Apothekenvertretungen

Chef-Vertretung statt Rente

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Berlin -

Eine gute Vertretung zu finden, ist nicht leicht. Diese Erfahrung hat auch der Apotheker Dr. Ralf Rausch gemacht: „Ich habe anderthalb Jahre lang vergeblich nach einem Kollegen gesucht, der mir eine Knie-OP ermöglicht.“ Er nahm die Sache schließlich selbst in die Hand und erarbeitete zusammen mit der Zeitarbeitsfirma FBI das Konzept „Senior Pharmacists“. Ältere und erfahrenere Apotheker sollen ihre Kollegen vertreten. Auch PTA sollen vermittelt werden.

Petra Flaum vermittelt in der FBI-Niederlassung in Witten schon seit vier Jahren Apotheker und PTA. Vorher war sie selbst 30 Jahre lang in Apotheken tätig. Bei FBI sind rund 700 Mitarbeiter tätig, vor allem Fachkräfte aus Büro und Industrie, etwa Schlosser, Elektriker und Schweißer. Nun will Flaum den pharmazeutischen Bereich bei FBI weiter ausbauen. Unterstützt wird sie von Rausch – dem bislang einzigen fest angestellten Apotheker bei FBI: „Ich bin selbst ein 'Senior Pharmacist' – ich bin 61 Jahre alt und als Filialleiter tätig“, sagt er über sich.

Bei FBI würden die Apotheker fest angestellt und übertariflich bezahlt, erklärt Flaum die Idee. Für die Pharmazeuten werde ein Arbeitszeitkonto eingerichtet, sodass sie auch in vertretungsfreien Zeiten bezahlt und durchweg sozialversichert seien. Anders als andere Anbieter verfüge FBI über eine Genehmigung zur Arbeitnehmerüberlassung, betont Flaum. Alles laufe legal und korrekt.

Zielgruppe für FBI sind Apotheker ab 50 Jahren. „Wichtiger ist aber die Erfahrung“, erklärt Flaum. Auch ein jüngerer Apotheker könnte eingestellt werden – dem Kunden würde das dann im Vorfeld der Vermittlung mitgeteilt werden. Insgesamt sollen bis zu 80 Apotheker und PTA bei der Zeitarbeitsfirma angestellt werden. Derzeit rekrutieren Rausch und Flaum Interessenten, danach soll das Angebot beworben werden.

Für Flaum und Rausch ist das Konzept eine Win-Win-Situation: „Ich kenne viele ältere Apotheker, die inzwischen mit ihren Enkeln unterwegs sind und denen das nicht reicht“, sagt Rausch. Tatsächlich informierten sich bei einem ersten Termin mehr als 30 Teilnehmer über die „Senior Pharmacists“. „Wir waren überrascht, wie viele Interessenten vorbei gekommen sind.“

Rausch und Flaum arbeiten sogar schon an einer Weiterentwicklung der „Senior Pharmacists“: Künftig soll es Wiedereinsteigern ermöglicht werden, sich in der Barbara-Apotheke in Bochum-Leithe, die Rauschs Frau Dorothea Merchel gehört, auf den neusten Stand zu bringen.

Doch auch für die Apothekenleiter sieht Rausch Vorteile: „Der Kunde kann sicher sein, einen erfahrenen Kollegen zu bekommen, der selbst lange selbstständig war und sich mit der Materie auskennt.“ Und selbst wenn die Vertretung ausfalle, stehe hinter den „Senior Pharmacists“ ein ganzes Netzwerk und es werde für Ersatz gesorgt.

Obwohl es bereits Personalvermittlungen gibt, die sich auf Apothekenvertretungen spezialisiert haben, sehen Rausch und Flaum Bedarf. Allein im Kammerbezirk Westfalen-Lippe suchten fast 200 Apotheker eine Urlaubsvertretung, sagt Flaum. Rausch sieht die Apothekenvertretung durch ältere Kollegen als Chance für Landapotheken: „Junge Leute wollen lieber nach Düsseldorf und nicht unbedingt nach Lüdenscheid. Aber auch Apotheker auf dem Land sollten mal in den Urlaub fahren können.“

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