Grippeimpfstoffe

Kasse spielt auf Zeit

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Berlin -

Der Countdown für die Sonderangebote für Grippeimpfstoffe in Baden-Württemberg läuft. Den Apothekern bleiben nur noch wenige Tage, den vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) als Kassenleistung beschlossenen quadrivalenten Impfstoff zu bestellen. An sich keine große Sache, wenn nicht der Rabattvertrag für die trivalenten Vakzine wäre.

Exklusive Rabattverträge für Grippeimpfstoffe gehören zwar mit Inkrafttreten des Arzneimittelversorgungsstärkungsgesetzes (AM-VSG) der Vergangenheit an, aber die Spätfolgen sind noch spürbar. Denn Rabattverträge, die vor Mai 2017 geschlossen wurden haben Bestandsschutz. Für Baden-Württemberg erstreckt sich dieser noch über die Saison 2018/19. Die Rabattpartner sind die trivalenten Impfstoffe Influvac und Xanaflu.

Der G-BA hat jedoch die Kassenleistung für quadrivalente Impfstoffe beschlossen. In der kommenden Grippesaison sollen vier Stämme geimpft werden. In Baden-Württemberg herrscht Unsicherheit, welcher Impfstoff bestellt werden soll und darf. „Wenn ich jetzt auf das falsche Pferd setze, sind die Ärzte sauer“, sagt ein Apotheker aus dem Schwarzwald. Seit etwa 15 Jahren bestellt er bis zu 6000 Impfdosen. Ärzte sollen wirtschaftlich verordnen und werden bei nicht-rabattierter Verordnung in Regress genommen. Apotheken haften jedoch nicht, unabhängig ob das „A“ bei unwirtschaftlicher Verordnung auf das Rezept aufgebracht wurde. Doch abgerechnet wird am Schluss, denn am Ende muss der Arzt auch den vorbestellten Impfstoff verordnen, sonst bleibt der Apotheker auf den Vakzinen sitzen, denn Impfstoff-Retouren sind ausgeschlossen.

Hersteller fragen derzeit den Bedarf ab und nehmen Vorbestellungen an. Aber auch Großhändler locken mit Angeboten. Apotheker aus Baden-Württemberg bestellen „rechtsverbindlich“ die Vakzine vor. Während beim Großhändler Actimed die Bestellfrist für die tetravalenten Impfstoffe Influvac (Mylan), Influsplit (GSK) und Vaxigripp (Sanofi) am 15. Mai abgelaufen ist, kann bei Phoenix noch bestellt werden.

Deadline für Influvac Tetra ist der 25. Mai. Die Auslieferung soll ab August starten, beziehungsweise nach Chargenfreigabe durch das Paul-Ehrlich-Institut (PEI). Sanofi gibt den Apothekern mehr Zeit. Die Vakzine können in Zusammenarbeit mit Phoenix bis zum 31. Mai verbindlich vorbestellt werden. Wer jetzt nicht bestellt, geht womöglich am Ende leer aus, denn die Impfstoffproduktion nimmt mehrere Monate in Anspruch.

Der Apotheker aus dem Schwarzwald hat bei der AOK nachgefragt; eine Empfehlung hat er dennoch „aufgrund der derzeitigen Rechtslage“ nicht erhalten. Zwar habe der G-BA entschieden, doch das Zünglein an der Waage sei das Bundesgesundheitsministerium (BMG). „Dieser Beschluss muss, um rechtskräftig zu werden, vom BMG bis zum 5. Juni 2018 genehmigt werden“, schreibt die Kasse. Das Inkrafttreten findet jedoch erst nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger statt. Die Kassen spielen auf Zeit.

„Wenn das BMG nicht interveniert, werden in der kommenden Saison ausschließlich quadrivalente Influenzaimpfstoffe zum Einsatz kommen dürfen. Für keinen dieser Impfstoffe besteht in Baden-Württemberg ein Rabattvertrag. Gleichwohl sind die impfenden Ärzte auch bei der Auswahl der einzusetzenden Impfstoffe dem Wirtschaftlichkeitsgebot verpflichtet“, heißt es weiter.

Das Thema brenne der Kasse jedoch unter den Nägeln, so hoffe man, dass das BMG den Zeitrahmen nicht ausschöpfe. „Es ist auch für die Krankenkassen wenig erfreulich, dass sich die Bestätigung des GBA-Beschlusses und damit des Leistungsanspruches so lange hinzieht.“

Die Vorbestellung bleibt also aus Sicht der Kasse ein Risiko. Auch wenn die Preise und Konditionen bei den Apothekern bekannt sind, tappen die Kassen im Dunkeln. „Die Preise für quadrivalente Impfstoffe für die Influenzasaison 2018/19 halten die Hersteller wie jedes Jahr zu dieser Zeit geheim“, so ein Sprecher der AOK Baden-Württemberg. „Dass die Anbieter quadrivalenter Impfstoffe den Apotheken die Vorbestellung mit günstigen, befristeten Einkaufskonditionen schmackhaft machen, zugleich ihre Listenpreise zurückhalten, macht die Vorbestellung zum Risiko.“

Auch der Landesapothekerverband Baden-Württemberg (LAV) hofft auf eine schnelle Entscheidung des BMG. Wünschenswert wäre eine Anpassung der Bestellfristen seitens der Hersteller bis zum Inkrafttreten der BMG-Entscheidung. Apotheker sollten sich mit den Ärzten besprechen und entsprechende Vereinbarungen treffen.

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