OTC-Hersteller

Sanofi: Team Boehringer muss sich beweisen

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Berlin -

Vom Rhein an den Main: Pünktlich zum Jahreswechsel haben Boehringer und Sanofi ihr Tauschgeschäft unter Dach und Fach gebracht. Der deutsche Konzern übernimmt die Veterinärsparte Merial, im Gegenzug haben die Franzosen das OTC-Geschäft mit Marken wie Mucosolvan, Thomapyrin und Dulcolax bekommen. Die wichtigsten Köpfe sind von Ingelheim nach Frankfurt/Höchst gewechselt – und müssen sich nur bewähren.

Das deutsche Team scheint weitgehend dasselbe geblieben zu sein: Patricia Alison Hartley leitet als Geschäftsführerin die Sparte. Vertriebsleiter ist Jean Bouvain. Dr. Thomas Went betreut als Marketingleiter die Bereiche Brand, Trade, Media, PR und Business Development. Die insgesamt rund 20 Führungskräfte haben dem Vernehmen Verträge mit einer Laufzeit von zwei Jahren bekommen; sie müssen sich nun bewähren und ihre neuen Vorgesetzten von ihren Qualitäten überzeugen.

Ebenfalls an Sanofi übergegangen ist die 1985 gegründete Thomae-Akademie, eines der führenden Fortbildungsprogramme von Pharmaherstellern in Deutschland. Allerdings ist das Team von Carl Ulrich Henneberg ebenfalls noch nicht an den neuen Standort umgezogen.

Weniger gut lief es für die rund 100 Mitarbeiter, die sich im Team von David Wright bei Boehringer um das OTC-Geschäft auf globaler Ebene gekümmert haben. Ihnen wurde erst im Dezember bei eine Konferenz eröffnet, dass sie mit wenigen Ausnahmen nicht übernommen werden würden.

Bei Sanofi wird das weltweite Consumer-Geschäft (CHC) jetzt an zwei zentralen Standorten betreut: Paris und Frankfurt. Welche Regionen jeweils welchem Hub zugeschlagen wurden, war bislang nicht zu erfahren. Die Gesamtverantwortung hat seit dem 1. Oktober der ehemalige Bayer-Manager Alan Main als neuer Vice President CHC.

Da das CHC-Geschäft von Sanofi in Deutschland bislang überschaubar war, hatte Sanofi von vornherein klar gemacht, dass das Boehringer-Team im Lead bleiben sollte. Die Mitarbeiter in Ingelheim machten einen guten Job; man habe nicht vor, dies zu stören, sagte Vincent Warnery, Senior Vice President Global Consumer Health Care Division bei Sanofi, beim Jahreskongress des europäischen OTC-Verbands AESGP Anfang Juni in Athen. Aus diesem Grund stand schon früh fest, dass die Verwaltung im Rhein/Main-Gebiet verbleiben und nicht nach Berlin umziehen würde.

Warnery sprach von einer „inversen Integration“: Übernahmen drohten zu scheitern, wenn man die Mitarbeiter und die kulturellen Besonderheiten nicht berücksichtige und schütze. Oft arbeiteten die Teams vor Ort schneller und effizienter, wen man ihnen keine Konzernregeln überstülpe. „Wir sind nicht besessen von globalen Marken.“

Ende 2015 hatten Sanofi und Boehringer den Deal verkündet und die Verhandlungen über die Details begonnen. Merial wurde mit 11,4 Milliarden Euro bewertet, Thomae mit 6,7 Milliarden Euro. Die Differenz von 4,7 Milliarden Euro zahlte Boehringer in bar – was wiederum die Kriegskasse von Sanofi für weitere Zukäufe füllte.

Für Boehringer kam der Deal dem Verkauf von Tafelsilber gleich: Die Versuchung, den Wachstumsbereich Tiergesundheit auszubauen, muss riesig gewesen sein, dass dafür die ebenso traditionsreiche wie ertragsstarke Selbstmedikation geopfert wurde. Der Konzern ist mit Merial zum zweitgrößten Anbieter für Tiergesundheit aufgestiegen, nach der von Pfizer abgespaltenen Firma Zoetis und vor Elanco (Lilly) und Intervet (Merck).

In der Geschäftsführung von Boehringer ist Dr. Joachim Hasenmaier für den Geschäftsbereich Animal Health zuständig. Wie es mit dem Merial-Standort in Hallbergmoos bei München weiter geht, soll in den kommenden Wochen und Monaten entschieden werden.

Sanofi ist mit einem Anteil von 4,3 Prozent die neue Nummer 3 im weltweiten OTC-Markt hinter Bayer und GlaxoSmithKline/Novartis und vor Johnson & Johnson, Pfizer und Reckitt Benckiser. In Europa, Asien und Lateinamerika konnte der Konzern mit dem Tausch seinen Umsatz deutlich ausbauen und in Deutschland und Japan weiße Flecken schließen.

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