Gelenkerkrankungen

Müsli wirkt entzündungshemmend

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Berlin -

Ballaststoffe regen nicht nur die Verdauung an, sondern können auch die Knochen stärken und den Krankheitsverlauf von chronisch-entzündlichen Gelenkerkrankungen positiv beeinflussen. Das berichten Forscher der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), die die Effekte nicht direkt den Darmbakterien, sondern ihren Metaboliten zuschreiben. Die Studienergebnisse sind im Fachjournal „Nature Communications“ nachzulesen.

Ein erwachsener Mensch besitzt etwa zwei Kilogramm an gutartigen und förderlichen Darmbakterien, die an Gärprozessen bei der Verwertung der Nahrungsmittelbestandteile beteiligt sind. Im Laufe der Verdauung zerlegen diese die zugeführten Ballaststoffe unter anderem in kurzkettige Fettsäuren (short-chain fatty acids, SCFA), die für den Körper wichtig sind. Bislang ist bekannt, dass diese mikrobielle Stoffwechselprodukte Immunantworten des Wirts modulieren und lokale sowie systemische Immunfunktionen beeinflussen.

Die Arbeitsgruppe um Dr. Mario Zaiss von der Medizinischen Klinik 3 – Rheumatologie und Immunologie am Universitätsklinikum Erlangen konnte zeigen, dass eine gesunde, ballaststoffreiche Ernährung die Darmflora so verändert, dass mehr kurzkettige Fettsäuren, vor allem Propionat, gebildet werden. Sie konnten eine erhöhte Konzentration der kurzkettigen Fettsäure unter anderem im Knochenmark nachweisen, wo das Propionat bewirkte, dass sich die Zahl der knochenabbauenden Zellen verringerte, und damit auch den Knochenabbau deutlich verlangsamte. Propionsäure und entsprechende Natrium-, Calcium- oder Kaliumsalze werden in der Lebensmittelindustrie als Konservierungsmittel eingesetzt.

Propionat und Butyrat sind unter anderem in der Gelenkflüssigkeit zu finden. Experten nehmen an, dass sie einen wichtigen Einfluss auf die Funktionstüchtigkeit der Gelenke haben. In ihrer Studie zeigten die Wissenschaftler, dass diese Fettsäuren Regulatoren des Osteoklastenstoffwechsels und der Knochenmasse sind. Sie haben herausgefunden, dass die Behandlung von Mäusen mit SCFA sowie die Ernährung mit einer ballaststoffreichen Ernährung die Knochenmasse erheblich erhöht und postmenopausalem sowie entzündungsbedingtem Knochenschwund vorbeugte. Die schützende Wirkung auf die Knochenmasse ist mit der Hemmung der Osteoklastendifferenzierung und der Knochenresorption in vitro und in vivo verbunden, während die Knochenbildung nicht beeinträchtigt wurde.

Die Forscher gingen auch der Frage nach, wie die dazugehörigen Stoffwechselprozesse aussehen: Mechanistisch induzieren Propionat (C3) und Butyrat (C4) die metabolische Reprogrammierung von Osteoklasten, deren hauptsächliche Aufgabe es ist, Knochengewebe zu resorbieren. In der Folge führt dies zu einer erhöhten Glykolyse auf Kosten der oxidativen Phosphorylierung, wodurch essentielle Osteoklastengene wie TRAF6 und NFATc1 herunterreguliert werden. SCFA bewerten die Wissenschaftler daher als „potente Regulatoren des Osteoklastenmetabolismus und der Knochenhomöostase“.

„Wir konnten zeigen, dass eine bakterienfreundliche Ernährung entzündungshemmend ist und zugleich einen positiven Effekt auf die Knochenfestigkeit hat“, sagt Studienleiter Zaiss. „Unsere Erkenntnisse bieten einen vielversprechenden Ansatz für die Entwicklung innovativer Therapien bei entzündlichen Gelenkerkrankungen sowie für die Behandlung von Osteoporose, die häufig bei Frauen nach der Menopause auftritt. Wir können heute noch keine konkrete Empfehlung für eine bakterienfreundliche Ernährung geben, aber ein morgendliches Müsli und ausreichend Obst und Gemüse täglich helfen, einen artenreichen Bakterienmix aufrechtzuerhalten.“

Unklar ist noch, wie die Verständigung zwischen Darmbakterien und Immunsystem abläuft und wie die Bakterien gegebenenfalls positiv beeinflusst werden könnten. Neben der entzündungshemmenden Wirkung haben Darmbakterien auch weitere Funktionen: Sie bekämpfen die Krankheitserreger, die in den Gastrointestinaltrakt gelangen. In bestimmten Fällen können sie auch pathogen sein. Eine intakte Intestinalflora schützt die Darmwand und verhindert, dass sie für Krankheitserreger durchlässig wird. Eine gestörte Darmbarriere bildet die Grundlage für die Entstehung zahlreicher chronischer Krankheiten.

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