch Hellberg sagt heute noch, dass man von der Apotheke allein keinesfalls leben könnte.

Wie wichtig es ist, dass man die Saisonapotheke, die von November bis März geschlossen ist, rettet, hat sie erst im Februar gesehen. Da war Baltrum nämlich auf Grund von Unwettern eine Woche lang von der Außenwelt abgeschnitten. „Es gab heftige Ostwinde, deshalb war der Wasserstand so gering, dass keine Fähren rüberkamen“, erklärt sie. Durch glücklichen Zufall war jedoch ein Mitarbeiter der Apotheke damit beschäftigt, für die nächste Saison einzuräumen – die Arzneimittel müssen im November aus dem Lager und werden im Februar wieder aufgefüllt. „Es gab da ein, zwei Fälle in der Zeit, da wäre es ohne die Apotheke sehr brenzlig geworden, vor allem als es um Insulin ging“, sagt sie. „Da haben die Anwohner gemerkt, dass es fatal sein kann, sich auf das Internet zu verlassen.“

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